19. Sonntag nach Trinitatis / 28. Sonntag im Jahreskreis (15.10.23)

19. Sonntag nach Trinitatis / 28. Sonntag im Jahreskreis

ev. Predigttext kath. 1. Lesung kath. 2. Lesung kath. Evangelium
Jak 5,13-16 Jes 25, 6-10a Phil 4, 12-14.19-20 Mt 22, 1-14

Der Verfasser betrachtet den ev. Predigttext und das Evangelium der kath. Leseordnung. Stichworte sind Stärkung / Mitgestaltung durch Arten der Kommunikation (Jak 5) und mangelnder Ernst (Mt 22).

Jakobus 5,13 -16

Exegetische Anmerkungen:

Die Perikope steht am Ende des Jakobusbriefes unter den abschließenden Ermahnungen. Thematisch geht es vor allem um das Gebet. Der Verfasser des Jakobusbriefes benennt verschiedene, auf unterschiedliche Lebenslagen bezogene Formen des Gebets, vom Bittgebet über den Lobpreis („Psalmen") hin zu Sündenbekenntnis und Fürbitte. Die gesamte Existenz des Menschen soll also im Gebet vor Gott gebracht werden. Dabei stärkt das Gebet nicht nur die innere Leidensbereitschaft und den Durchhaltewillen, sondern zielt auch auf die Beseitigung der Not ab. Krankheiten werden nicht stoisch hingenommen oder gar als Strafe Gottes gesehen, sondern sie werden in die Gemeinschaft hineingestellt und von den Amtsträgern („Ältesten") mit Gebet und Salbung vor Gott gebracht. Die Hinwendung Gottes zum Menschen wird somit in der Zuwendung von Schwestern und Brüdern im Glauben erfahrbar. Es besteht kein ursächlicher Zusammenhang zwischen Krankheit und Sünden („und wenn er Sünden getan hat"), aber Heilung und Sündenvergebung können durchaus miteinander in Zusammenhang stehen, wenn Verfehlungen und daraus resultierende seelische Belastungen die Entstehung von Krankheiten begünstigen. Der Gerechte (Vers 16) ist in der Sprache des Alten Testaments vor allem der Mensch, der Gott vertraut und in allen Widrigkeiten an ihm festhält (siehe Psalm 37, 5 -6 und Sprüche 18,10)

Predigtanregungen:

Die Verse am Ende des Jakobusbriefes stehen in einem starken inhaltlichen Zusammenhang mit den Psalmen: wie der Psalmbeter seine ganze Existenz vor Gott bringt (Danklieder, Klagelieder, Hymnen etc.), so sollen sich auch die Adressaten des Briefes in jeder Lebenslage an Gott wenden.

Die Predigt könnte in einem ersten Schritt danach fragen, mit wem wir die Dinge besprechen, die uns wirklich angehen, vor wem wir unser Herz ausschütten können: Freundinnen und Freunde, Ehepartnerinnen und Ehepartner, Seelsorgerinnen und Seelsorger, Therapeutinnen und Therapeuten etc. Dabei soll deutlich werden, dass der Mensch ein Beziehungs- und Kommunikationswesen ist und man nicht „nicht kommunizieren" kann – selbst ein schweigender verbitterter Mensch kommuniziert durch Gestik und Mimik. Aus der Psychoanalyse wissen wir, wie entscheidend es für seelische Heilungsprozesse ist, dass die Dinge beim Namen genannt werden, dass Menschen ihre inneren Regungen, Ängste, Zweifel, Gedanken einfach aussprechen dürfen ohne, dass diese Äußerungen sofort bewertet oder kategorisiert werden. Wer sich in allen Lebenslagen vor Gott öffnen kann, hat ein gutes Ventil für sein Seelenleben gefunden und einen Zugang zu einer nicht versiegenden Kraftquelle.

In einem zweiten Schritt kann die Kraft des Gebetes thematisiert werden. Nützt Beten überhaupt etwas? Woher wissen wir, dass Gott uns hört? Wie verhält sich Beten zum Handeln? Gerade der Jakobusbrief macht ja deutlich, dass Handeln zum Glauben unbedingt dazu gehört („Seid aber Täter des Wortes und nicht Hörer allein"). Von den internationalen Gemeinden in Deutschland, aber auch von Christinnen und Christen aus Partnerkirchen in Afrika, Asien und Lateinamerika können wir neu lernen, wie stark sie auf die Macht des Gebetes vertrauen und welche Erfahrungen sie mit Gebetserhörungen machen. Beten und Handeln gehören unbedingt zusammen. Martin Luther hat einmal gesagt: „Man muss beten, als ob alles Arbeiten nichts nützt und arbeiten, als ob alles Beten nichts nützt".

In einem dritten Schritt könnte die Hinwendung zu Kranken („Menschen in meinem Umfeld, die Hilfe nötig haben") ausgeführt werden und dass es wichtig ist, Kranke und Leidende aufzusuchen und mit in die Gemeinschaft hineinzunehmen. Unter dem Aspekt der Nachhaltigkeit bietet es sich an, diesen Vers auch auf die Hinwendung zur leidenden und geschundenen Schöpfung hin zu interpretieren. Es ist wichtig, dass Menschen, die in ihrer Kirche Verantwortung tragen („Älteste) sich aus ihrem Glauben heraus aktiv für die Bewahrung der Schöpfung einsetzen. Diese Hinwendung zur geschundenen Schöpfung muss fachkundig sein (Älteste = Amtsträger, also Personen mit Wissen und Autorität) und die aktuellen wissenschaftlichen Erkenntnisse berücksichtigen. Es bedarf also einer gewissen Autorität, aber auch einer aus dem Gottvertrauen stets neu erwachsenden engagierten inneren Haltung („Gebet"), die jeweils im konkreten Handeln für die Schöpfung („Salbung") zum Ausdruck kommt. Hier klingt das Motto des Weltgebetstag der Frauen an: „Informiert beten – betend handeln".
Der Satz „Des Gerechten Gebet vermag viel, wenn es ernstlich ist" steht wie eine Verheißung am Horizont und begleitet Menschen, die im Vertrauen auf Gottes Wort beten und handeln auf dem Weg in die Zukunft.

Matthäus 22, 1-14

In der Perikope Matthäus 22, 1- 14 wird das bekannte Gleichnis vom königlichen Hochzeitmahl erzählt. Unter dem Aspekt des „nachhaltig predigen" sind vor allem die Verse 11-14 interessant. Hier wird eine Warnung an das neutestamentliche Gottesvolk ausgesprochen, dass es vom Endgericht nicht ausgenommen sein wird. Wer es daher versäumt, durch Glauben und Umkehr der Berufung zu entsprechen (das Bild von Hochzeitsgewand steht für eine dementsprechende Lebensführung) wird vom Mahl ausgeschlossen. Die fehlende Festtagskleidung wird zum Zeichen für den mangelnden Ernst. Zu einer entsprechenden Lebensführung als Christ und als Christin gehört auch die Bewahrung der Schöpfung, die uns anvertraut ist (Genesis 1, 28) sowie der Einsatz für Gerechtigkeit und Frieden. Die Annahme des Heils („der Einladung zum Hochzeitsmahl folgen") und ein dementsprechendes Leben („Hochzeitsgewand tragen") gehören zusammen. Interessant ist, dass „Gute und Böse" gemeinsam an der himmlischen Tafel sitzen werden – für Selbstgerechtigkeit und Überheblichkeit besteht also kein Anlass. Aber es besteht Anlass zur Freude, denn die Feier findet auf jeden Fall statt. Gottes Reich kommt.

Marcus Wetter, Krefeld