1. Sonntag nach Epiphanias / Taufe des Herrn (7.01.24)

1. Sonntag nach Epiphanias / Taufe des Herrn

ev. Predigttext kath. 1. Lesung kath. 2. Lesung kath. Evangelium
1 Kor 1, 26-31 Jes 42, 5a.1-4.6-7 oder:
Jes 55, 1-11
Apg 10, 34-38 oder:
1 Joh 5, 1-9
Mk 1, 7-11

Unter dem Aspekt der Nachhaltigkeit finden sich in den Lesungstexten bei Jesaja und im Korintherbrief hilfreiche Anknüpfungspunkte, wie ich sie im Folgenden aufzeigen werde. Die übrigen Texte (aus der Apg, 1Joh und Mk) unterstützen die Gesamtaussage des Tages, Gott wirkt aktiv mit, an und in der Menschheitsgeschichte durch Menschen, durch Jesus und die Propheten und Prophetinnen.

Ev. Lesungstext: 1 Kor 1,26-31

Impuls:

  • „Das Törichte hat Gott erwählt" – Klimakleber als Törichte unserer Zeit?

Deutschlands bekanntester Protestpriester, der Jesuit Jörg Alt (www.joergalt.de) beteiligt sich an den Klimakleberprotesten wie z.B. im Mai 2023 bei der Münchner Blockade, mit der Absicht, verhaftet zu werden. Er sieht dieses Handeln als eine Form zivilen Ungehorsams und als wesentlichen Bestandteil der christlichen Lebenspraxis, inspiriert und genährt durch die Erinnerung an Jesus und die biblischen Prophetinnen und Propheten. Mit seinem jüngsten Buch „Die letzte Generation – das sind wir alle." legt er den Finger genau in die Wunde der größten Herausforderung, derer sich die Menschheit stellen muss, der menschgemachten Klimakrise und ihren Folgen. Der Jesuit Jörg Alt sieht sich in großer Nähe zu einem anderen Jesuiten, Papst Franziskus, der in seinem Apostolischen Schreiben von 2013 »Evanglii gaudium« klare Worte wählt:

»53. Ebenso wie das Gebot ›du sollst nicht töten‹ eine deutliche Grenze setzt, um den Wert des menschlichen Lebens zu sichern, müssen wir heute ein ›Nein zu einer Wirtschaft der Ausschließung und der Disparität der Einkommen‹ sagen. Diese Wirtschaft tötet. Es ist unglaublich, dass es kein Aufsehen erregt, wenn ein alter Mann, der gezwungen ist, auf der Straße zu leben, erfriert, während eine Baisse um zwei Punkte in der Börse Schlagzeilen macht. Das ist Ausschließung. Es ist nicht mehr zu tolerieren, dass Nahrungsmittel weggeworfen werden, während es Menschen gibt, die Hunger leiden.«

  • Bedeutung des Korintherbriefs

An dieser Stelle im Korintherbrief hebt Paulus hervor, dass der Selbstruhm und das Beharren auf der Herrschaft über andere und auf Privilegien schon jetzt zu Ende ist. Denn eine neue Beziehungsstruktur hält Einzug: Sklavinnen und Sklaven, freie Frauen, Arme und Handarbeiter*innen sind alle Teilhaber*innen am göttlichen Geist und an der Macht. Frauen sind Prophetinnen des göttlichen Gerichts, das die Erniedrigten erhöhen wird. Durch die Erwählung der Törichten vollzieht sich ein Wandel und eine Neugestaltung des Lebens nach der Tora und im Frieden.

Kath. Lesungen:

1. Lesung: Jes 42, 5a.1-4.6-7

Je nach Wahl des jeweiligen Lesungstextes ist es hilfreich, sich über die Stellung der jeweiligen Perikope im Gesamttext des Jesajabuches bewusst zu sein. Die jüngste Bibelforschung sieht den Jesajatext als ein Werk, das ähnlich einem Drama in sieben Akte aufgeteilt ist. Die Perikope Jes 42, 5a.1-4.6-7 gehört zum 5. Akt, der die Kapitel 40 – 48 umfasst und die Zeit Israels / Jakobs in Babylon und seine Befreiung thematisiert.

Impuls:

  • In Jesaja zeigt sich die Gottesbeziehung als Verpflichtung, die Welt gerecht zu gestalten. Mystik und Politik gehören bei Jesaja zusammen. Die Bildsprache des Buches spiegelt das wider. Die Vision vgl. Jes 2, 1-4, weitet den Umkreis und ergreift alle Nationen, ein Zukunfts- und Hoffnungsbild entsteht.
    Gott schließt mit allen Menschen einen ewigen Bund, eine Bundeszusage, die allen JHWH-Gläubigen aus Israel und den Völkern gilt. Jesaja kritisiert Missstände und hält der Gesellschaft und der Kirche bis heute den Spiegel vor. Systeme oder Menschen, die unfrei machen, müssen klar benannt werden, sie haben keine Zukunft.
  • „der dem Volk auf ihr Atem gibt"
    Dieser Vers 5 wurde von seinem ursprünglichen Platz gelöst und der Perikope vorangestellt, wodurch die Erwählung des Knechts oder wie es in der Bibel in gerechter Sprache heißt: „dieser Mensch in meinem Dienst", eine Verstärkung erfährt. Gott, der alles geschaffen hat, ist es, der hier spricht und alles ist von seinem Atem erfüllt und trägt seine Geistkraft.
    Alles Lebendige teilt den gemeinsamen Atemraum, die Atmosphäre ist kein geographisch oder national zu begrenzender Raum. Und so tragen alle Verantwortung für diese Atemhülle, die durch immer höhere CO2 – Konzentration lebenszerstörend wirkt. Statt Kompensation braucht es Strategien zur Vermeidung von CO2 bzw. von Technologien, die CO2 in der Erde binden.

    Vgl. CO2-Entnahme aus der Atmosphäre: Ein zusätzlicher Baustein für die Erreichung unserer Klimaziele - BMBF

Oder alternativ als 1. Lesung: Jes 55, 1-11

Diese Perikope gehört in den 6. Akt des Jesajabuches, der die Kapitel 49-55 umfasst und die Wiederherstellung Zions und Jerusalems thematisiert.

Impuls:

  • „...kommt zum Wasser"

Dieser Aufforderung, zum Wasser zu kommen, können immer mehr Menschen nur noch unter erschwerten Bedingungen nachkommen. Wasser wird zum kostbarsten Gut, was durch die heißen Sommer der letzten Jahre und der kommenden Jahre auch in Deutschland zu radikalem Umdenken führen muss. Anschauliche Dokumentationen auf Arte bieten umfassende Informationen.

www.arte.tv/de/videos/RC-022838/auf-dem-trockenen-duerre-und-hitze-weltweit/

Die Wasserknappheit und drohende Dürren zwingen Menschen ihre Heimat zu verlassen, was mit dem Begriff der katastrophenbedingten Vertreibung umschrieben wird. Die internationale Organisation für Migration (IOM) versteht darunter »Situationen, in denen Menschen gezwungen sind, ihre Heimat oder ihren gewöhnlichen Aufenthaltsort zu verlassen, insbesondere infolge oder zur Vermeidung der Auswirkungen von Katastrophen, die durch Naturgefahren ausgelöst werden. Eine derartige Vertreibung kann in Form einer freiwilligen Flucht oder einer von den Behörden angeordneten oder vollzogenen Evakuierung erfolgen. Diese Vertreibung kann innerhalb eines Landes oder über internationale Grenzen erfolgen.« (siehe Migrationsdatenportal)

Karikatur zum Thema Klimaflucht. © Gerhard Mester, 2015

  • „kommt und kauft ohne Geld"

Jesaja beschreibt eine Wirtschaftsform, die sich in Ansätzen in den verschiedensten Schuldenerlass-Initiativen finden lässt. So setzt sich z.B. Brot für die Welt unter anderem gezielt für Erlasse öffentlicher Auslandsschulden ein und für ein internationales Insolvenzverfahren für Staaten. www.brot-fuer-die-welt.de/themen/entschuldung

www.brot-fuer-die-welt.de/blog/2022-gefahren-fuer-den-globalen-sueden-durch-ppps

  • Worte und ihre Wirksamkeit „...so ist es auch mit dem Wort, / das meinen Mund verlässt: Es kehrt nicht leer zu mir zurück, / ohne zu bewirken, was ich will, / und das zu erreichen, wozu ich es ausgesandt habe." –

Gemäß der Konstitution DeiVerbum spricht Gott in der Heiligen Schrift durch Menschen nach Menschenart, die Schrift ist also Gottes Wort in Menschenwort.

Dass der Sprechakt einem Schöpfungsakt gleichkommt, zeigt sich im Schöpfungsbericht: „Und Gott sprach: Es werde Licht. Und es ward Licht!" Im Hebräischen ist die Wurzel für das Wort „sprechen" und „Sache/Ding" identisch. Ein wichtiger Hinweis auf die Wirkmächtigkeit des Sprechens, der Worte, die Wirklichkeiten entstehen lassen. Die fatale Wirkung sogenannter fake news erleben wir tagtäglich in allen Medien.

Dieser negativen Einflussnahme von Worten sei ein Beispiel gegenübergestellt, das sich in der Erzählung von Stefan Zweig in „Sternstunden der Menschheit" im Kapitel „Georg Friedrich Händels Auferstehung" 21.August 1741 – Comfort ye – sei getrost" findet. Händel liest dieses Wort „Comfort ye – sei getrost" und es trifft ihn wie ein Zauberwort, das ihn aufrüttelt. Er erlebt es als ein schaffendes und erschaffendes Wort, das ihn zu dieser großartigen und bewegenden Messiah-Komposition beflügelt.

Vgl. Haendel - Messiah - Comfort ye my people - YouTube

2. Lesung: Apg 10, 34-38

Dieser Abschnitt der Apostelgeschichte mit den Kapiteln 8,4 – 11,8 berichtet von der Ausbreitung des Christentums in Judäa und Samarien.

Impuls:

  • Die Absicht des unbekannten Verfassers der Apg ist es zu bezeugen und immer wieder Utopien zu wecken, die mit einer unzweifelhaften Sicherheit einhergehen: Die gute Botschaft Gottes ist eine verändernde und befreiende Macht, die inklusiven Charakter hat in verschiedenen Zeiten und Kulturen.

Karin Müller-Bauer, Trier

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