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Apg 8,26-39 | Ez 1, 28b - 2, 5 | 2 Kor 12, 7-10 | Mk 6, 1b-6 |
An diesem Sonntag wird auch der Tag des islamischen Neujahrs 1446 n.H. gefeiert.
Ev. Leseordnung: Apg 8,26-39
Dieser Perikope geht die erfolgreiche Verkündigung des Evangeliums in Samaria voraus. Philippus scheint der richtige Mann zu sein, und es gelingt ihm, die Menschen, die Gott im Heiligtum von Schilo, dem Ort, wo die Bundeslade zuerst aufbewahrt worden war, verehren, für Jesus, den Messias, zu begeistern.
Die Faszination des Evangeliums scheint je weiter von Jerusalem entfernt, desto größer zu sein, was sich in der Begegnung mit dem Äthiopier, dem Schatzmeister der Königin Kandake bewahrheitet.
Impulse:
- Die Stelle im Jesajabuch (Jes 53,7-8) über die Philippus und der Äthiopier ins Gespräch kommen, gehört zum Zion-Jerusalem-Teil des Prophetenbuches. Hier wird Bezug zum Gottesknecht genommen, der seine Sendung reflektiert, u.a. neben dem Schaf zum Schlachten, auch Licht der Völker zu sein. Das gedemütigte Jerusalem, die Frau Zion (Jes 54,11-17) zählt zu den Knechten Gottes. Nach der Beziehungserklärung zwischen GOTT und Zion/Jerusalem (Jes 49-54) folgt die Einladung an alle Dürstenden, sich am Wasser der Gottesstadt zu laben und an der Bundesgemeinschaft teilzuhaben.
- Jes 30 – 35: Der Äthiopier liest laut aus dem Prophetenbuch Jesaja, das er wohl in Form einer Buchrolle in Händen hielt. Das sich daran anschließende Gespräch mit Philippus über die gelesenen Verse führt zu einem inneren Aha-Moment, einem plötzlichen Bekehrungserlebnis bei dem Kämmerer. Diese lebensverändernde Wirkung eines Textes erinnert an die Wirkweise der Bibliotherapie, in der gezielt literarische Texte, das “gestaltete Wort”, eingesetzt werden, um Heilungsprozesse bei seelisch bedingten Leiden zu unterstützen. Aus England kommt die Methode des “shared reading”, die mittlerweile auch in Deutschland angeboten wird. Menschen treffen sich und lesen Kurzgeschichten, Gedichte, Romane – gemeinsam und laut. Wort für Wort erschließt sich die Gruppe einen Text, plus der sinnlichen Erfahrung der vorlesenden Stimme. Nach dem Lesen tauschen sich die Teilnehmenden aus über Gefühle und Assoziationen. “Nimm das Buch als Spiegel, als Schild oder als Tür”, sagt Jane Davis, die Gründerin von shared reading. In der Kombination von lautem Lesen und Gespräch erwächst seelische Widerstandskraft, die beim Gesundwerden hilft.
- Shared Reading (shared-reading.org)
- 37-38: Die Taufe im Wasser – Auf der Straße nach Süden Richtung Gaza durchqueren die beiden trockenes Land, Wüstengebiet, und so ist der Hinweis auf Wasser keine Selbstverständlichkeit. Vermutlich handelt es sich um eine Oase. Wasser als lebensspendende Kraft auf der einen Seite und auf der anderen Seite als lebensbedrohliche Flutwelle, die alles Leben vernichten kann. Siehe die Extremregenfälle in Libyen (Sept.2023 durch Sturm Daniel), in Indien (Okt.2023, Sturzflut) oder die unerwarteten sintflutartigen Regenfälle in der Wüste Nevadas zum Zeitpunkt des Festivals “burning man” (Aug.2023). Diese Phänomene sind menschengemacht und gehören zu den Begleiterscheinungen des Klimawandels, der uns Menschen zu radikalem Umdenken zwingt.
- Ein Gedankenexperiment: Die Rolle des Schatzmeisters zählt zu den wichtigsten Posten am Hof der Königin Kandake. Somit kommt der Bekehrung dieser Persönlichkeit zum Glauben an Jesus Christus eine tragende Bedeutung für die Verbreitung des Evangeliums zu. Als Schatzmeister hat er einen großen Wirkungsradius. Angenommen eine solche Bekehrung würde sich im Jahr 2024 ereignen und der deutsche Finanzminister Christian Lindner würde erfüllt vom Heiligen Geist einen neuen Maßstab für die Verteilung der Gelder ansetzen. Dann gälte als Bemessungsgrundlage die Bedürftigkeit von Kindern, die unter der Armutsgrenze leben. Dann wäre die Einführung der Vermögenssteuer eine Selbstverständlichkeit angesichts der Schere, die zwischen Reich und Arm immer weiter auseinander geht.
Kath. Leseordnung:
1.Lesung: Ez 1, 28b - 2, 5
Impulse:
- Symbol Regenbogen: Die Herrlichkeit Gottes zeigt sich im Symbol des Regenbogens, ein faszinierendes Himmelsphänomen, das die Menschen seit Urzeiten in ihren alten Geschichten und Mythen als Erscheinung des Heiligen und Göttlichen beschreiben. Viermal findet sich das Bild des Regenbogens in den biblischen Texten. Zum ersten Mal in der Sintflutgeschichte (Genesis 9, 1-15), in der der Regenbogen zum Zeichen des Bundes wird zwischen Gott und allen Menschen. Gott wird in diesem Symbol als Befreier sichtbar, der seinen Bogen in den Himmel setzt, seine Waffen streckt und ihn nicht mehr als Kriegswerkzeug einsetzen wird. Ein zweites Mal wird im Buch Jesus Sirach der Regenbogen beschrieben als Symbol für die Schönheit der Schöpfung, vgl. Sirach 43,11f. In Ezechiel 1, 28 taucht der Regenbogen zum dritten Mal auf als wunderbare Erscheinung Gottes, als Symbol für Gottes Schönheit, die für jeden Menschen auf seine eigene Weise erfahrbar ist. Im Neuen Testament wird der Regenbogen im Buch der Offenbarung des Johannes, im letzten Buch der Bibel, in einer Vision beschrieben. In Offb 10,1f steigt ein Engel mit einem Buch vom Himmel herab, er ist in eine Wolke gehüllt und über seinem Kopf wölbt sich ein Regenbogen. In diesem Bild wird Bezug zu Ezechiel genommen. Es zeigt sich ein schillerndes Farbenspiel, das Himmel und Erde verbindet.
- In alten Bildern wird der Regenbogen mit drei symbolischen Farben gemalt, die einmal die Dreifaltigkeit symbolisieren, und in anderen Deutungen das Blau als Zeichen der Sintflut, Rot als Zeichen des Feuers am Ende der Zeiten und Grün als Zeichen der Hoffnung auf die neue Erde in Gemeinschaft mit Gott beschreiben.
- Zahlreiche Organisationen haben den Regenbogen gewählt als Zeichen für ihre Botschaft, z.B.
- Greenpeace – der Regenbogen steht für die Vision einer grünen und friedlichen Erde. Nicht nur die Kampagnenschiffe Rainbow Warrior I – III schmücken Regenbogen in 6 Farben, auch bei allen anderen Aktionen leuchten diese Farben des Regenbogens auf als Symbol für den Schutz der Umwelt und der Erde vor Verschmutzung durch den Menschen sowie als Zeichen für ein friedliches Zusammenleben ohne Homophobie und Diskriminierung.
- Für die LGBTQI-Bewegung ist der Regenbogen (Pride Flag) ein Symbol für Vielfalt, Hoffnung und Stolz. Er symbolisiert die Vielfalt der Geschlechter und sexuellen Orientierungen sowie die Vielfalt der Menschen, die diese Community ausmachen. Viele Unternehmen und Organisationen verwenden den Regenbogen in ihren Logos, um in Werbekampagnen ihre Solidarität zu bekunden. Der homosexuelle Menschenrechtsaktivist Gilbert Baker entwarf 1978 die Flagge mit ursprünglich acht Farben, die ihren ersten großen Auftritt bei einer Demonstration für die Rechte der Homosexuellen am 25.Juni 1978 in San Francisco hatte. Die Farben stehen dabei für unterschiedliche Aspekte des Lebens: Rot für das Leben, Orange für Heilung, Gelb für die Sonne, Grün für die Natur, Dunkelblau für Klarheit und Lila für die Seele. Die zusätzlichen Farben Pink, das für Sex steht, und Blau, das für den Frieden steht, finden sich in manchen Pride-Flag-Variationen.
- Für die Friedensbewegung wird der Regenbogen seit 1961 verwendet, als dieses Symbol in Italien zum ersten Mal als Anti-Kriegsflagge mit dem Schriftzug Pace/Frieden eingesetzt wurde. Bei der Farbanordnung ist Violett vor Rot gesetzt.
- Verse 1-2: Die Aufforderung, sich auf die eigenen Füße zu stellen, ist ein Aufruf zur Selbstständigkeit im wahrsten Sinne des Wortes. Gott lädt ein zum ebenbürtigen Gespräch auf Augenhöhe, nicht in unterwürfiger Haltung auf Knien oder am Boden liegend. Dies impliziert ein Zu-sich-Stehen lernen in Kontakt mit dem Untergrund, mit der Erde, die trägt. Standfestigkeit und Erdung sind wichtige Haltungen, die ein Abgehobensein verhindern.
- Seit 20 Jahren gibt es die sogenannten Barfußschuhe, die eine besonders dünne Sohle ohne Fußbett und Absatz haben. Dank dieser Schuhe bleibt der Kontakt zum Boden spürbar, ohne dass es zu Verletzungen kommt. Der Mensch, der in diesen Schuhen unterwegs ist, nimmt über die Füße intensiver den Weg wahr, den Untergrund, auf dem er geht. Neben einer besseren Blutzirkulation werden die Sensomotorik und das Gleichgewichtsgefühl verbessert.
- Barfuß-Gehen als Taulaufen von Pfarrer Kneipp schon vor über 100 Jahren empfohlen, findet sein Comeback in Barfußpfaden und in einer wachsenden Zahl von Menschen, die sich ganz von ihrem Schuhwerk verabschiedet haben. Vgl.Wie wird man eigentlich Barfußgeher? - barfussblog.de - alles Möglichkeiten, um zum einen gesünder zu leben und zum andern, sich als Mensch verbunden zu fühlen und mit wachen Sinnen unterwegs zu sein. Diese Wachsamkeit oder auch Achtsamkeit braucht es, um den göttlichen Auftrag zu vernehmen, der an jeden Menschen gerichtet ist.
2.Lesung: 2 Kor 12, 7-10
Impuls:
- Schwäche als Stärke - vgl. die japanische Kunst Kintsugi, die lehrt, wie aus Zerbrochenem mittels Goldfäden wieder ein Gefäß zusammengefügt werden kann. Auf der symbolischen Ebene kann Kintsugi ermutigen, in Brüchen nicht das Ende zu sehen, sondern sorgfältig und behutsam nach Möglichkeiten zu suchen, Teile zusammen zu setzen. Diese Form der Keramikreparatur, die es bereits seit dem 15.Jhd. gibt, ist eine wertvolle Anregung, den eigenen Umgang mit kaputten Gegenständen zu überdenken. Statt wegwerfen reparieren oder die Produktion langlebigerer Produkte einfordern.
- Andere Beispiele, in denen das vermeintliche Schwache siegt, finden sich in vielen Greenpeace-Aktionen, wenn z.B. ein kleines Schlauchboot gegen riesige Walfängerschiffe antritt; oder in mutigen Auftritten von Zivilisten, die sich mit Blumen Soldaten in den Weg stellen; oder iranische Frauen, die ihren Schleier abnehmen und auf die Straße gehen.
Evangelium: Mk 6, 1b-6
Impuls:
- Festhalten an alten Rollenbildern – dieser Perikope voraus gehen zahlreiche Wunderheilungen, die Jesus in Galiläa an vielen Orten vollbringt sowie etliche Gleichnisreden, in denen seine Botschaft der unbedingten Liebe Gottes sich verbreitet. Trotz dieser Ereignisse und auch trotz seines Auftritts in der Synagoge, der die Menschen in Nazareth in Staunen versetzt, bleibt seine Botschaft wirkungslos. Woran liegt das, was hält die Menschen davon zurück, in ihm den Messias zu sehen? Es hat mit dem Festhalten an dem eigenen Weltbild zu tun. Wenn die Schablone “Sohn von...” und “Bruder von...” auf Jesus angewendet wird, dann ist da kein Raum für eine andere Rolle. Die Menschen wollen an dem Altbekannten festhalten, denn etwas anderes zuzulassen, hieße, sich auf Veränderung einlassen zu müssen. Diese Veränderungen scheinen bedrohlich zu wirken. Eine Parallele erleben wir heute im Blick auf den Klimawandel. Die Erkenntnis, dass sich das Klima aufgrund des menschlichen Einflusses radikal verändert, was mit fatalen Auswirkungen einhergeht, wird fast von allen Menschen geteilt. Doch trotz all dem Wissen um diesen Klimawandel ist die Bereitschaft, das eigene Verhalten und Handeln zu verändern sehr gering.
Karin Müller-Bauer, Bistum Trier