Letzter Sonntag nach Epiphanias / 2. Sonntag im Jahreskreis
ev. Predigttext | kath. 1. Lesung | kath. 2. Lesung | kath. Evangelium |
2 Kor 4, 6-10 | Jes 62, 1-5 | 1 Kor 12, 4-11 | Joh 2, 1-11 |
Noch ist das neue Jahr recht jung an diesem 17. Januar und das Christfest in guter Erinnerung. Da tut es gut, am letzten Sonntag nach Epiphanias mit einem festlichen Gottesdienst die Weihnachtszeit zu beschließen: noch einmal das Licht sehen, das die Dunkelheit durchbricht; noch einmal das Wort hören, das in unser Leben spricht; noch einmal das Lied singen „Jesus ist kommen - Grund ewiger Freude“. Und Kraft und Atem schöpfen, Hoffnung und Trost für das Glauben und Handeln im manchmal grauen und rauen Alltag.
2. Korinther 4, 6-10: Licht in der Finsternis – Schatz in zerbrechlichen Gefäßen
Auslegung des Textes
An der Schnittstelle zwischen der zurückliegenden Weihnachts- und kommenden Passionszeit leuchtet in dieser Perikope noch einmal das Licht des Christusfestes auf, das die Dunkelheiten dieser Erde durchbrechen und die Finsternisse des Lebens aufhellen will. Zugleich mischen sich die gedeckten Farben der Endlichkeit und Beschwerlichkeit in das helle Bild des Lichtes und zeigen das Spannungsfeld an, in dem das Leben geschieht.
Angesichts kritischer Anfragen und verbaler Angriffe aus der Gemeinde in Korinth legt Paulus in diesem Kapitel dar, wie er sein Amt als Apostel und seine Mission als Mitteiler des Evangeliums versteht: Nichts und niemand anderer als Christus soll in seinen Worten und Taten zu Wort kommen und als der eine Herr und wahre Kyrios verkündigt werden. Der Barmherzigkeit wie der Wahrheit verpflichtet (V. 2f.) sucht Paulus Wege, das helle Licht des Evangeliums zu den Menschen zu bringen (V. 5). Nicht er, Paulus, ist diese Lichtgestalt, sondern allein Christus. Nicht er, Paulus, kann die Schrecken der Finsternis bannen und das Dunkel des Todes bezwingen, sondern das ist alleine Gottes Sache. Der am Anfang der Schöpfung das Licht des Himmels schuf (V. 6), der hat an Weihnachten dieser Erde das Licht der Welt geschenkt, Christus Jesus.
Bei Jesus muss niemand im Finsteren oder Halbdunkel bleiben, gerade der Kleinen und Schwachen nimmt er sich an und holt die Menschen aus dem Schatten, die durch Bosheit oder Krankheit, eigenes oder fremdes Unrecht im Abseits stehen. Menschen erleben: Durch Christus wird mein Leben hell und neu, in seinem Licht erkenne ich mich und sehe meinen Nächsten. Sein Leuchten bringt diese Welt zum Strahlen, darum kann auch ich strahlen und ausstrahlen - Freude, Wärme und Liebe, Hoffnung, Eifer und Geduld.
Wie ein kleines getöpfertes Windlicht und ein ölgetränkter Docht den Raum erhellen, Glanz und Wärme verbreiten, so auch kann mein alltägliches Leben zum Licht- und Christusträger werden, Frieden und Freude stiften, ein himmlischer Schatz in einem zerbrechlichen Gefäß (V. 7). Doch wie gefährdet und fragil dieses Leben in der Tat sein kann, verschweigt Paulus nicht: Bedrängt und verängstigt, verfolgt und unterdrückt, ein Leben im Zeichen des Kreuzes, gezeichnet mit dem Tod Jesu (V. 8-10). Allesamt hinreichend bekannte und gefürchtete Aggregatzustände des Lebens, gänzlich unbeliebt und gerne gemieden.
Doch anders als so, den Gefahren ausgesetzt und unbehaust, ist das Licht Christi nicht zu haben, um den wahren Schatz dieser Gottesgaben zu erleben: Bedrängt, aber nicht verzagt; verfolgt, aber nicht verlassen; unterdrückt, aber nicht ausgelöscht; gezeichnet mit dem Sterben Jesu, aber noch vielmehr mit der Auferstehung Christi. Ein Leben mit Widrigkeiten und Widerständen, unbequem und ungesichert, streitbar und angefochten. Ein Leben aber, das anders als gewohnt nicht auf die eigene Stärke setzt, sondern ganz und gar mit der Kraft Gottes in aller Schwachheit rechnet (V. 7). Diese überschwängliche Kraft bewahrt das zerbrechliche Gefäß, das Leben heißt, auch noch im Straucheln und Fallen und rettet es durch den Tod hindurch.
Das ist die Gewissheit und Zuversicht, aus der heraus Paulus sein Leben versteht, seine Hoffnung atmet, seine Kraft schöpft. Seinen Schatz bunkert er nicht auf einem anonymen Nummernkonto, sondern trägt den Namen Christi wie eine leuchtende Laterne vor sich her. Er macht sich keine Illusionen über drohendes Unheil oder lauernde Gefahren und vertröstet weder sich noch andere auf ein leichteres Jenseits. Er hält den zahlreichen Widerständen nichts mehr als seinen Glauben entgegen und traut darauf, dass Gott es ist, der ihn als irdenes Gefäß oder „armseliges Würstchen“ (Volxbibel) leitet und begleitet, aufrichtet und bewahrt.
Bezüge zur Nachhaltigkeit
- Das Licht in der Finsternis
Das erste und nachhaltigste Werk der Schöpfung ist die Erschaffung des Lichtes, das sowohl nach Genesis 1, 3 wie auch nach Überzeugung der Naturwissenschaften überhaupt die Voraussetzung für die weitere Entwicklung des Lebens auf dieser Erde ist. Das Licht von Sonne und Mond und damit verbunden der Wechsel von Tag und Nacht, Jahreszeiten und Vegetationszyklen erhält auch heute noch das Leben von Menschen, Tieren und Pflanzen. Diese elementare Beschreibung des Lichtes als unverzichtbare Lebensgrundlage und Quelle des Daseins verbindet sich in der Bibel vielfach mit Bildern für Gott (z.B. Psalm 27,1) und Jesus Christus (Johannes 8, 12) sowie mit dem Leben der Christen (Matthäus 5, 13). Im vorliegenden Predigttext zieht Paulus sogar eine Analogie zwischen der Erschaffung des Lichtes und der Erleuchtung durch Christus (V. 6): beide sind Schöpfungen Gottes, einzig von ihm geschenkt, frei und unverfügbar; und beide sollen den Menschen helfen, im Licht des Himmels und im Licht Gottes zu leben.
- Der Schatz in zerbrechlichen Gefäßen
Von allen Seiten bedrängt, verängstigt, verfolgt und unterdrückt: das ist bittere Lebensrealität für viele Menschen, die wegen ihres Glaubens, ihrer politischen, religiösen oder sexuellen Orientierung angepöbelt und angegriffen, verleumdet und verletzt, eingesperrt und ausgegrenzt werden. Insbesondere die systematische und brutale Verfolgung von Christen, aber auch von gemäßigten Muslimen und Anhängern der Bahai-Religion durch islamistische Fundamentalisten hat in den vergangenen Jahren auf erschreckende Weise zugenommen und damit das Thema Christenverfolgung ganz neu in die Gebetskalender von Kirchen und Gemeinden getragen. Den Opfern religiös-fanatischer Gewalt zu gedenken, für sie und ihre Angehörigen zu beten und den bedrängten Gemeinden durch Kollekten und Spenden beizustehen, gehört seit der Urchristenheit zur unbedingten Fürsorge und Solidarität der Kirche und ist gegebenenfalls heute neu einzuüben, verbunden durchaus mit lautstarken Protesten und Petitionen an die politisch Verantwortlichen, mit bürgerschaftlichem Engagement für Menschenrechte und Glaubensfreiheit in allen Ländern dieser Erde.
Anregungen zur Predigt
Weihnachten und Ostern sind die Lichtfeste des Kirchenjahres mit Kerzenschein und Lichterglanz. Beide Zeiten brauchen und ergänzen einander - und treffen sich am letzten Sonntag nach dem Erscheinungsfest. Aber das Licht an Epiphanias leuchtet weder vom Weihnachtsbaum noch von der Osterkerze, sondern flackert aus einem irdenen Gefäß, einem einfachen tönernen Schälchen mit etwas Öl und einem Docht.
Doch so unscheinbar das kleine Öllämpchen mit dem schwankenden Öl und der zitternden Flamme auch ist, es hat viel zu erzählen: Seine eigene Geschichte vom Töpfern und Drehen auf der Scheibe, dem Brennen im Ofen, vom Dienst als Hauslampe oder Handleuchte, von der Angst, ausgeblasen oder fallengelassen zu werden, von Macken und Rissen, die das Leben als irdenes Gefäß so mit sich bringt.
Das kleine Öllämpchen weiß aber noch mehr zu sagen: Die Geschichte des Paulus zum Beispiel, von seiner Feindschaft gegen Christus und die Berufung durch Gott, von seinem Eifer für das Evangelium und die vielen Hürden auf dem Weg, von seinen Stärken und Schwächen, seinen Zweifeln und Kämpfen für die Wahrheit, die das Leben als Gefäß der Liebe Christi ihm eingebracht hat.
Und so könnte die schlichte Öl-Lampe auf der Kanzel nicht nur für sich glänzen und flackern, sondern mit ihren Ängsten und Hoffnungen, mit Freuden und Plagen denen Mut machen, die unter der Kanzel sitzen und sich auch oftmals fühlen wie irdenes Geschirr, das mal hier, mal da an- und abgestoßen, hin- und hergeschubst wird; die sich als ganz kleines Licht erleben und kaum glauben können, dass da in ihrem Inneren noch ein Funke glimmt.
Solch irdenen Gefäßen in Kleid und Hose könnte die tönerne Lampe frischen Wind und Mut zufächeln, ihnen vom Schatz des Lebens vorschwärmen und ihnen eine neue Begeisterung einhauchen, die Flamme des Glaubens neu anfachen. So hieß es doch bei Paulus „Derselbe Gott, der gesagt hat: »Aus der Finsternis soll Licht hervorstrahlen!«, der hat es auch in unseren Herzen hell werden lassen, sodass wir in der Person von Jesus Christus den vollen Glanz von Gottes Herrlichkeit erkennen.“ Dieser großen Lichtschatz ist uns geschenkt – in Herz und Sinn, in unserem Leben und Sterben und in dem kleinen irdenen Öllämpchen auf der Kanzel: Gott sei Dank!
Martin Ahlhaus