Christi Himmelfahrt (05.05.16)

Christi Himmelfahrt


ev. Predigttext kath. 1. Lesung kath. 2. Lesung kath. Evangelium
Apg 1, 3-4 (5-7) 8-11 Apg 1, 1-11 Eph 1, 17-23 Lk 24, 46-53

Zu Apg 1,3 - 11

Himmelfahrt ist ein Festtag, der wenig im Bewusstsein der Menschen ist. Er ist bei uns ein staatlicher Feiertag und ein beliebter Tage fĂŒr AusflĂŒge, immer noch und immer wieder besonders von MĂ€nnern in Rudeln. Im theologischen Denken spielt Himmelfahrt keine den Festen Weihnachten, Ostern oder Pfingsten vergleichbare Rolle. Der theologische Gehalt von Himmelfahrt ist zunĂ€chst auch nur der des Überganges von der Zeit des Wirkens Jesu auf Erden zur Zeit der Kirche und damit des Wirkens Jesu durch den Heiligen Geist. Der bis zu seinem Tod begrenzte Wirkungskreis Jesu bekommt nach seiner Auferstehung eine universale Dimension. Das will Himmelfahrt sagen: Die Botschaft Jesu von der Liebe Gottes und seine Liebesethik bekommen universelle GĂŒltigkeit. Anspruch und Verheißung von Frieden und Gerechtigkeit bekommen universelle GĂŒltigkeit. Himmelfahrt ist somit in gewisser Weise ein Fest der Ökumene, des Weltkreises wie der weltweiten Christenheit.

FĂŒr die Frage der Nachhaltigkeit ist dies ein wichtiger Aspekt. Globales Denken ist nicht erst eine Erfindung des 20. Jahrhunderts. Das Christentum beanspruchte fĂŒr seine Frohe Botschaft und seine ethischen AnsprĂŒche von Anfang an weltweite GĂŒltigkeit. Der Horizont hat sich im Laufe der Jahrhunderte erweitert, die bekannte Welt wuchs sozusagen. Damit wuchs auch die Zahl derer, die uns zu NĂ€chsten werden können und denen wir zu NĂ€chsten werden können. Wenn SĂŒdseeinseln im Meer versinken, weil die Durchschnittstemperatur der AtmosphĂ€re auch durch unserer Verbrauch fossiler Energien steigt, dann sind die Bewohner dieser Inseln unsere NĂ€chsten.

Globales Denken ist in unseren Kirchengemeinden noch nicht angekommen. Es ist auch schwer und scheint in uns Menschen nicht von vorneherein angelegt zu sein. Betroffenheit löst das aus, was wir erleben, was wir sehen, schon in geringerem Maß das, was wir hören. Was weit weg ist berĂŒhrt uns weniger als das in spĂŒrbarer NĂ€he. Die Medien bringen uns das Ferne nahe – eine wichtige Aufgabe in unserer Zeit.

Vielleicht kann es uns gelingen, auch in der Predigt das Ferne in die NĂ€he zu rĂŒcken. Am besten gelingt dies mit ErzĂ€hlungen aus der Ökumene. Dabei kann zugleich die Verbundenheit im Glauben mit den Menschen in der Ferne wie auch die Verbundenheit im gemeinsamen Schicksal der gemeinsam bewohnten Welt in den Blick genommen werden.

Zu Eph 1, 17 – 23

In Ihrem zweiten Teil ab Vers 20 deckt sich diese Perikope in ihrer Aussage sehr stark mit Apg 1, 1 – 11. Die Ausdehnung der Herrschaft Jesu Christi ĂŒber die ganze Welt, ja auf das ganze Universum durch das Wirken Gottes als Geistkraft wird in doxologischer Terminologie beschrieben. Somit gilt das bereits oben Gesagte: Dieser Text auf Himmelfahrt ausgelegt macht den universellen, oder mit einem anderen Begriff, den globalen Anspruch der Ethik Jesu deutlich. Er eröffnet dem oder der Predigenden die Möglichkeit, den Blick der Gemeinde ĂŒber den eigenen, unmittelbar wahrgenommen Nahbereich hinaus zu erweitern auf die Welt als ganze und den globalen ZusammenhĂ€ngen und Auswirkungen unseres Handelns. Die Botschaft Jesu von Gottes bedingungsloser Liebe gilt allen Geschöpfen ebenso wie der Anspruch der NĂ€chstenliebe.

In seinem ersten Teil macht diese Perikope deutlich, dass ein solches fĂŒrsorgliches Handeln wie auch die vorausgehende Erkenntnis seiner Notwendigkeit nicht selbstverstĂ€ndlich oder bereits im Menschen angelegt ist, sondern eine Wirkung des göttlichen Geistes, eine Wirkung Gottes selbst ist. Damit steht am Beginn allen BemĂŒhens um nachhaltiges Denken und Handeln die Bitte, das Gebet um diesen Geist, der die Herzen der Menschen verwandelt. Es ist diese Verwandlung der menschlichen Herzen, des menschlichen Denkens und in Folge davon des menschlichen Handelns, mit dem Gottdiese Welt gestaltet – oder mit dem traditionellen Begriff – mit dem Gott die Welt regiert. Ohne Macht und Gewalt allein durch die Verwandlung der menschlichen Herzen verĂ€ndert Gott die Welt. Zu diesem verĂ€nderten menschlichen Verhalten gehört auch die Etablierung neuer Strukturen, gerechterer Strukturen des Welthandels zum Beispiel oder gerechterer Machtstrukturen.

Zu Lk 24, 46 – 53

In dieser Perikope scheint wie in Apg 1 die Himmelfahrt Jesu und damit die Thematik des heutigen Festtages im Mittelpunkt zu stehen. Wenn in der Predigt dies in den Blick genommen werden soll, gilt das oben Gesagte. Der spezielle Akzent liegt jedoch wohl eher auf den ersten Versen und damit auf der Aussendung der JĂŒngerinnen und JĂŒnger. Deutlich wird hier der globale Anspruch Jesu. Die JĂŒngerinnen und JĂŒnger sind an alle Völker gewiesen, und allen Völkern gilt der Ruf zur Umkehr. Anfangen sollen die JĂŒngerinnen dort, wo sie sind. In diesem Sinne gilt der Ruf zur Umkehr zunĂ€chst einmal den Rufenden selbst und dann den Menschen in ihrer unmittelbaren Umgebung – auch wenn der Anspruch Jesu ein globaler ist. Umkehr meint zunĂ€chst die Umkehr zu Gott, aber damit zugleich auch eine VerĂ€nderung des eigenen Denkens und Handelns. Damit kann dieser Ruf zur Umkehr auch als ein Ruf zur Umkehr zu einem nachhaltigen Leben gedeutet werden. Das ist sicher eine Verengung des Umkehrrufes, aber eine zulĂ€ssige, wenn sich der oder die Predigende dessen bewusst ist. Im Übrigen gilt das zu den beiden anderen Perikopen Gesagte.

Michael GĂ€rtner