1. Sonntag nach Epiphanias / Taufe des Herrn (8.01.23)

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1. Sonntag nach Ephiphanias / Taufe des Herrn

ev. Predigttext kath. 1. Lesung kath. 2. Lesung kath. Evangelium
Joh 1, 29-34 Jes 42, 5a.1-4.6-7 Apg 10, 34-38 Mt 3, 13-17

Kirchenjahreszeitliche Perspektive:

Die Epiphaniaszeit ist eng mit Weihnachten verbunden. Das Epiphaniasfest (6. Januar) wird katholischerseits als Hochfest („Heilige drei Könige") begangen. An den darauf folgenden Sonntagen stehen Texte in den Mittelpunkt, die den Menschensohn Jesus als Gottessohn und Messias ausweisen und legitimieren sollen. Dies steht insbesondere am 1. So. nach Epiphanias, an dem der Taufe Jesu im Jordan gedacht wird, im Mittelpunkt.

Unter dem Nachhaltigkeitsaspekt interessant ist die Perspektive der orthodoxen Kirchen. Dort ist die Taufe des Herrn gleichzeitig die Offenbarung der Dreieinigkeit. Die christozentrische Perspektive um die der Schöpfung und der Heiligen Geistkraft zu ergänzen, ist daher mein Bestreben bei den Impulsen zu den vorgegebenen Texten.

Predigttext (ev.), V. Reihe: Joh. 1, 29-34

Der Text sagt mehr über Johannes aus als über Jesus. Johannes ist der Aktive, Jesus kommt und lässt geschehen. Bewusst erzählt Johannes die Taufe Jesu anders als die anderen drei Ev angelisten. Ihm geht es um die Versöhnung der Jünger des Johannes mit den Jüngern Jesu. Aus heutiger Perspektive ist der Übergang von Johannes zu Jesus, von der jüdischen zur entstehenden christlichen Tradition entscheidend. Er geschieht unter dem Aspekt der „versöhnten Verschiedenheit".

Johannes weist auf Jesus hin und sagt von ihm: „Seht, das ist das Lamm, das der Welt Sünde trägt." Diesen Ausspruch kann man prophetisch als Ankündigung des Kreuzestodes Jesu verstehen. Noch ist der Bock, der in die Wüste gejagt wird, ein Lamm. Doch erfüllt sich in ihm die sowohl in der jüdischen als auch in der muslimischen Tradition vorhandene Sündenbockvorstellung.

Wenn wir als Sünde die ganze Zerrissenheit der Welt, ihre Gottferne, die ausbeuterischen Wirtschaftssysteme, die Ressourcenverschwendung mit ihren unabänderlichen Folgen für Klima und Biodiversität in den Blick nehmen, dann fühlen wir uns schnell erschlagen. Johannes sagt: „Dies alles tragt nicht ihr auf euren Schultern, sondern der Gesandte Gottes. Da ist er." Durch die Taufe im Jordan ermächtigt er ihn für diese Berufung so wie Samuel David zum König gesalbt hat. Jesus lässt es geschehen.

In diesem „Geschehenlassen" sehe ich den Schlüssel für das Verständnis des Sakraments der Taufe. Wenn wir in unserer heutigen kirchlichen Praxis „mit Wasser und mit Geist" taufen, stellen wir die Verbindung her zwischen dem Prophetischen und dem Messianischen. Jeder Täufling wird hineingenommen in das Erlösungshandeln Gottes, das der gesamten Schöpfung gilt. Versöhnt mit Gott und der Welt dürfen wir als Getaufte auf diesem Planeten leben, ausgestattet mit dem Geist der Kraft, der Liebe und der Besonnenheit und in ganz realem Kontakt mit dem Wasser, einem der vier Elemente des Lebens.

Dass nicht alle Menschen sauberes Wasser zur Verfügung haben, dass die Meere überfischt und verseucht sind, wissen wir. Dass Wasser zunehmend auch in unseren Breitengraden zur tödlichen Bedrohung wird, erleben wir hautnah. Auch die Folgen von Dürre sind uns präsent. In Taufgottesdiensten steht eigentlich immer die Herausforderung an, über die Spannung von Zuspruch und Anspruch nachzudenken. Der Tag der Taufe Jesu könnte in besonderer Weise dazu genutzt werden, zu Beginn des neuen Jahres das Thema Wasser (SDG 14) auf die Agenda der Gemeinde zu setzen.

Kath. Lesejahr, 1. Lesung: Jes.42, 5a.1-4.6-7

In der katholischen Leseordnung wird der Vers 5a vorangestellt. Ich würde den gesamten Vers 5 voranstellen: „So spricht Gott, der Herr, der die Himmel schafft und ausbreitet, der die Erde macht und ihr Gewächs, der dem Volk auf ihr den Odem gibt und den Geist denen, die auf ihr gehen."

So wird das Zusammenspiel von Schöpfer, Erlöser und Tröster (Vater, Sohn und Heiliger Geist) klar, und es wird der Horizont aufgespannt, in dem die Berufung und Sendung des Gottesknechts sich ereignet.

Der Schöpfer des Himmels und der Erde, der alles Gewächs erschaffen hat und dessen Ruach (Atem, Seele) in seinem Volk fließt und in allen, die auf der Erde gehen, dieser Schöpfergott beruft sich einen Mitarbeiter (Knecht), einen Auserwählten. Dieser hat den Auftrag „das Recht unter die Heiden zu bringen".

Der alttestamentliche Name Gottes ist „Gerechtigkeit". Gott hält sich an seine Verträge, an den Noah-Bund, den Abraham-Bund, den Bund am Sinai und den neuen Bund mit seinem Volk in Jesus Christus.

Nachhaltig und nachdrücklich erinnern die Kirchen immer wieder an Recht und Gerechtigkeit. Die Androhung und Ausübung von Gewalt obliegen dem rechtmäßig konstituierten Staat allein dazu, um „für Recht und Frieden" zu sorgen (Barmen V). Diese in der Nazi-Zeit gewonnene Erkenntnis, die dem Zugriff des Staates auf die Kirche wehrt und Gottes Gerechtigkeit als Maßstab für alle Regierenden und Regierten postuliert, ist in der heutigen Zeit immer noch tragfähig und wahr. Allerdings muss in veränderten geopolitischen Machtkonstellationen stärker darüber nachgedacht werden, wie internationales Recht mehr Verbindlichkeit erhalten kann.

Vers 4 mag da kräftige Ermutigung sein, nicht müde zu werden, die Stimme für Frieden und Gerechtigkeit zu erheben. „Das geknickte Rohr wird er nicht zerbrechen, und den glimmenden Docht wird er nicht auslöschen. In Treue trägt er das Recht hinaus."

2. Lesung: Apostelgeschichte 10, 34-38 / Evangelium: Matthäus 3,13-17

Beide Texte bieten keine wesentlichen neuen Bezüge zum Nachhaltigkeitsthema über die oben genannten hinaus.

 

Anregung für den Gottesdienst:

image001Das Logo der Vollversammlung des Ökumenischen Rates der Kirchen könnte im Gottesdienst eine Rolle spielen. Mit Erdkugel, Kreuz und Taube gibt es Anklänge an die Dreifaltigkeit. Die beiden Wellen bilden das urchristliche Fischsymbol, können aber auch einzeln als Wasser und Band der Liebe gedeutet werden. „Das Recht ströme wie Wasser und die Gerechtigkeit wie ein reißender Fluss" wäre eine Assoziation dazu. Die Taube – Ruach, Heiliger Geist, Atem des Lebens, Noah-Bund, Friedenstaube – wäre eine andere Möglichkeit, die komplexen Texte im Gottesdienst auch optisch zu verankern. Material dazu, z.B. Postkarten, Kerzen u.ä. sind über die Website www.karlsruhe2022.de zu bestellen.

Annette Muhr-Nelson, Dortmund