13. Sonntag nach Trinitatis / 23. Sonntag im Jahreskreis (10.09.17)

13. Sonntag nach Trinitatis / 23. Sonntag im Jahreskreis 2017 [III/A]

ev. Predigttext kath. 1. Lesung kath. 2. Lesung kath. Evangelium
Mk 3, 31-35 Ez 33, 7-9 Röm 13, 8-10 Mt 18, 15-20

Zur Einstimmung

In den vorliegenden Texten wird von der Nachhaltigkeits-Trias ökonomische Nachhaltigkeit, ökologische Nachhaltigkeit und soziale Nachhaltigkeit[ii] vor allem der letzte Aspekt betont. Die Texte  deuten in unterschiedlicher Weise daraufhin, dass gelingendes soziales Leben Regeln braucht, nach denen die Gemeinschaft untereinander funktioniert, bis die Gerechtigkeit Gottes das Zusammenleben vollendet. In den Texten lassen sich ethische Maßstäbe erkennen, die je nach biblischem Hintergrund und Verfassungszeit etwas unterschiedlich akzentuiert werden.

Markus 3, 31-35

Was zunächst wie ein Affront gegen die eigene Familie wirkt, erweist sich bei genauerem Hinsehen als Öffnung der Gemeinschaft um Jesus Christus: alle sind Jesus ebenso verbunden wie seine leiblichen Angehörigen, wenn sie den Willen Gottes tun. Im Namen Gottes gehören Menschen wie in einer großen Familie zusammen, sie sind in ihrer menschlichen Grundsituation und in ihrem Angewiesen sein auf leibliche und geistliche Nahrung einander gleich, woher sie auch kommen und wo sie auch leben. Und weil Menschen sich ähneln und immer angewiesen sind auf Liebe, auf Nahrung, auf Obdach, auf Gerechtigkeit, auf Bildung und auf Ressourcen auch in Zukunft, können sie nur gemeinsam und nicht gegeneinander überleben.

Wie insgesamt im Markusevangelium steht auch hier die Frage im Hintergrund, wie sich Jesu Leben, Sterben und Auferstehung im Leben der Gemeinschaft auswirkt. Jesu Aussage macht deutlich, dass das Handeln im Sinne Gottes die Menschen miteinander und mit ihm verbindet.

Wer den Willen Gottes tut, ist eingebunden in das Versöhnungsgeschehen, eingebunden in die große Menschengemeinschaft, die gemeinsam auf die Vollendung von Gerechtigkeit und Frieden im Reich Gottes hofft. Auf dem Weg dorthin gilt die Verbundenheit mit allen Menschen als Maßstab für das eigene Handeln und die eigene Verantwortung.

Matthäus 18, 15-20

Was ihr auf Erden binden werdet… Die Pointe des vorliegenden Textstückes aus dem Matthäusevangelium steht durch ihre Wirkungsgeschichte immer in der Gefahr, zu absolut gedeutet zu werden: sind wirklich wir Menschen diejenigen, die binden und lösen im Himmel und auf der Erde? Was im historischen Kontext des Matthäusevangeliums vermutlich lediglich kühn und gewagt erschien, erwies sich im Laufe der Geschichte an mancher Stelle als Selbstüberschätzung und Hybris.

Im Blick auf Nachhaltigkeit macht der Satz aber deutlich, dass das, woran sich Menschen binden und was sie für  wichtig erachten auch über das irdische Wirken und die begrenzte menschliche Entscheidung hinaus Folgen zeigt. Weil es wirklich um „alles“ geht, ist auch der Umgang der Gemeinde mit denjenigen, die sich nicht an die Regeln halten, so bedeutungsvoll. Die vorangehenden Verse machen deutlich, dass ein Vergehen gegen soziales Verhalten und die Gefährdung des menschlichen Lebens eine mehrstufige Reaktion der Gemeinschaft verlangen. Die Klarheit der Position einerseits und das Festhalten an der Zugehörigkeit trotz abtrünnigen Verhaltens andererseits werden so zum deutlichen Merkmal christlicher Gemeinde. Im äußersten Fall bleibt der Unbeirrbare Gott überlassen. Doch zuvor soll alles versucht werden, um die Gemeinschaft aufrecht zu erhalten.

Römer 13, 8-10

Paulus kennt die Adressaten in Rom nicht persönlich. So ist der Römerbrief eher ein theologisches Traktat als ein Brief, das er an die heidenchristliche Gemeinde in Rom in einer Situation  schreibt, in der die Spannungen zwischen Heidenchristen und Judenchristen wachsen. Deshalb hat Paulus in seinem gesamten Brief die Überlebensfähigkeit der Gemeinde im Blick, die langfristig nur als integrierte Gemeinde aus Judenchristen und Heidenchristen überleben kann. Nachhaltigkeit heißt deshalb an dieser Stelle, dass notwendige Veränderungen die Christengemeinschaft nach vorne bringen und überlebensfähig machen müssen. Die Zuspitzung der tradierten Gebote auf das Liebesgebot will den Weg zu dieser Entwicklung weisen und alle Beteiligten dabei mitnehmen.

Barbara Deml



[i] Den Überlegungen zu liegt Lutherübersetzung 1984 zugrunde.

[ii] Vgl. das Drei-Säulen-Modell der Enquete-Kommission des Deutschen Bundestages, Bericht der Brundtland-Kommission (1987). Der Abschlussbericht der Brundtland-Kommission „Unsere gemeinsame Zukunft“ ist deswegen so bedeutend für die internationale Debatte über Entwicklungs- und Umweltpolitik, weil hier erstmals das Leitbild einer „nachhaltigen Entwicklung“ entwickelt wurde. Die Kommission versteht darunter eine Entwicklung, „die den Bedürfnissen der heutigen Generation entspricht, ohne die Möglichkeiten künftiger Generationen zu gefährden, ihre eigenen Bedürfnisse zu befriedigen und ihren Lebensstil zu wählen.“