Vorletzter Sonntag im Kirchenjahr / 33. Sonntag im Jahreskreis
ev. Predigttext | kath. 1. Lesung | kath. 2. Lesung | kath. Evangelium |
Hiob 14, 1-6 (7-12) 13 (14) 15-17 | Mal 3, 19-20b | 2 Thess 3, 7-12 | Lk 21, 5-19 |
Mal 3, 19-20b
Unsere Lesung stellt die Ankündigung des Tages des Herrn in den Kontext der Frage nach dem Sinn des Lebens gemäß Gottes Geboten. Lohnt es sich moralisch zu handeln? Lohnt sich der Einsatz für Nachhaltigkeit und sozialer Gerechtigkeit? Vielmehr scheint es doch so zu sein, als ob es denen, die sich nur für sich und ihr eigenes Wohlergehen interessieren, besser ginge. Diese Haltung wird in den Worten des Propheten wie folgt ausgedrückt: „Es hat keinen Sinn, Gott zu dienen" (3,14) und „die Frevler haben Erfolg" (3,15). Die empfundene Hoffnungs- und Sinnlosigkeit eines solchen Engagements wird heute oftmals in der spöttischen Bezeichnung des „Gutmenschen" für den angeblich naiven Weltverbesserer zum Ausdruck gebracht.
Maleachi will mit seiner Gerichtsankündigung dem Gerechten Mut machen: „Dann werdet ihr wieder den Unterschied sehen zwischen dem Gerechten und dem Frevler, zwischen dem, der Gott dient, und dem, der ihm nicht dient". Genau dieser Unterschied soll am Tag des Gerichts zum Vorschein kommen: Der Tag wird die Frevler verbrennen, dem Gottesfürchtigen wird jedoch „die Sonne der Gerechtigkeit aufgehen". Die Sünden, die laut Maleachi gestraft werden sollen, beinhalten neben Übertretungen kultischer Vorschriften auch Verstöße gegen Grundprinzipien sozialer Gerechtigkeit: Der Herr tritt als Zeuge auf „gegen alle, welche die Taglöhner, Witwen und Waisen ausbeuten, den Fremden im Land ihr Recht verweigern" (3,5).
Der Prophet zeigt auf, dass Gott nicht allein die rechte Anbetung und Heiligkeit im persönlichen Leben wichtig sind, sondern dass eine rechte Beziehung zu ihm auch zu einer gerechten Gesellschaft führen soll. Das Gericht Gottes ist ein Thema für welches sicherlich heutzutage unter vielen Gläubigen nur wenig Verständnis aufgebracht wird. Schnell kommen da einseitige Bilder eines rachsüchtigen Gottes auf, jedoch geht es dem Propheten nicht um ein Gericht um des Gerichtes, sondern um der Gerechtigkeit willen! Gott ist es, der Gerechtigkeit schaffen will und wird. Und bereits jetzt sind wir dazu aufgerufen, uns an Gottes Seite zu stellen und uns für den Unterdrückten einzusetzen.
2 Thess 3, 7-12
In diesem Text werden Gemeindemitglieder getadelt, die „ein unordentliches Leben führen und alles Mögliche treiben, nur nicht arbeiten" (3,11). Es ist nicht klar, aus welchen Gründen diese Christen nicht arbeiten wollten. War die Naherwartung des Kommens Christi der Grund (vgl. 2,1-3)? Oder dachten sie, dass das geistliche Leben sie von solch irdischen Dingen befreite? Paulus gibt uns auf diese Fragen keine Antworten. Was er aber deutlich macht, ist dass er menschlicher Arbeit einen hohen Stellenwert beimisst. Arbeit steht nicht im Gegensatz zum Leben als Nachfolger Christi. Er selbst war den Thessalonichern ein Vorbild gewesen, indem er auf finanzielle Unterstützung durch die Gemeinde verzichtete und stattdessen selbst für seinen Lebensunterhalt aufkam: „Tag und Nacht haben wir gearbeitet, um keinem von euch zur Last zu fallen" (3,8).
Während in der griechisch-römischen Kultur Arbeit, insbesondere körperliche Arbeit, gering geschätzt wurde, zeigt Paulus uns hier den großen Wert menschlicher Arbeit auf. Damit vertritt er eine charakteristisch jüdische Sichtweise. Von Rabbis wurde erwartet, dass sie ein Handwerk erlernten und damit für den eigenen Lebensunterhalt sorgten. Und auch Paulus selbst war während seines apostolischen Dienstes als Zeltmacher tätig. Beim ersten Hören kann dieser Text bei Menschen, die verzweifelt eine Arbeit suchen, oder aber berufsunfähig sind, sicherlich eine sehr negative Reaktion hervorrufen. Es ist deshalb wichtig zu betonen, dass Paulus gerade diese Menschen nicht tadelt! Seine ganze Kritik an den „Unordentlichen" in Thessalonich beruht darauf, dass es sich dort um Arbeitsverweigerer handelte. Dieser Text sollte uns klarmachen, dass etwas so Wichtiges und Grundlegendes wie Arbeit jedem Menschen zugänglich gemacht werden muss. Arbeit ist nicht ein Fluch, sondern Teil der Schöpfungsordnung (1.Mose 2,15) und es ist somit unmenschlich, Hürden zu errichten, durch welche das Finden einer Beschäftigung erschwert, oder gar unmöglich gemacht wird. Der Zweck der Arbeit besteht laut Paulus darin, dass der Mensch sein „eigenes Brot essen" kann, sich also selbst versorgen kann, ohne dabei auf die Hilfe anderer angewiesen zu sein. Der Lohn soll zum Leben reichen, ohne dass durch Sozialleistungen aufgestockt werden muss.
Für eine gerechte Gesellschaft nach christlichen Werten sollte dies eine Selbstverständlichkeit sein. Wir können aus unserem Text außerdem die Großherzigkeit der frühen Kirche erkennen: Paulus setzt voraus, dass sich die Gemeinde um diejenigen kümmert, die sich in Not befinden und nicht in der Lage sind, für ihren eigenen Lebensunterhalt zu sorgen (3,10; vgl. Eph 4,28). Gerade wegen der Fürsorge der Kirche für ihre Mitglieder kritisierte er das Verhalten der „Unordentlichen" so scharf, da sie damit der Gemeinde zur Last fielen. Das selbstlose Sorgen für die Notleidenden war für die frühe Kirche selbstverständlich. Selbst kleine Hausgemeinden waren anscheinend in der Lage für ihre Gemeindemitglieder zu sorgen, was ein großes Engagement eines jeden Einzelnen verlangte. Dieser Text fordert uns auch heute heraus, diese tätige Nächstenliebe in unseren Gemeinden zu kultivieren.
Lk 21, 5-19
Die biblischen Endzeitberichte werden immer häufiger mit dem Klimawandel in Verbindung gebracht. Und tatsächlich muss man feststellen, dass die Dinge, die in Jesus Endzeitrede erwähnt werden, wie z.B. Erdbeben, Hungersnöte und Seuchen, von Wissenschaftlern als Folgen des Klimawandels erkannt worden sind. Selbst Kriege gelten als eine mögliche Konsequenz des Klimawandels. Unser Evangelium hat somit eine besondere Relevanz für uns gewonnen, denn das dort beschriebene Szenario ist für die meisten nicht länger abwegig, sondern greifbar geworden, denn die Medien scheinen uns beinahe täglich mit Berichten von Kriegen und Naturkatastrophen zu konfrontieren. Und mit der Theorie der globalen Erderwärmung sind diese Ereignisse nicht mehr voneinander losgelöste Zufälle, sondern es ist ein umfassendes Modell vorhanden, das diese Geschehnisse zueinander in Beziehung setzt, erklärt und uns vor noch schlimmeren Horrorszenarien warnt. Leben wir also in der Endzeit? Es ist Zurückhaltung geboten, denn die Heilige Schrift warnt vor wilden Spekulationen (Mk 13,32). Auch wenn hier keine gewisse Antwort gefunden werden kann, führt uns die Endzeitrede die Ernsthaftigkeit der gegenwärtigen Lage auf besondere Weise vor Augen: der Mensch hat sich durch grenzenlose Gier eine Situation geschaffen, die zumindest apokalyptische Züge besitzt.
Gläubige könnten argumentieren, dass der Klimawandel vorherbestimmt und damit nicht aufzuhalten sei. Und tatsächlich wurden unter diesem Vorwand insbesondere von konservativen Christen in den USA alle Bestrebungen und Maßnahmen zur Reduzierung von CO2 Emissionen verhindert. Allerdings sollte gerade der Kontext unserer Perikope deutlich machen, dass die dort erwähnten Zeichen allesamt negativ dargestellt werden und keineswegs ein passives Hinnehmen, oder gar eine aktive Beteiligung an der Zerstörung der Umwelt eine Antwort sein kann. Müsste man Erdbeben, Hungersnöte und Seuchen als Folgen des Klimawandels einfach hinnehmen, so würde daraus folgen, dass auch ungerechte Kriege (21,9), falsche Messiasse (21,8) und Verfolgung (21,12-19) akzeptiert werden müssten. Die Gemeinde ist dazu aufgerufen, nicht müde zu werden, Gutes zu tun (2. Thess 3,12) und selbst wenn es die letzte Stunde sein sollte, sind doch selig, die der Herr wachend findet (Lk 12,37).
Marc Jankowski, Mönchengladbach