12. Sonntag nach Trinitatis / 20. Sonntag im Jahreskreis (18.8.13)

12. Sonntag nach Trinitatis / 20. Sonntag im Jahreskreis

 

ev. Predigttext kath. 1. Lesung kath. 2. Lesung kath. Evangelium
Mk 8, 22-26 Jer 38, 4-6.8-10 Hebr 12, 1-4 Lk 12, 49-53

 

Mk 8,22-26 „Endlich sehen!"

Zum Text...
Die Erzählung der Heilung des Blinden gehört zur Gattung der Wundergeschichten, die einen gewichtigen Teil der Jesusüberlieferung ausmachen. Bei ihnen steht nicht die Frage nach Möglichkeit oder Unmöglichkeit eines Ereignisses im Vordergrund, sondern vielmehr die aus diesem wunderhaften Vorgang hervorgehenden und sich manifestierenden Kräfte und Mächte. Die Wundergeschichten haben einen Hinwiescharakter, den es hervorzuheben gilt.

Die Wundererzählung in Mk 8,22-26 hat in der kurz zuvor erzählten Heilung eines Taubstummen (Mk 7,32-37) eine enge Parallele. In beiden Erzählungen spielt die heilende Wirkung des Speichels eine große Rolle. Außerdem werden in beiden Erzählungen die Geheilten von Jesus zur Seite genommen, mit dem Ziel, dass nicht über das Wunder gesprochen werden soll. Es handelt sich strukturell bei beiden Erzählungen um Texte, wie sie im hellenististischen Bereich im Umlauf waren. Von daher lässt sich vermuten, dass diese Wundererzählungen im hellenistischen Milieu entstanden sind. Möglich ist auch, dass sie dort bereits gemeinsam aufkamen und somit als Doppelüberlieferung zu betrachten sind.

Sieht man das Schweigegebot in Mk 8,26 als redaktionelle Zufügung, so wird hier deutlich, dass dem Tun und Wirken Jesu ein noch stärkeres Gewicht gegeben werden soll. Diese Wunderüberlieferung ist damit eingebettet in die Verkündigung des Gekreuzigten und Auferstandenen. Darüber hinaus ist sie Teil der Erzählungen, die beispielhaft für die heilende Begegnung mit Jesus stehen, der Augen und Ohren (s. Mk 7, 32-37) öffnet.
Zwischen den beiden Wunderüberlieferungen findet sich in Mk 8, 18 ein markanter Satz Jesu: „Augen habt ihr und seht nicht, und Ohren habt ihr und hört nicht?" Dieser Satz ist an die Jünger gerichtet. Jesus versucht damit die Erinnerung an die Speisung der Vier- und Fünftausend bei den Jüngern wachzurufen, deren Interesse eher dem Faktum zugewandt ist, dass sie keine Brote haben.

Für die Predigt...
Schaut man auf den vorausgehenden Vers Mk 8, 18, in der Jesus die Blindheit und Taubheit der Jünger anspricht, so wird die beabsichtigte symbolische Dimension der Heilungserzählung deutlich erkennbar. Der Evangelist will veranschaulichen, dass die Begegnung mit Jesus die Welt und das Leben in einem neuen Licht erscheinen lässt.
Diese Begegnung geschieht hier mit einer besonderen Sensibilität und Nähe zwischen Jesus und dem Blinden. Zum einen nimmt Jesus ihn beiseite. Somit wird das heilungsgeschehen zu einer Sache, die ganz allein zwischen den beiden geschieht. Zum anderen nutzt Jesus Speichel als Heilmittel. Speichel wurde in der hellenistischen ud jüdischen Welt als wirkungsvolles Heilmittel angesehen.
Jesus legt dem Blinden gleich zweimal die Hände auf. Nicht etwa, weil er bei ersten Mal unfähig war zu heilen. Vielmehr wird deutlich, dass es sich um ein prozesshaftes Geschehen handelt. Die schrittweise Annäherung des Blinden an Jesus kommt hierin zum Ausdruck. Der Glaube muss wachsen und reifen.

Zur Nachhaltigkeit...
Der Text stellt klar die Überwindung der Blindheit in den Mittelpunkt. Im Bezug auf die von Gott geschenkte Schöpfung und die heutige globale Situation, scheint diese Überwindung immer drängender und wichtiger zu werden. Angesichts der massiven und zahlreichen Probleme auf dieser Erde, ist es ist einfacher und reizvoll einfach die Augen zu schließen. Als Christinnen und Christen haben wir die Aufgabe uns der Realität zu stellen und uns im Vertrauen auf Gott mit all unserer Kraft dem heutigen Leben und seinen Problemen zuzuwenden. Wir sollen uns berühren lassen und unsere Finger in die Wunden dieser Welt stecken und sie zu Tage bringen. Menschenwürdiges Leben für alle soll gegeben sein, ohne dass unsere Lebensgrundlagen in der Schöpfung geschädigt werden.
Heilungsgeschichten schildern einen Gesundungsprozess, der beispielhaft für die Wiederherstellung der göttlichen, ursprünglich guten Ordnung ist. Unser Handeln in dieser Welt muss sich daran messen lassen, inwieweit es die Schöpfung achtet und zum Erhalt beiträgt.

 

Jer 38,4-6.8-10 „Von welcher Meinung machen wir uns abhängig?"

Der Text in Jer 38,4-6.8-10 ist ein gutes Beispiel für die Art, in der unsere Handlungen von anderen Personen und Meinungen bestimmt und beeinflusst werden. Menschen, die uns nahe stehen oder deren Meinung wir besonders achten, können in positiver oder negativer Weise auf uns wirken. Oft lassen wir uns leiten, ohne eine zweite oder dritte Meinung anzuhören. Das führt dazu, dass wir immer wieder fehlerhafte oder übereilte Entscheidungen treffen und diese im besten Fall revidieren und neu treffen müssen. Nicht immer geht es so glimpflich aus wie in unserem Bibeltext. Jeremia wird durch den Fürspruch des Kämmerers gerade noch einmal vor dem Tod bewahrt.

Im Dschungel der unterschiedlichen Meinungen und Interessen ist es nicht immer leicht die richtigen Entscheidungen zu treffen. Letztlich müssen für Christinnen und Christen aber immer die christlichen Wert im Vordergrund stehen und Handlungsentscheidend wirken. Es geht um eine Anwaltschaft für die Armen und Unterdrückten, für die ohne Stimme.

 

Hebr 12,1-4 „Aufruf zum Kampf"

Im ersten Lesen kommt der Text kompromisslos und aufstachelnd entgegen. Wir sollen einen Kampf führen. Einen Kampf, in dem wir uns von der Kompromisslosigkeit Jesus getragen wissen sollen, der die Leiden und Schmerzen am Kreuz ertrug und bis in den Tod ging. Diese beispielhafte Kompromisslosigkeit soll uns Mut geben, damit wir in der Nachfolge nicht aufgeben.

Der Aufruf zum Kampf gegen die Sünde wirft die Frage nach einem heute angemessenen Verständnis aus. Wie sehen die Sünden unserer Welt heute aus? Global betrachtet ist es oft leicht: Armut, Arbeitslosigkeit, moderner Sklavenhandel, Flucht, Krieg, Raubbau an der Natur... Die Liste kann je nach tagespolitischem Geschehen konkretisiert werden. Die schwerer zu beantwortende Frage ist die nach unseren eigenen Sünden und Fehltritten. Wo versündigen wir uns an unserer Umwelt, den Mitmenschen, an uns selbst, an Gott?

Wir sind aufgerufen mit unseren Mitteln gegen die Sünde zu kämpfen – für ein besseres Leben, im Großen wie im Kleinen.

 

S. Bischof