18. Sonntag nach Trinitatis / 27. Sonntag im Jahreskreis
ev. Predigttext | kath. 1. Lesung | kath. 2. Lesung | kath. Evangelium |
2 Mose 20,1-17 | Jes 5, 1-7 | Phil 4, 6-9 | Mt 21, 33-44 |
Text: 2 Mose 20,1-17
Kurze Exegese
Gott schließt am Sinai mit Israel einen Bund. Er macht dieses Volk zu seinem besonderen Eigentum. Damit dieser Bund Bestand haben kann, gibt Gott seinem Volk eine Satzung. Diese Satzung, Gebote, sind die Garantie für ein konstantes Leben des Volkes Israel in der Verbundenheit mit seinem Gott. Sie geben dem Volk eine Ordnung und unterstreichen insbesondere die Treue Israels zu seinem Gott, den einen, den einzigen, dem Retter und dem Befreier. Die Gebote, die Gott seinem Volk überlässt garantieren den Schutz des einzelnen und der Gemeinschaft.
Impuls zur Nachhaltigkeit
Was, wenn alles möglich ist? Was, wenn es keine moralische Konstante gibt, auf die sich alle verlassen können? Was, wenn das Verhalten des Menschen in sein ganz eigenes und persönliches Belieben gestellt ist, ohne Umsicht und ohne Rücksicht auf das Gegenüber? – Dann steht die Welt auf dem Kopf. Verlässlichkeit wird zu einem Fremdwort. Gemeinschafen und Beziehungen brechen auseinander. Die Versuchung, sich selbst als Gott aufzuspielen, wird für den Menschen immer größer. Sicherheiten verschwinden. Vieles wird unberechenbar. Ein Mensch wird für den anderen unvorhersehbar. Das bedeutet das Ende einer zivilisierten Gesellschaft, die sich auf verlässliche Werte stützt und damit ihr Auskommen sichert. Gott weiß, was er tut, wenn er den Menschen auf seine Gebote verweist und auch verpflichtet. Sie garantieren den Fortbestand jedes einzelnen und einer Gemeinschaft. Sie sichern Frieden zu. Sie ermöglichen Begegnung in einer für alle heilsamen Art und Weise. Sie tragen zum Überleben bei. Ein Überleben, das am Ende nicht nur den Menschen allein betrifft, sondern auch all das, was Gott ihm zum Leben zur Verfügung gestellt hat.
Text: Jes 5,1-7
Kurze Exegese
Es ist die Geschichte Gottes mit seinem Volk. Gott wendet sich Israel zu und gibt ihm all die Voraussetzungen mit, die es braucht, um leben zu können und dass dieses Leben reiche Früchte bringt. Doch Israel missachtet die Gaben Gottes. Es zieht daraus keinen Gewinn für sich. Stattdessen entehrt sein Verhalten Gott. Die Konsequenzen sollen zugleich eine Warnung an all die nachfolgenden Generationen sein und eine Einladung, das Gute, das Gott in den Menschen eingepflanzt hat, Früchte bringen zu lassen. Gottes Vision ist die von einem blühenden Weinberg, von einem unverstellten und erlösten Leben.
Impuls zur Nachhaltigkeit
Die Konditionen sind gut: Ein Weinberg auf einer furchtbaren Höhe. Edle Reben. Und die Sorge um diesen Weinberg und das Wachsen der Reben. Aber: Es wird nichts daraus. Faule Beeren bringt der Weinberg hervor. Eine Enttäuschung für den Winzer! Eine Enttäuschung für Gott, der in jeden Menschen die Möglichkeit hineingelegt hat, zu wachsen und durch sein Leben reiche Frucht zu bringen. Die Konditionen sind gut. Gott hat den Menschen gut geschaffen. Er umsorgt ihn mit all dem, was er zum Wachsen und zum Bestehen braucht. Doch was bringt der Mensch hervor? Wo sind die guten Früchte, mit denen Gott, der Winzer, gerechnet hat? Stattdessen faule Beeren. Ein Neuanfang muss her. Doch zuvor wird der Mensch in seine Grenzen gewiesen. Er muss erkennen, wie sehr er doch von Gottes Wohlgefallen abhängig ist und dass er von ihm her einen Auftrag für das Leben hat. Gott mutet ihm diese Erfahrung zu: Das Hilfegeschrei ist groß. Wir wissen, dass Gott es nicht dabei belässt. Gott schafft immer wieder einen Neuanfang. Er gibt dem Menschen die Chance, an sich zu arbeiten, sich zu verändern, umzukehren, damit sein Leben reiche Frucht bringen kann. Diese Änderung gilt es zu leben! Mit dem Blick auf sein eigenes Leben, dem Blick auf das Leben der anderen, dem Blick auf all das, was zur Schöpfung Gottes gehört und schließlich mit dem Blick auf die Gottesebenbildlichkeit des Menschen.
Text: Phil 4, 6-9
Kurze Exegese
Die Worte des Apostels sprechen aus konkreten Situationen heraus, sorgenvollen Lebensumständen. Auch Christen sind Sorgen nicht fremd. Niemand kann sie einfach so abschütteln. Die Frage ist die nach dem Wohin mit seinen Sorgen. Paulus lädt den Menschen dazu ein, seine Sorgen auf den Herrn zu werfen. Sie ihm anzuvertrauen. Sie ihm anheim zu geben. Das entlastet. Das löst und schafft einen inneren Abstand zu dem, was Menschen auf der Seele liegt. Das Abgeben der Sorgen befreit zu neuem Tun. Es klärt den Blick auf das, was sich in der Vergangenheit bewährt hat zu tun.
Impuls zur Nachhaltigkeit
Wir leben in einer Zeit voller Sorgen. Die Frage nach dem Überleben des Menschen und der Schöpfung, in die er hineingestellt ist, lässt diese Sorgen nicht nur erahnen. Sie macht die Sorge ganz konkret. Was müssen wir in Zukunft für den Schutz der Umwelt tun? Wie sollen wir in Zukunft die Prioritäten für eine verantwortliche und humane Wirtschaftlichkeit setzen? Wie können wir das Auskommen unter den Völkern sichern und Wege des Friedens beschreiten? Wie kann der Mensch gut für sein eigenes Seelenheil sorgen? Wie überwinden wir die Widersprüche in der Gesellschaft und das Auseinandertriften der einzelnen Bevölkerungsschichten? Wie bringen wir Arm und Reich, Überfluss und Mangel zusammen? Fragen über Fragen, die verbunden sind mit der Suche einer Antwort auf die Zukunft des Lebens generell. Wir müssen zur Beantwortung dieser Fragen das Rad nicht neu erfinden. Wir dürfen uns besinnen auf das, was schon immer zum Bestand des Lebens beigetragen hat. Aus den Lösungen der Vergangenheit dürfen wir lernen. Vor allem, wenn sich diese als grundlegend bewährt haben. Mit der Fähigkeit der Unterscheidung wird es gelingen, uns wesentliche Werte zu bewahren, die auch künftig Gültigkeit für sich beanspruchen.
Text: Mt 21,33-44
Kurze Exegese
Gottes Zusage an den Menschen ist sein Reich. Ein Reich, in dem alle Widersprüchlichkeiten aufgehoben sind, Einheit und Frieden herrschen, der Tod nicht mehr sein wird und auch keine Trauer und keine Not. Mit Jesus Christus ist dieses Reich bereits zu den Menschen gekommen. Es ist der Mensch, der fortan eine ganz eigene Mitverantwortung dafür trägt, dass dieses Reich entstehen und wachsen kann, immer mehr zu dem werden kann, wie Gott es sich für den Menschen vorgestellt hat. So viel steht fest: Der Mensch ist Gott dieses Reiches und all seiner Zusagen, die mit ihm verbunden sind, wert. Umso klarer erscheint die Konsequenz: Wer sich dem Einsatz für Gottes Absichten entzieht und an diesem Reich nicht mitbauen will, wer seiner Entwicklung entgegensteht, bekommt dieses Reich weggenommen. Seine Zusagen betreffen ihn nicht mehr.
Impuls zur Nachhaltigkeit
Gott schenkt den Samen. Für das Aufkeimen und das Wachsen dieses Samens und dass daraus einmal Früchte entstehen können, ist der Mensch verantwortlich. Das scheint mir ein Fazit aus der Erzählung zu sein. Die zweite Annahme ist diese: Gott verlangt stets Rechenschaft über das, was der Mensch mit dem ihm Anvertrauten tut oder nicht tut. Der Mensch ist demnach nur bedingt autonom. In allem, was er unternimmt, muss er sich seinem Gott gegenüber verantworten. Die Moraltheologie spricht in diesem Zusammenhang von einer theonomen Autonomie. Die Frage, die sich für mich in diesem Zusammenhang stellt, ist diese: Kann der Mensch zu jeder Zeit seinem Gott gegenübertreten und ihm uneingeschränkt Rechenschaft über das geben, was er aus diesem Leben macht, und entspricht sein Tun den Absichten seines Gottes tatsächlich? Das heißt auch im Letzten, Gott das zu belassen und zuzugestehen, was ihm gehört und das Leben des Menschen als ein Geschenk zu betrachten, für das der Mensch zu sorgen hat.
Pfarrer Thomas Diener, Bad Dürkheim