1. Sonntag nach Trinitatis / 11. Sonntag im Jahreskreis 2017 [III/A]
ev. Predigttext | kath. 1. Lesung | kath. 2. Lesung | kath. Evangelium |
Joh 5, 39-47 | Ex 19, 2-6a | Röm 5, 6-11 | Mt 9, 36 - 10, 8 |
Joh 5, 39-47
Jesus spricht zu den Schriftgelehrten, um sich zu legitimieren – doch sie sind zu vernagelt, um ihm zu glauben. Ist es so schief, wenn wir diese Szene vergleichen mit der vehementen Ablehnung der Warnrufe zum Klimawandel? Millionen Dollar werden in Kampagnen gesteckt, um mahnende Forscher unglaubwürdig zu machen. Welche Interessen stecken dahinter? Die der Schriftgelehrten sind klar: Sie sehen sich in Frage gestellt von einem Dahergelaufenen. Sie leben von ihrer Expertise, die sie dem Volk verkaufen. Sie fühlen sich bedroht, denn sie würden überflüssig und entlarvt. Ähnlich bedroht müssen sich die Produzenten und Investoren fossiler Energie fühlen. Es ist für sie unerträglich, dass der Schaden, den ihre Energieträger und schon deren Gewinnung anrichten, vor allem Volk als Bedrohung für die Schöpfung entlarvt werden. Im Kampf für seine eigenen Interessen zeigt der Mensch seit zweitausend oder mehr Jahren immer noch dasselbe Gesicht.
Ex 19, 2-6a
Bald nach dem Siegeslied am Schilfmeer, das die Hilfe Gottes auf der Flucht vor den Ägyptern bejubelt, erreicht das wandernde Volk der Israeliten die Wüste Sinai. Durch Mose vernimmt es die prägnante Botschaft Gottes: So lange ihr euch nicht von mir abwendet, seid ihr mein privilegiertes Volk, denn ich besitze die ganze Erde, so wie ich sie geschaffen habe. Heisst das aber nicht, dass Gott von seinem Volk auch den Respekt vor seinem Besitz verlangt? So wie es in Ps 100,3 heisst: "Er hat uns geschaffen, wir sind sein Eigentum, sein Volk und die Herde seiner Weide". Seiner Weide. Wäre dann nicht auch ein nachhaltiges Abfressen dieser Weide geschuldet? Wäre dann nicht mit der Natur, mit den Urwäldern, mit den Meeren und ihren Bewohnern, ja vielleicht sogar mit dem Boden etwas respektvoller umzugehen? Wem soll denn eigentlich der Boden gehören? Ein paar wenigen?
Röm 5, 6-11
Auch in diesem Text, diesmal in der Sprache des Paulus, wird uns Gottes Vorleistung vor Augen geführt. In allem sind wir Empfangende, besonders in Jesu Tod. Die Schöpfung, die Führung des Gottesvolkes in das gelobte Land, die Erlösung am Kreuz – das verlangt nach einer Antwort, die sich in unserem Verhalten ausdrückt. Worin könnte sich diese unbeirrbar fortgesetzte Liebesäusserung Gottes besser spiegeln, als in einem respektvollen Umgang mit der Schöpfung?
Mt 9, 36-10,8
"Umsonst habt ihr empfangen, umsonst sollt ihr geben". Diesen letzten Satz der Perikope könnten wir als eine Art Nachhaltigkeitsformel verstehen. Im Zusammenhang mit den Lesungstexten aus Exodus und dem Römerbrief kann deutlich werden, dass im Umgang mit dem, was wir von Gott erhalten haben, Sorgfalt gefordert ist. "Umsonst – umsonst" stellt ein Gleichgewicht her. Wer nur verbraucht, was er umsonst bezieht, stört diese Bilanz. Es geht nicht mehr auf. Genauso ist es doch mit den Ressourcen dieser Erde. Die Fische der Meere zum Beispiel: Natürlich ist es aufwendig, sie zu fangen, aber die Fische selber sind umsonst. Nur ein Dummkopf kommt auf die Idee, dass er immer nur nehmen kann und nie etwas geben, und sei es nur ein schonender Verbrauch – Nachhaltigkeit eben. Es wird doch niemand auf die Idee kommen, die Ressourcen dieser Erde aufzubrauchen im scheinheiligen Vertrauen, Gott werde sie dann schon ersetzen, oder?
Zeno Cavigelli, Zürich