1. Sonntag nach Epiphanias / Taufe des Herrn (7.1.18)

1. Sonntag nach Epiphanias / Taufe des Herrn

ev. Predigttext kath. 1. Lesung kath. 2. Lesung kath. Evangelium
1 Kor 1, 26-31 Jes 42, 5a.1-4.6-7
oder Jes 55, 1-11
Apg 10, 34-38
oder 1 Joh 5, 1-9
Mk 1, 7-11

Am 1. Sonntag nach Epiphanias stehen die Taufe Jesu, seine Berufung und die biblische Kontinuität seiner Botschaft von Frieden und Gerechtigkeit für alle Kreatur im Mittelpunkt. Jedoch befasst sich nur das Evangelium dieses Sonntages explizit mit der Taufe Jesu. Die anderen Texte haben die zentrale Botschaft des Getauften zum Thema: Gerechtigkeit beginnt und geht aus von allem, was schwach ist vor der Welt. Das hat Gott erwählt (1.Kor.1, 27b). Die Gerechtigkeit Gottes realisiert sich im gleichberechtigten Miteinander in der Gemeinde. Sie steht in der sich auf alle Lebewesen beziehende Tradition der Vision der hebräischen Bibel „auf Erden das Recht aufzurichten“ (Jes. 42, 4) wie „Regen, der die Erde feuchtet“ (Jes. 55,10). Im Tun des Guten (Apg. 10) und in gegenseitiger Liebe (1.Joh.5) bewahrheitet sich die Nachfolge des Getauften.

Ich möchte aus der Perspektive der Nachhaltigkeiteinen pointiertenZugang vorschlagen, konzentriere ich mich auf drei der vorgeschlagenen Texte und stelle das Evangelium für den Sonntag als Predigttext voran:

Markus, 1,6-12

„Mein ganzes Leben lang schon kämpfte ich gegen Diskriminierung und Ungerechtigkeit (…) Aber es gibt noch weitere Aspekte der Gerechtigkeit, die nicht nur Menschen betreffen, sondern auch die anderen empfindungsfähigen Geschöpfe dieser Erde.“ (Desmond Tutu, Forward. Extending Justice and Compassion, zitiert nach und übersetzt von: Kurt Remele, Die Würde des Tieres ist unantastbar, Eine neue christliche Tierethik, 2016, S.9f).

Ich schlageeine Re-Lektüre der allseits bekannten Erzählung aus dem Blickwinkel der Mit-Geschöpfe vor, um die Abwesenheit der Tiere in unseren theologischen Reflexionen zu überwinden. Der Einbezug der Verse 6 und 12 könnte so eine neue Perspektive auf das Taufgeschehen eröffnen.

Wo und wie kommen hier Tiere vor? Die Taufe Jesu ist eingebettet in zwei Wüstenerfahrungen. Johannes predigt in der Wüste, zurückgezogen und auf das Wesentliche reduziert. Er ernährte sich von dem, was er vorfand: Heuschrecken und wilder Honig. Angesichts von Massentierhaltung, Qualzuchten (bei Nutz- und Haustieren!) und Lebensmittelverschwendung könnte das eine erste wichtige biblische Erinnerung sein: In Gottes Schöpung ist „soviel du brauchst“ (Ex 2, 16,18) vorhanden.

In der Taufe dann wird die Erfahrung des Herabkommen des Heiligen Geistes mit dem Flug einer Taube be – und umschrieben, so wie einst die Taube vom Neuanfang nach der Sintflut kündete. Sie ist Mittlerin und Symbol der Weisheit, der „Geistkraft“ Gottes. Unmittelbar nach seiner Taufe als direkte Konsequenz führt die Geistkraft Jesus dann, der Praxis des Johannes folgend, in die Wüste. Eine kleine, oft überlesene Notiz beschreibt den Auftakt des Wirkens Jesu: Er „lebte mit den wilden Tieren“ und die Engel dienten ihm. In der Reduzierung auf das Wesentliche und in der Nähe zum Tier entfaltet der getaufte Jesus seine Botschaft, „versöhnt mit seiner tierlichen Seite und beflügelt von der Dynamik Gottes! Alle nun folgenden Erzählungen können wir als Entfaltung dieser Vision lesen.“ (R. Hagencord, Vom verhängnisvollen Irrtum über die Tiere, S. 29, in: ders. (Hg), Wenn sich Tiere in der Theologie tummeln, 2010) Die Taufe führt in eine existenzielle Auseinandersetzung mit sich selbst und allen seinen inneren Stimmen - auch den tief verschütteten, ursprünglichen und „animalischen“. Das ist keine Alternative zum Leben im Hier und Jetzt (wie bei den Essenern jener Zeit), sondern ein notwendiges Innehalten. Jesus wird seinen Jüngern und Jüngerinne vorschlagen, ihm nachzutun wenn der „Alltag“ überbordet. (z.B. Mk 6,30-32)

Die in der Taube symbolisierte Weisheit manifestiert sich in der Frage: Was brauche ich wirklich zum Leben.Die Nähe zum Tier und zu Pflanzen können das „lehren“ (vgl. Hiob 12,7). Wer in seiner Predigt sehr plakativ eine (mittelfristige) Alternative zum Fleischverzehr zeigen möchte, bestelle sich Heuschrecken zum Verzehr und zum Vorzeigen (z.B.www.insektenessen.at).

Jesaja 55, 1-11

Im babylonischen Exil erinnern die Autoren des Deuterojesaja (Jesaja 40-55) an den Bund Gottes mit seinem Volk und aktualisieren die Vision eines umfassenden Friedens der Menschen untereinander und mit der ganzen Schöpfung. „Wohlan“ – Jetzt geht`s los! Das ganz Andere! Gerahmt von Bildern existenzieller Erfahrung – Durst und Wasser; Regen und Fruchtbarkeit – entfaltet Jesaja seine Vision und beschreibt so die Gabe der Tora: Alle werden in Fülle leben. Nicht nur „Wasser und Brot“, sondern Wein, Milch, Gutes und Nahrhaftes. Ohne Geld. Umsonst. Die Zeit, auf Gottes Bundeszusage mit der Aufrichtung von Gerechtigkeit und Frieden zu antworten, ist allerdings nicht unbegrenzt. „Fragt nach Gott, solange Gott gefunden werden kann, fragt, solange Gott nahe ist.“ (V.6). Kann sich das Zeitfenster schließen? Angesichts des menschengemachten Klimawandels mit seinen Folgen ist es nicht mehr ausgeschlossen, dass zumindest der Homo Sapiens nicht mehr fragen könnte.

Die Hoffnung, dass das Fragen der Menschen dennoch nicht aufhören möge und Gottes Wort Gehör finden wird, ist in Naturbilder gekleidet: So wie Regen und Schnee die Erde verwandeln, indem sie sie tränken, sie fruchtbar machen und sprießen lassen, so wird Gottes Wort die Menschen verändern. Das Wissen von der gegenseitigen Abhängigkeit alles Geschaffenen kommt hier zum Ausdruck. Ein Wissen, das in der mystischen Tradition zu allen Zeiten aufbewahrt wurde. Hildegard von Bingen spricht beispielsweise von der „sanctaviriditas“, der „heiligen Grünkraft“, die als einheitliche Lebenskraft alles Geschaffene durchpulst – biologisch und spirituell (vgl. Riedel, Art. Leiden/Tod, in E. Gössmannu.a, (Hg), Wörterbuch der feministischen Theologie, S, 240f).

Es lohnt sich, die Predigt von diesen Bildern aus zu entfalten und evtl. die Verse 12 und 13 hinzuzuziehen: Bäume, die in die Hände klatschen (vgl auch Ps.114,4.6), Zypressen statt Dornen, Myrten statt Nesseln.

1.Kor 1,26 – 31

Korinth, das Banken- und Finanzzentrum jener Zeit, in dem 90% der Bevölkerung am Existenzminimum oder darunter lebten, sozial und kulturell entwurzelt waren und Wenige extremen Reichtum angehäuft hatten. Welche Parallele zur neoliberalen Globalisierung in viele Metropole (des Südens) heute! Dagegen Paulus:Gott hat die gerufen, die „unten“ sind, auf der Verliererseite, „Nichtse“ (V.28) in den Augen der Mächtigen und Reichen. Explizit bezieht er sich auf Jer. 9,22.23 (in 1.29.31) und stellt sich in die breite biblische Tradition der Herrschaftskritik. Die Weisen, Starken und Angesehenen werden entmachtet, wörtlich: beschämt (kataischynein) und außer Geltung gesetzt (katargein). Die Kritik des Paulus richtet sich gegen das Überlegenheitsbewusstsein der Eliten und damit verbundenen Handlungen allen Unterlegenen gegenüber. Für die „Messiasgemeinde“ sind sie schon jetzt entmachtet (vgl. L. Schottroff, Der erste Brief an die Gemeinde in Korinth).

Wäre es nicht in der Linie der paulinischen Herrschaftskritik, das „was verachtet ist und nichts gilt in der Welt“ auch auf die Mitgeschöpfe zu beziehen, die, als Schweine und Federvieh zu Fleischlieferanten reduziert, unter schöpfungsunwürdigen Bedingungen als „Nichtse“ ihr kurzes Leben fristen? Römer 8,20ff legt das m.E. durchaus nahe.

„Was zu tun ist
Archen und Altäre bauen,
große und kleine,
gegen die Flut des Unrechts
an den Geschöpfen der Erde.
Die Theologie solange kämmen,
bis sie klar sagt,
dass GOTT, heute, den blauen Planeten, und alles,
was den Atem der Schöpfung atmet,
vor der vernichtenden Vergeudung der Menschen retten will,
und wir uns dringend stark machen sollen, Glaubens – stark,
für dieses zarte Juwel, für die schutzlose Heimat
der Menschen, Tiere, Pflanzen und Elemente
mit leidenschaftlichem `Beten und Tun des Gerechten`.“
(Bärbel Wartenberg – Potter)

Volker Rotthauwe, Schwerte