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Ps 16,(1-4)5-11 | Jes 50, 5-9a | Jak 2, 14-18 | Mk 8, 27-35 |
Ps 16, (1-4) 5–11: Den Weg des Lebens erkennen
Wie finde ich meinen Lebensweg? Der Psalm singt in sanften Klängen vom Glück, mit Gott unterwegs zu sein. Mit Gottes Rat gibt es kein Wanken, weder innerlich noch äußerlich, ich wohne in Sicherheit. Es klingt fast zu einfach, zu leicht, zu sorglos. Doch manchmal ist es so: wenn ich dem treu bleibe, an den ich mich gebunden habe, wenn ich mich auf Gott verlasse, dann kann ein Gefühl von Standfestigkeit, von Sicherheit entstehen. Dann kann so etwas wie Freude aufkommen aus einer Gewissheit heraus, auf dem richtigen Weg zu sein. Dann wird Lebendigkeit spürbar, eine einzige Wonne, der ich mich hingeben darf.
Haben wir verlernt, solche Momente wahrzunehmen? Haben wir verlernt, mit Gott, bei Gott zu sein und an seiner Seite durchs Leben zu gehen? Haben wir aufgehört, uns über dieses Glück zu freuen? Lebensfreude pur, weil ich in der Spur bin, in meiner Spur, in Gottes Spur. Ohne Wanken, Schritt für Schritt, hörend, sehend. Der Weg des Lebens tut sich auf, findet mich. Mit Gott an meiner Seite gelingt das.
Jes 56, 5-9a: Gastfreundschaft pur!
„Willkommen! Herzlich willkommen in meinem Haus: Ihr Fremden, Übersehenen, Ausgeschlossenen, Erniedrigten, Entwurzelten, Versprengten, Heimatlose, ihr Zurückgestossenen, ihr Unbehausten. Wohnt in meinem Haus. Ihr seid gerufen, seid eingeladen. Ihr gehört zu meinem Volk, ihr seid zu meinen Söhnen und Töchtern geworden. Weil ihr meiner gedenkt, weil ihr glaubt, weil ihr den Sabbat heiligt, den ich geheiligt habe. Ein Tag des Aufatmens. Ein Tag, an dem meine Gerechtigkeit allen zuteil wird. Ein Tag der Freude und der Gemeinschaft der Glaubenden.“
Die Gastfreundschaft Gottes legt andere Kriterien der Teilhabe zugrunde, als wir sie uns angewöhnt haben. Sie setzt andere Maßstäbe, die unsere Systeme durcheinanderbringen, sie an die Grenzen bringen und durchbrechen. Gastfreundschaft Gottes sieht den Menschen, liebt den Menschen bedingungslos, der den Ruf hört und die Einladung Gottes annimmt. Gastfreundschaft Gottes sammelt Menschen, die sich in Gott beheimaten als seine Geschöpfe, als seine Kinder.
Gastfreundschaft Gottes sprengt jeden Rahmen durch Wohlwollen, durch Zuneigung, durch Herzensworte. Von Gott zu Mensch, von Mensch zu Mensch, von Mensch zu Gott.
Jak 2, 14-18: Glauben und Tun gehören zusammen.
Warme Worte reichen nicht. Wohlwollen allein auch nicht. Glauben auch nicht, wenn es folgenlos bleibt. Dann sind es leere Floskeln, hohle Formeln. Sie mögen gut klingen, aber sie haben keine Relevanz.
Handeln allein ist genauso zu wenig. Weil ihm die Basis fehlt. Weil es zu leicht in Selbstdarstellung abgleiten kann.
Glauben und tun gehören zusammen. Glauben und tun darf nicht gegeneinander ausgespielt werden. Es sind zwei Seiten einer Medaille. Beides ist nötig, um gut leben zu können. Den Nächsten sehen und lieben, nicht um selbst gut da zu stehen, sondern um Gottes willen. Gott lieben und im Dienst am Nächsten Gott dienen.
Den Nächsten Gutes tun, um Gottes Liebe sichtbar und spürbar zu machen. An Gott glauben, ohne den Nächsten aus dem Blick zu verlieren. Handeln aus gutem Grund. Glauben mit gutem Grund.
Mk 8, 27–35: Sein Kreuz auf sich nehmen heißt: Augen auf! …
Der christliche Glaube schiebt das Kreuz, das Leiden und die Ungerechtigkeit nicht weg, übergeht all das nicht, sondern stellt das Kreuz in den Mittelpunkt des Glaubens. Tod, Schmerz, all das, wofür das Kreuz steht, werden nicht kleingeredet. Daran darf nicht vorbeigeschaut werden. Die Frage, die Klage, warum Gott Leid und Schmerz nicht verhindert, muss stets gestellt werden, zusammen mit der Frage, warum Menschen nicht aufhören, einander Böses anzutun. Daran erinnert uns das Kreuz jeden Tag. Gewöhnt euch nicht daran, findet euch nicht damit ab, bringt zur Sprache, was verschwiegen wird und steht denen zur Seite, die niemanden haben. Macht die Augen auf, schaut hin, geht nicht vorüber, wendet euch nicht ab, haltet mit aus.
Das ist die Antwort auf die Frage Jesu: Ihr aber, für wen haltet ihr mich? Anders formuliert: Gilt eure Begeisterung noch, wenn es schwierig wird? Bekennt ihr euch zu mir, wenn alles dagegen spricht? Haltet Ihr durch, wenn Eure Geduld längst schon am Ende ist? Bleibt ihr eurem Glauben treu, wenn der Zweifel größer ist als die Gewissheit, wenn die Frage nach Gott im Schweigen mündet?
… und die Ohnmacht in Stärke wandeln
Petrus und vielleicht auch wir überhören manchmal den halben Satz, der zur Leidensankündigung dazu gehört: „und nach drei Tagen auferstehen“. Wenn wir das Kreuz Jesu mit dem Glauben an die Auferstehung verbinden, wird es dadurch nicht kleiner oder weniger schrecklich. Doch die Auferstehung Jesu zeigt, dass mit dem Kreuz nicht das Ende erreicht ist, dass es nicht beim Schweigen bleiben muss. Es gibt eine Antwort, die „Leben“ heißt. Ein Leben, das anders sein mag als wir das geplant oder uns vorgestellt haben. Ein Leben, das Höhen und Tiefen enthält und trotzdem lebenswert ist. Ein Leben, das dem Tod die Hoffnung des Ostermorgens entgegenhält. So wandeln die täglichen Übungen, in denen wir unser Kreuz auf uns nehmen, mit denen wir Nachfolge erfahren, unsere Ohnmacht in Stärke. Eine Stärke, die aus dem Glauben kommt, dass das Kreuz nicht am Ende steht. Eine Stärke, die aushält, die durchhält und in der die Kraft für Veränderung steckt. Nachfolge heißt dann: das Leben leben. Geduldig. Mit Gott. Jeden Tag.
Barbara Janz-Spaeth, Diözese Rottenburg-Stuttgart