13. Sonntag nach Trinitatis / 22. Sonntag im Jahreskreis (30.08.15)

VorschlÀge der Perikopenrevision (EKD/VELKD/UEK): 1Joh 4,7-12;
3Mose 19,1-
3.13-18.33-34;
Mk 3,31-35; 1Mose 4,1-16a; Apg 6,1-7; Lk 10,25-37 [www.stichwortp.de]

 

13. Sonntag nach Trinitatis / 22. Sonntag im Jahreskreis

ev. Predigttext kath. 1. Lesung kath. 2. Lesung kath. Evangelium
Lk 10, 25-37 Dtn 4, 1-2.6-8 Jak 1, 17-18.21b-22.27 Mk 7, 1-8.14-15.21-23

Der Autor betrachtet den Text der ev. Perikopenordnung und den Text zur zweiten kath. Lesung.

Lukas 10, 25-37

Was hat „ewiges Leben“ (Vers 25) mit Nachhaltigkeit zu tun? Nun ja, rein zeitlich betrachtet ist „Ewigkeit“ schon ziemlich nachhaltig...
Doch worum geht es dem Schriftgelehrten bei seiner Frage? Oder wichtiger ist: Worum geht es mir heute, wenn ich mich dieser Frage des Schriftgelehrten nÀhere, oder sie zu meiner Frage mache?
Geht es mir etwa darum: „Wie komme ich in den Himmel?“? Nein, ich möchte mich nicht einer „moralischen“ oder „moralisierenden“ Auslegungstradition dieses Textes anschließen. Mir geht es nicht um das Jenseits, nicht um den transzendenten Himmel. Und erst recht nicht darum, was ich tun kann – oder auch nicht tun darf - , „um in den Himmel zu kommen“.
Ewiges Leben ist das Leben heute, hier, im Diesseits. Und es ist eher eine qualitative Aussage ĂŒber Leben als eine zeitliche. Zugegeben: das bricht diese philosophische, theoretische, sakrale Frage des Schriftgelehrten sehr weit runter ins Praktische, ins Irdische – aber macht Jesus nicht etwas Ă€hnliches im Verlauf des Textes?

Also begegne ich diesem Text mit der Frage: Wie kann ich mein Leben so gestalten, dass es „ewig sinnvoll“ oder „ewig wertvoll“ ist? Wie kann ich so leben, dass es Leben fördert – mein eigenes Leben und das Leben meiner Mitmenschen und Mitgeschöpfe? Oder anders herum: Wie kann ich so leben, dass ich möglichst wenig zerstöre, verschwende, ausnutze? Die Frage „Wie kann ich Anteil am ewigen Leben bekommen?“ lĂ€sst sich durchaus als die Frage nach einem nachhaltigen Lebensstil verstehen!

In dieser konkreten Begegnung zwischen Jesus und dem Schriftgelehrten konzentriert sich die Beantwortung der Frage auf die zwischenmenschliche Ebene. Hier geht es nicht um ökologische Verantwortung, um Ressourcenverschwendung oder Umweltzerstörung. Durch die Beispielgeschichte vom barmherzigen Samariter dreht Jesus auf beeindruckende Weise die Frage des Schriftgelehrten „Wer sind meine NĂ€chsten?“ um in die Frage „Wer von den dreien ist dem Verwundeten zum NĂ€chsten geworden?“

In Vers 33 findet sich m.E. der zentrale Satz, von dem aus unser Engagement fĂŒr Mitmenschen, Mitgeschöpfe und „Mitwelt“ zu entfalten ist: „Da kam einer aus Samaria des Weges, sah ihn und hatte Mitleid mit ihm.“[1]

Sehen, Hinsehen – nicht voyeuristisch oder sensationsgeil. Sondern so hinsehen, dass es uns berĂŒhrt. Dieses Hinsehen fĂŒhrt beim Samariter zu Mitleid, woraus dann die Motivation zu helfen und zu handeln erwĂ€chst.
Diese Haltung des Hinsehens „wird so zum Quell tiefen MitgefĂŒhls mit allen Leidenden. Und daraus entsteht heute mehr denn je in der Geschichte der Menschheit ein Impuls zur Beseitigung der Ursachen von Leid. Es entsteht Weltverantwortung.“[2]

Jakobus 1, 17-18.21b-22.27

Im Jakobus-Brief finden sich vor allen Dingen viele konkrete ethische Handlungsanweisungen. Er wird – gerade aus protestantischer Sicht – hĂ€ufig in die Ecke der Werkgerechtigkeit gestellt.[3]

In den konkreten Versen fĂŒr die 2. kath. Lesung finden sich keine Anweisungen, die im Blick auf Nachhaltigkeit zu interpretieren sind.
Allerdings sei auf die Übersetzung von Vers 27 nach der Bibel in gerechter Sprache hingewiesen:
„Die GottesglĂ€ubigkeit, die Gott akzeptiert, ist diese: die Waisen und Witwen in ihrer Not zu besuchen und sich nicht in die Ausbeutungsstrukturen der Welt verwickeln zu lassen.“

Der letzte Teilvers ist so sicherlich nicht besonders glatt und wohlklingend ĂŒbersetzt, doch macht der Begriff „Ausbeutungsstrukturen der Welt“ ein weites Feld auf, das gut mit sĂ€mtlichen Themen der Nachhaltigkeit verknĂŒpft werden kann.

Rainer Gertzen, DĂŒsseldorf


[1]      Übersetzung nach der Bibel in gerechter Sprache.
[2]      Gerhard Breidenstein: Der SchlĂŒssel zur Welt, aus Publik-Forum Nr. 14, 2014, S. 26.
[3]      Luther bezeichnet den Jakobusbrief als „eine recht stroherne Epistel“ (Luthers Vorreden zur Bibel).