11. Sonntag nach Trinitatis / 22. Sonntag im Jahreskreis (1.09.19)

11. Sonntag nach Trinitatis / 22. Sonntag im Jahreskreis


ev. Predigttext kath. 1. Lesung kath. 2. Lesung kath. Evangelium
Hiob 23 Sir 3, 17-18.20.28-29 (19-21.30-31) Hebr 12, 18-19.22-24a Lk 14, 1.7-14

Allgemeine Erwägungen

Die vorliegenden Bibelabschnitte aus Hiob 23 (ev. Predigtreihe), Sirach 3, 17-18. 20. 28-29 (1. Lesung kath. Lesereihe), Hebräer 12, 18-19. 22-24a (2. Lesung kath. Lesereihe) und Lukas 14, 7-14 (Evangelium der kath. lesereihe) fallen auf den 11. Sonntag nach Trinitatis (ev.) bzw. 22. Sonntag im Jahreskreis (kath.). Das Besondere dieses Sonntags ist, dass er die Schöpfungszeit 2019 eröffnet. Damit fällt neben den jeweiligen Bibelaussagen ein inhaltliches Gewicht auf die Schöpfungsverantwortung.

Die beiden pfälzischen Kirchen (Bistum Speyer und Ev. Kirche der Pfalz) starteten 2018 mit der Aktion „Trendsetter – Weltretter“. Jeweils in der Schöpfungszeit der folgenden vier Jahre sollen besondere Schwerpunkte bedacht werden. Dazu wurde 2018 ein geistliches Übungsheft „erd-verbunden“ für Exerzitien auch in der Schöpfungszeit entwickelt, das sich mit Texten aus „laudato si“ und von der Ökum. Konferenz in Busan befasst und auch hier die Frage der Schöpfungsverantwortung als geistliche Dimension in den Mittelpunkt stellt.

Im Folgenden werden nun einige Linien aus den vierbiblischen Texten gezogen und in den Kontext von Frieden, Gerechtigkeit und Verantwortung gegenüber der Schöpfung gestellt.

Gedanken zu den einzelnen Bibelworten

In der dritten Antwort an Elifas wird in Hiob 23 Gott in seiner omnipräsenten Allmacht dargestellt. Er kennt alle Wege und weiß, wie es um den Menschen steht. Das wirft zum einen die Frage der Prädestinationslehre auf, zum anderen auch die des freien Willens. Kernaussage dürfte sein, dass Hiob Gott als den erkennt, der „es macht, wie er`s will“.

Wenden wir das auf die Schöpfungsverantwortung an, könnte es zu unterschiedlichen Wegen führen.

Einerseits könnte es bedeuten, dass sowieso alles in Gottes Hand liegt und wir das Schicksal der Welt/Schöpfung weder zum Guten noch zum Schlechten wenden könnten.

Andererseits könnte es auch darauf hinweisen, dass es geradezu göttlicher Wille ist, sich der eigenen und auch kollektiven Verantwortung innerhalb der Welt/Schöpfung zu stellen.

Angesichts der Überschreitung planetarischer Grenzen mit noch nicht absehbaren Folgen stellt sich die Frage, wie wir uns als Menschen begreifen: als Gegenüber der Schöpfung/Natur/Welt oder als ihr Teil.

Dass Gott es so macht, wie er es will, würde in einer Predigt darauf zielen, nicht den moralischen Zeigefinger zu erheben, weil wir möglicherweise unserer ethischen Verpflichtung nicht nachkommen (oder auch können). Es wäre der Versuch nötig, die globale Verantwortung in den Blick zu nehmen und vom Kleinen zum ganz Großen den Blick zu weiten. Dann wäre der Zielgedanke nicht die alt bekannte so genannte „Vogel-Strauß-Politik“, sondern die Ermutigung, Erprobungsräume zu suchen, zu schaffen und in der Veränderung zu leben.

Demut, Hochmut und Vernunft ist der Dreiklang, der in Jesus Sirach 3 aufleuchtet. Eine demütige Haltung ermöglicht es, Gnade zu finden und dem Hochmut, dem Grund allen Übels, etwas entgegen zu setzen. Letztlich ist es die Vernunft, die dem Menschen Weisheit lehrt, um die Wurzel allen Übels zu bekämpfen. Entscheidend ist hier, dass die Vernunft nicht Ergebnis eigenen Handels oder gar Willens ist, sondern aus der Demut erwächst.

Die Aussagen von „laudato si“, könnten uns zu einer neuen Spiritualität führen und demütig zu einem verantwortlichen Umgang mit der Schöpfung verwandeln.

Diesen Gedanken nimmt Hebräer 12 auf, wenn er beschreibt, dass der Mensch aus sich heraus zu nichts gekommen ist. Der Weg des Glaubens seit Christus führt, sozusagen als Frucht der Gnade und des Christusereignisses, den Menschen zum himmlischen Jerusalem.

Die Erkenntnis des Lobpreises Gottes (siehe „laudato si“) führt dazu, sich in seiner Verantwortlichkeit als Teil der Schöpfung bewusst zu werden. Das würde bedeuten, dass wir uns als Teil der Schöpfung/Welt/Natur lneu begreifen.

Betrachten wir den ganzen Hebräerbrief ,wird sichtbar, dass die Adressaten ermutigt werden sollen, ihre Glaubenszuversicht nicht sinken zu lassen. Rückgriffe auf das AT sollen die Zuhörenden und Lesenden unterstützen. Der Weg des Glaubens ist nicht nur Kampf, er ist auch Lobpreis.

Aus der Feldrede begegnet uns in Lukas 14 die Frage nach der Rangordnung und Auswahl der Gäste am Tisch des Herrn. Das Gleichnis zielt auf die Selbsterniedrigung Jesu als Bild für christliches Handeln. Im Stile des Lukas-Evangelium geht es um die gerechte Begegnung mit Armen, am Rand Stehenden, Ausgegrenzten. So gesehen könnte die Auferstehung der Gerechten als Einladung an diese Menschen verstanden werden. Für unser Predigen und Handeln könnte dies ein Perspektivwechsel bedeuten. Es ginge also nicht mehr um die Grundsicherung unserer eigenen Existenz mit all den bisher erlebten und erlittenen Folgen weltweit. Es ginge um die grundsätzliche Existenzsicherung menschen-, ja sogar weltweit (dies schließt die ganze Schöpfung ein). Begreifen wir die Feldrede auch in ihrer eschatologischen Dimension, wird erkennbar, dass die Frage der Gerechtigkeit nicht nur eine der Verantwortung gegenüber der gesamten Schöpfung ist. Es wird angesichts der Überschreitung planetarischer Grenzen mit ungeahnten Folgen auch eine Frage, wie wir dies aus der Sicht der letzten Dinge betrachten: als unausweichliches Schicksal, als unumkehrbar, vielleicht den letzten Impuls, alles (unser Konsumverhalten, den Raubbau an der Erde, das Einteilen in Abhängigkeiten ... um nur einiges zu nennen) zu verändern.


Zusammenfassend

Nimmt man die Materialien, die im Zusammenhang mit der Schöpfungszeit (z.B. der Ev. Kirche der Pfalz und des Bistum Speyer) erarbeitet wurden, gibt es einen hilfreichen Fundus für eine konkrete nachhaltige Predigtarbeit. Die am 18.08. gestartete Schöpfungszeit 2018 mit den Leitmotiven „Trendsetter – Weltretter“ ( www.trendsetter-weltretter.de). Und ebenso die in der Pfalz entstandenen Materialien zum geistlichen Übungsweg „erd-verbunden“ bieten hier praktische Tipps für die Predigtarbeit.

Nimmt man ferner die Impulse der Bibelworte (globale Verantwortung die aus unsrer ethischen Verantwortung erwächst – Hiob 23; aus innerer Demut heraus entwickelt sich unsere Hinwendung zur Spiritualität – Jesus Sirach 3; der Weg des Glaubens nicht als Kampf, sondern als Lobpreis verstanden – Hebräer 12; Auferstehung der Gerechten als Einladung an die Armen der Welt zum Tisch des Herrn zu kommen – Lukas 14) wird in der Predigtarbeit weit weniger der moralisch erhobene Zeigefinger sichtbar werden, sondern das gemeinsame Aufbrechen zu einer vom Lobpreis (siehe „laudato si“) getragenen Suchbewegung aller Menschen ,sozusagen als „Trendsetter“ und „Weltretter“, die demütig aufeinander schauen und sich von althergebrachten Abhängigkeitspfaden verabschieden.

Detlev Besier, Speyer

 

Literatur

„erd-verbunden“ – Materialien; www.institut-kirchliche-fortbildung.de

 www.trendsetter-weltretter.de