17. Sonntag nach Trinitatis / 28. Sonntag im Jahreskreis (09.10.22)

17. Sonntag nach Trinitatis / 28. Sonntag im Jahreskreis

ev. Predigttext kath. 1. Lesung kath. 2. Lesung kath. Evangelium
Jes 49,1-6 2 Kön 5, 14-17 2 Tim 2, 8-13 Lk 17, 11-19

 

Zum Kontext der Bibelstellen

Jesaja 49, 1-6

Im Text von Jesaja wird die Gola (die aus dem babylonischen Exil zurückkehrenden Israeliten) als Knecht Gottes dargestellt. Die erste Deportation nach Babylon begann ab 597 v. Christus und erfolgte in mehreren Wellen. Die Rückkehr der Israeliten hat kosmische Dimensionen, in denen die Universalität des Heils zum Ausdruck kommt: „… dass mein Heil reiche bis an die Enden der Erde.“ (Vers 6)

2 Könige 5, 14-17

Der kurze Bericht aus dem 2. Buch der Könige thematisiert das Heil in Form der Heilung des Naaman (ein Feldherr des Königs von Aram). Dieser, zunächst ungläubig, vollzieht nach seiner Heilung einen Wandel hin zu JHWH, den er am Ende als einzigen Gott anerkennt. Der eigentümliche Wunsch, dem Knecht Erde mitzugeben, steht in Verbindung mit der Vorstellung, dass der Opferaltar, der in Aram erbaut werden soll, auf Erde aus Israel stehen soll. Diese Bibelstelle weist inhaltliche Parallelen zum Heilungswunder im Lukaskapitel auf.

Lukas 17, 11-19

Auch hier gelangt ein Geheilter zum Glauben und erlangt durch seinen Glauben nicht nur Heilung vom Aussatz, sondern zugleich das Heil, das über den Tod hinaus Bestand hat. Er wendet sich an Christus als einziger der zehn Aussätzigen, als demjenigen, dem Dank gebührt. Das ist es, was ihm letztlich die Rettung zuteilwerden lässt. Neben der Heilung erlangt er so auch das Heil.

2 Timotheus 2, 8-13

Der Text aus dem 2. Timotheusbrief ermuntert vor allem die Gemeindeleitungen dazu, im Glauben fest zu stehen, trotz Anfeindungen und Gefahr, derer sie ausgesetzt sind. Ihnen wird das Heil geschenkt. Ein Trost ist, dass Sie auch bei menschlichem Versagen mit der Vergebung Gottes durch seine Treue rechnen können.

Predigtgedanken

Allen vier Texten gemein sind die Begriffe Heil bzw. Heilung. Deshalb könnte die Predigt sich auf die Dimension der Nachhaltigkeit beziehen, die in diesen Begriffen aufleuchtet.

  • In Jesaja geht es um das Heil, das bis an die Enden der Erde reicht. Im zweiten Buch der Könige geht es um eine konkrete Heilungserfahrung, ebenso wie im Lukasevangelium. Auch der zweite Timotheusbrief verwendet wiederrum den Begriff des Heils.
  • Heil und Heilung sind zunächst zwei unterschiedliche Begriffe. Heil ist ein theologischer Begriff, Heilung dagegen ein medizinischer. Im Deutschen, anders als in vielen anderen Sprachen, sind die beiden Begriffe Heil und Heilung allerdings eng miteinander verbunden. Die biblischen Berichte von Heilungswundern verknüpfen meist die medizinische und die theologische Dimension von Heil und Heilung.
  • Diese Verquickung von Heil und Heilung wird besonders im Lukasevangelium deutlich. Es werden zwar alle zehn Aussätzigen geheilt, aber nur einem wird das Heil zugesprochen. Er war ab dem Zeitpunkt gerettet, als er umkehrte, um Gott zu ehren. „Dein Glaube hat dich gerettet.“ (Vers 19) Heilung impliziert nicht zwangsläufig Heil, aber Heil impliziert immer Heilung.
  • Wenn Christen vom Heil sprechen, dann verstehen Sie darunter mehr als nur Gesundheit. Der Begriff impliziert neben körperlicher Unversehrtheit auch seelische Gesundheit, Zufriedenheit, Glück, Versöhnung, die Verwandlung von Leid in Freude.
  • Die Begriffe Heil und Heilung schlagen sich qualitativ in der Rede vom Reich Gottes nieder. Gott wird einen neuen Himmel und eine neue Erde schaffen, die von Heil erfüllt sein werden. Heil hat dabei immer eine kosmologische Dimension.
  • Diese neue Welt ist nicht bloß jenseitig zu denken, sondern sie ist ein Prozess, in dem Gott die Welt heil macht. Dies steckt in der Rede des „Schon“ und des „Noch nicht“. Das Reich Gottes ist in Jesus Christus im Hier und Jetzt schon angebrochen, aber es wartet auf seine Vollendung in der Wiederkunft Christi, ist also noch nicht vollendet. Daraus entspringt eine ethische Dimension, die den Christen aufgetragen ist: dem Heil auf die Sprünge zu helfen. Die Verwundungen der Welt zu heilen, die an so vielen Ecken leidet. Es ist Aufgabe und Herausforderung zugleich, sich für soziale Gerechtigkeit, Frieden und die Bewahrung der Schöpfung einzusetzen.
  • Die Rede vom Heil schützt uns zugleich vor Überforderung angesichts der Dimensionen von Leid, die wir auf verschiedenen Ebenen spüren können: das Leid der Menschen, das Leid der Kreatur, das Leid der ganzen Schöpfung. Wir können und müssen uns mit allen verfügbaren Mitteln dafür einsetzen, dass Heilung stattfinden kann, und zugleich wissen wir, dass das Heil in seiner Vollendung nicht Menschenwerk, sondern ganz Geschenk Gottes ist und nur von ihm her zu denken ist.

Steffen Glombitza, Blieskastel