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Phil 3, (4b-6) 7-14 | Jer 38, 4-6.8-10 | Hebr 12, 1-4 | Lk 12, 49-53 |
Zur evangelischen Perikope: Phil 3, 7 – 14
Zentral ist diese Aussage von Paulus: «Wenn ich nur Christus gewinne und in ihm meine Heimat finde.» Was meint Paulus, wenn er schreibt, er würde in Christus seine Heimat finden?
Ich sehe in ihm einen Menschen, der sehr engagiert war; sehr eifrig unterwegs. Er unterteilt sein Leben in ein Vorher und ein Nachher. Bevor er in Christus seine Heimat gefunden hat und Danach. Engagiert war er immer.
Gemäss seinen eigenen Schilderungen war er in seinen jüngeren Jahren vor allem mit sich selbst beschäftigt. Er war fromm und wollte fromm sein, weil er gut dastehen wollte vor Gott und den Menschen. Wenn er Gutes tat, wenn er sich an die Gebote hielt, so tat er es, damit er dadurch sozusagen ein Gütesiegel bekam: das ist ein guter und gottesfürchtiger Mann.
In Jesus Christus merkte er: das ist geschenkt. Gott sieht in ihm einen Menschen, den er liebt und der «gut» ist. Er kann das einfach mal geniessen und ankommen und danke sagen und zufrieden sein. Das ist Heimat.
Den Eifer und das Engagement, zu dem er fähig ist, den aber kann Gott gut gebrauchen.
Denn jetzt muss sich Paulus nicht mehr um sich selbst sorgen und sein gutes Branding.
Jetzt kann er sich wirklich auf das Leben einlassen, auf die Menschen. Und er merkt: die Gebote sind um der Menschen willen da, um Gutes zu tun und zu fördern, um Gott die Ehre zu geben und so gefeit zu sein gegen Götzen aller Art.
Viele seiner jüdischen Mitgläubigen haben das ohne Jesus Christus auch gemerkt und gelebt. Für Paulus aber war es erst die erschütternde, aufrüttelnde Begegnung mit Christus Jesus, die ihm die Augen geöffnet hat. Er findet in Jesus Christus Heimat und die Tür zum Gott der Gnade.
Und dank ihm und seiner Öffnung des Glaubens auch für Nichtjuden, die er so engagiert betrieben hat mit Gemeindegründungen im ganzen römischen Reich, haben auch wir diese Tür zum gnädigen Gott durch Jesus Christus. Und auch unser Engagement kann nun noch fokussierter sein auf das, was nottut in dieser Welt und nicht so sehr auf das, was unserem Ansehen nützt. Paulus hat aufgehört zu hetzen und zu eifern; aber er bleibt ein eifriger Läufer und Wettkämpfer, der den Siegeskranz erreichen will. Da er von Christus Jesus ergriffen worden ist, ist er frei und läuft für die Sache Christi.
Es sind auch heute noch grosse Worte und Ziele, die oft unerreichbar erscheinen: Frieden, Gerechtigkeit, Bewahrung der Schöpfung. Wenn ich in Christus meine Heimat und Freiheit gefunden habe, gebe ich nicht auf im Erlaufen dieser Ziele.
Zur katholischen Leseordnung
Jer 38, 4-6. 8-10
Jeremia wird verunglimpft als einer, der dem Volk die Zuversicht und Kampfbereitschaft in einer bedrohlichen Zeit ausreden würde. Zur Strafe wird er in einer tiefe, schlammige Zisterne geworfen, in der er verrotten soll. Nur die mutige Fürsprache eines Mannes aus Äthiopien oder Ober-Ägyptens, Ebed-Melech bringt Rettung für Jeremia. «Ebed-Melech ist das Beispiel eines mutigen, beherzten und einfühlenden Fremden, der geschickt und schonend aus Lebensgefahr rettet, während Leute aus Jeremias eigenem Volk ihren Propheten umbringen wollen.» (Georg Fischer, Herders Theologischer Kommentar zum AT)
Im Motiv der Zisterne klingt die Josefsgeschichte an, der von den Brüdern in die Tiefe geworfen und von Fremden daraus gerettet wird. Wie Josef bringt auch Jeremia seinem Volk letztlich neue Zuversicht und Rettung.
Hebr. 12, 1-4
Sich in schweren Zeiten nicht entmutigen lassen – dazu hilft die «Wolke der Zeugen», die vielen Männer, Frauen, ganz unterschiedliche Menschen, deren Glauben uns bis heute inspiriert. Wie Paulus im Philipperbrief spricht der Schreibende auch hier vom Wettlauf, den wir zu bestehen haben und der von Jesus Christus angeführt wird. «Nicht müde werden / sondern dem Wunder / leise / wie einem Vogel / die Hand hinhalten» so schreibt die Dichterin Hilde Domin und macht Mut, gerade im Hinblick auf die kommende Schöpfungszeit mit ihrem Ruf, unsere Verantwortung ernsthaft und tatkräftig wahrzunehmen.
Lk 12, 49 – 53
In diesem Jesuswort geht es nicht um eine Verheissung, sondern um eine Feststellung. Wo Menschen sich engagieren und klar positionieren, ist mit Widerspruch und nur zu oft mit Hass und Feindschaft zu rechnen. In unserer Zeit noch verstärkt durch die Mechanismen von social media.
Sollen wir deswegen darauf verzichten, uns für Menschenrechte, Demokratie und den Erhalt der Lebensgrundlagen für die kommenden Generationen einzusetzen? Sollen wir deswegen aufhören an Gottes Liebe zu glauben, die sich für uns in Jesus Christus gezeigt hat. Das könnte leicht in Zynismus enden und noch eher in Gleichgültigkeit, was in biblischer Sprache als «Unglaube» bezeichnet wird. Zwietracht ist kein Wert an sich, aber sie darf nicht gescheut werden. Von der Möglichkeit der Versöhnung spricht Jesus an anderer Stelle.
Jacqueline Sonego Mettner, Evangelisch-reformierte Kirchgemeinde Zürich