15. Sonntag nach Trinitatis / 23. Sonntag im Jahreskreis (04.09.16)

15. Sonntag nach Trinitatis / 23. Sonntag im Jahreskreis


ev. Predigttext kath. 1. Lesung kath. 2. Lesung kath. Evangelium
1 Petr 5, 5c-11 Weish 9, 13-19 Phlm 9b-10.12-17 Lk 14, 25-33

Predigtmeditation zu 1. Petrus 5, 5c-11

Ausgehend von der Sorglosigkeit, mit der der Mensch im Garten Eden (Genesis 2,4ff) leben kann, beschäftigen sich die Texte des Sonntags mit der Sorge und der aus dem Glauben resultierenden Sorglosigkeit.

Der Urtext für das Thema ‚Nachhaltigkeit' ist für mich der letzte Vers der alttestamentlichen Lesung für den 15. Sonntag nach Trinitatis. „Und Gott der Herr nahm den Menschen und setzte ihn in den Garten Eden, dass er ihn bebaute und bewahrte."(Genesis 2,15) Ähnlich dem bekannten Satz Jesu aus der Bergpredigt „Sorgt nicht um euer Leben." empfiehlt der Predigttext in 1. Petrus 5,7: All eure Sorge werft auf ihn; denn er sorgt für euch. Dieser Vers ist zugleich der Wochenspruch für den 15. Sonntag nach Trinitatis.

Garant für ein nachhaltiges Leben „von Ewigkeit zu Ewigkeit" (V.11) ist in den biblischen Texten Gott, der Schöpfer, selbst. Wenn in Vers 8 vom Widersacher und dem Teufel die Rede ist, und in Vers 10 von den Leiden gesprochen wird, dann deutet dies auf eine Verfolgungssituation bei den Adressaten des Petrusbriefes hin. Ich würde jedoch die Ohnmachtsgefühle der Gemeinde gegenüber dem dämonisch wirkenden Feinden nicht mit den Leiden der Schöpfung unter den komplexen Verhältnissen unserer die Umwelt schädigenden Gesellschaft analog setzen. Die Gemeinde des Petrusbriefes wird auf die ewige Herrlichkeit in Christus hingewiesen (V.10) und die Zeit der Leiden soll eine kurze Zeit sein.
Die Zeitschiene der Ewigkeit Gottes kennt im 1. Petrusbrief also eine kurze Zeit des Leidens, aber dann auch die Zeit der Erhöhung. Inwieweit das zu unserer Vorstellungen von Gegenwart, Nachhaltigkeit und bedrohter Zukunft passt, könnte die Predigt miteinander ins Gespräch bringen.

Mit gefällt noch das dritte Tagesgebet aus dem evangelischen Gottesdienstbuch: „Wir bitten um die Sorglosigkeit, die dir vertraut. Denn du bist unser Helfer alle Zeit."

Predigtmediation zu Weisheit 9, 13-19

Die erste Lesung im Lesejahr C der katholischen Kirche steht im Buch der Weisheit. Das Buch stammt aus der jüdischen Diaspora in Ägypten, wahrscheinlich aus Alexandria, dem berühmten Zentrum hellenistischer Wissenschaft. Die Verfolgung gesetzestreuer Juden durch abgefallene Juden (Kap 2) weist in die Zeit zwischen 80 und 30 v.Chr.

Im Text wird der göttliche Ratschluss (Lutherübersetzung) oder Gottes Plan (Einheitsübersetzung) für das menschliche Erkennen als unergründlich gegenübergestellt. Menschliche Gedanken sind dem gegenüber hinfällig. „Wir erfassen kaum, was auf Erden ist und wir erraten kaum, was auf der Erde vorgeht" V.16 – so beschreibt das Buch der Weisheit das menschliche Erkennen, Planen und Denken.

Sind es nicht andere menschliche Pläne, denen wir mehr und mehr folgen: Das Glücksversprechen der Moderne, das uns zwingt, immer besser und schneller zu werden, das uns zu Wachstum verpflichtet und uns so zu einer Politik der Alternativlosigkeit verdammt? „Eine moderne Gesellschaft ist dadurch gekennzeichnet, dass sie sich nur durch Steigerung erhalten kann, sie kann ihre Struktur nur reproduzieren, den status quo nur erhalten, wenn sie wächst, beschleunigt und innoviert." (Hartmut Rosa, in seinem Vortrag ‚Gutes Leben. Kluges Leben' beim Deutschen Evangelischen Kirchentag in Stuttgart 2015) Beschreibt nicht hier Rosa den eigentlichen Masterplan, dem wir alle mehr oder weniger freiwillig zu folgen haben?

Das Weisheitsbuch hält es für möglich, dass Gott uns mit seinem Heiligen Geist aus der Höhe lehrt, wie wir den rechten Weg nach Gottes Willen gehen können (V.17) und wir nicht zur Alternativlosigkeit des menschlichen Denkens und Erkennens verdammt sind. Die durch den Heiligen Geist vermittelte Weisheit führt zur Rettung (V19)!

Predigtmeditation Philemon 9b-10.12-17

Der Philemonbrief ist der einzige Brief, den Paulus an eine Einzelperson richtet. Paulus, der sich selbst in Gefangenschaft befindet (V.9 und 13) wendet sich in seinem Brief an Philemon. Paulus nennt Philemon einen lieben Mitarbeiter (V.1) und aus den ersten Versen des Briefes geht hervor, dass sich im Haus des Philemon die Gemeinde der Christen trifft. Philemon ist ferner der Besitzer eines Sklaven mit dem Namen Onesimus. Im Brief wendet sich Paulus an Philemon und bitte ihn darum, dass er Onesimus, der sich bei Abfassung des Briefes bei Paulus aufhält, diesen, wenn er zu Philemon zurückkehrt, diesen gerecht und gnädig zu behandeln.

Wie könnte der Predigttext in Bezug zum Themenfeld Nachhaltigkeit gesetzt werden?

Paulus setzt sich in seinem Brief für gerechte Lebensverhältnisse seines Nächsten ein. Im weltweiten ökumenischen Kontext gelten Gerechtigkeit, Frieden und die Bewahrung der Schöpfung als zentrale Bausteine einer nachhaltigen Entwicklung. Eine Leitfrage der Predigt könnte sein: Wie kann sich die christliche Gemeinde und der einzelne Christ für gerechte Lebensverhältnisse und würdige Lebensumstände des Nächsten in Nah und Fern einsetzen? Das Engagement des Paulus in Form seines Bitt-Briefes stünde als vorbildliches Verhalten eines Christenmenschen, dem es nicht allein um die Optimierung der eigenen Lebensverhältnisse geht, sondern der sich aktiv für das Wohl des Nächsten einzusetzt.

Predigtmeditation zu Lukas 14, 25-33

Der dritte Text der Lesereihe C wird bei den Gottesdiensthörern Widerstände hervorrufen. Es wird wenige in der versammelten Gottesdienstgemeinde geben, die nicht mit Unmut hören, dass man Jesus nicht nachfolgen kann, ohne sich von seiner Familie zu distanzieren – sie sogar zu hassen – (V.26). Im Sommer 2015 wird in der Presse und im Fernsehen von Familien berichtet, deren Söhne und Töchter ihrer Familie in Deutschland den Rücken kehren, um dem Islamischen Staat als Kämpfer oder Soldatenbräute zur Verfügung stehen. Dass Religion solche radikalen Brüche in die Lebensläufe von Menschen einträgt, erschüttert.

Vielleicht kann man an diesem Text auch denen, die bei anderen Themen die wortwörtliche Befolgung der heiligen Schrift einklagen, deutlich machen, dass wir längst manchem biblischen Text seine radikale wörtliche Spitze nehmen und auch nehmen müssen.

Welche Verbindungen zum Thema ‚Nachhaltigkeit' könnte der Prediger ziehen?

Im Sinne der Worte Jesu wird er deutlich machen müssen, dass Nachfolge etwas anderes ist als ein Mitläufertum; ‚es ging (lief) aber eine große Menge mit ihm' (V 25a). Dass die tätige Bewahrung der Schöpfung zur Nachfolge Jesu gehört, steht für mich nicht in Frage. Welche Lippenbekenntnisse in Bezug auf Nachhaltigkeit geben wir? Lippenbekenntnisse, die uns nur Mitläufer sein lassen? Wo sind wir bereit über die Lippenbekenntnisse hinaus nachzufolgen, liebgewonnene Gewohnheiten aufzugeben, die Komfortzone zu verlassen und vielleicht auf den nächsten Flug zu verzichten. Aber sicher wird die Predigerin darauf zu achten haben, nicht nur eine gesetzliche Moralin-Predigt zu halten. Eine Predigt sollte mehr zu sagen haben als das Greenpeace-Magazin, auch wenn es inhaltliche Übereinstimmungen gibt.

Die beiden Beispiele die Jesus nennt, oder die Lukas einfügt, vom Turmbau 28-30, und vom König, der in den Krieg ziehen will, 31-32, verfolgen eine nachhaltige Fragestellung. Sie fragen, wo werden wir landen und was müssen wir und können wir jetzt schon tun und bedenken, damit wir das Ziel erreichen. Ein nur auf das Hier und jetzt bezogenes Leben verbietet sich in diesen Beispielen, wenn sie nach den Folgen des gegenwärtigen Tuns für die Zukunft fragen. Wenngleich ich dem König, selbst wenn er militärisch in der Übermacht wäre, trotzdem empfehle, seine Gesandtschaft auszuschicken und Frieden zu schließen (V.32).

Dietrich Spandick, Düsseldorf