19. Sonntag nach Trinitatis / 29. Sonntag im Jahreskreis
ev. Predigttext | kath. 1. Lesung | kath. 2. Lesung | kath. Evangelium |
Eph 4,22-32 | Jes 45, 1.4-6 | 1 Thess 1, 1-5b | Mt 22, 15-21 |
Vorbemerkung zum Tag
Wochenspruch
„Heile mich, Herr, so bin ich heil; hilf mir, so ist mir geholfen.“
Der 19. Sonntag nach Trinitatis hat die ganzheitliche Heilung zum Thema. "Ganzheitlich" ist ein Schlagwort unserer Zeit und betrachtet die Heilung des Menschen als ganzes Individuum mit Leib und Seele.
Tag des Evangelisten Lukas (Gedenktag: katholisch, evangelisch und anglikanisch) [1]
Allgemeine Erwägungen
Ein Ruf zur Umkehr
In allen oben genannten biblischen Texten spiegelt sich ein Ruf zur Umkehr, Gesinnungswandel oder Neubeginn.
In den vergangenen Jahrzehnten hat sich ein dramatischer Wandel in der Weltpolitik, Wirtschaft und Umwelt vollzogen. Angesichts so vieler Umweltprobleme und Spannungen zwischen verschiedenen Weltmächten, die in letzter Zeit sehr ernsthaften Charakter bekamen, fragt man sich, ob wir noch aus eigener Kraft umkehren können oder brauchen wir dafür göttliche Hilfe. Auf einer Seite wird die Schere zwischen Reich und Arm immer größer und auf der anderen Seite sind wir alle Zeugen zunehmender klimatischer Katastrophen, die zum guten Teil auf menschliches unverantwortliches Handeln zurück zu führen sind.
Ein Bezug zur Nachhaltigkeit ist die Bedeutung von Umkehr im Denken und Handeln. Ein bewusstes Übernehmen von Verantwortung für die Schöpfung, die uns Gott anvertraut hat.
Zu Eph 4, 22-32
Viele Theologen sind noch bis heute uneinig über den Verfasser des Epheser-Briefes. Wer hat ihn geschrieben? Paulus? Ein Schüler oder gar erst ein Vertreter der nächsten Generation. Im ersten Kapitel, erster Vers steht: „Paulus, ein Apostel Christi Jesu durch den Willen Gottes, an die Heiligen in Ephesus, die Gläubigen in Christus Jesus“. In wichtigen alten Handschriften fehlt „in Ephesus“, aber auch sie haben die Briefüberschrift „An die Epheser“. Noch bis zum 18 Jh. galt der Epheserbrief in der Alten Kirche im Osten und Westen als echt paulinisch.
Zur Exegese
Der „Alte Mensch“ ist sich selber Mittelpunkt seiner Existenz. Sein Dasein ist Selbstbehauptung, er sucht sein eigenes Glück. Dabei erreicht er sein Ziel nicht. Statt sich selber zu behaupten, verliert er sich, statt sein Glück zu gewinnen, zermahlen ihn alle Bemühungen, mit denen er seinen Begierden Befriedigung zu verschaffen sucht.
Der „Neue Mensch“ empfängt ein anderes Lebenszentrum – und findet es mit jedem Schritt des Glaubens neu in Christus.
Hier geht es nicht um Moral, sondern nach V. 22-24 um Einübung in das Evangelium, in die Praxis des Glaubens. Es geht darum, das Angebot zu ergreifen, das Gott mit dem Glauben an Jesus macht. Gott schafft durch das Evangelium die neue Existenz. Wer Christus in seinem Leben Herr sein lässt, der kehrt sich immer wieder von sich selber, von seinem alten Verhalten ab und macht mit Jesus Erfahrungen der neuen Existenz.
Zu 1 Thess 1, 1-5b
1 Thess ist einer der ersten und der persönlichsten Briefe des Paulus. Lehre und Auseinandersetzung mit Irrlehren treten geringer hervor als in manchen anderen Briefen. Der Brief besteht im wesentlichen aus Dank, Empfehlungen, persönlichen Erinnerungen, Ratschlägen und Ermutigungen.
Thessalonich war die wichtigste und größte Stadt (ca. 200.000 Einwohner) der römischen Provinz Mazedonien. Die Hauptstraße (Ignatiusstraße), die von Rom in den Orient führte, führte durch Thessalonich. Dieser Weg neben dem sehr regen Stadthafen machte Thessalonich zu einer der reichsten und fortschrittlichsten Wirtschaftszentren des Römischen Reiches. Unter Ausnutzung des Status einer freien Stadt wird sie von einer unabhängigen Regierung verwaltet und von den meisten Einschränkungen befreit, die Rom anderen Städten im Imperium auferlegt hat. Internationale Trends haben jedoch das Auftreten zahlreicher heidnischer Religionen und kultureller Einflüsse verursacht, die eine Bedrohung für den Glauben der einheimischen Christen darstellten, die noch sehr jung im Glauben waren.
Die Thessalonicher blieben trotz der Verfolgung standhaft (1,6; 3,1-4,7-8). Paulus würdigte diese jungen Christen für ihre Arbeit, die aus dem Glauben stammte, für die Anstrengung und Ausdauer, die wiederum durch die Liebe und Hoffnung inspiriert wurden. Diese Attribute schmücken fruchtbare Christen aller Generationen.
Als Leitgedanken für die Predigt sehe ich: Weil Gottes Handeln unaufhörlich weitergeht bis zum Ende aller menschlichen Tage, können wir nicht aufhören, Gott zu danken, indem wir durch unser Gebet und unser Leben, sprich Vorbild, das Wirken Gottes unter uns bestätigen und vor der Welt glaubhaft machen.
Zu Mt 22, 15-21
Der folgende Zwischenfall macht deutlich, wie gemeinsame Opposition oft die seltsamsten Bundesgenossen zusammenführt. Die religiösen Führer Israels hatten nur ein Ziel: Jesus loszuwerden. Dazu war ihnen jedes Mittel recht, selbst die Kooperation mit ihren schlimmsten Feinden. Die Pharisäer waren eher nationalistisch gesinnt, die Herodianer dagegen waren Abhängige des römischen Vasallenfürsten Herodes; die beiden Gruppierungen arbeiteten nur in außergewöhnlichen Situationen zusammen.
Die Fangfrage: „Ist es recht, dass man dem Kaiser Steuern zahlt oder nicht?“ kann man gut übertragen in unsere heutige Zeit. Immer wieder hören und lesen wir in Nachrichten über die Steuerhinterziehung.
Laut einer Studie entgehen den EU-Staaten Schätzungen zufolge rund 825 Milliarden Euro durch Steuerhinterziehung – ein Großteil davon in Deutschland.[2]
Anfang 2013 war durch den Steuerskandal um Uli Hoeneß das Thema Steuerhinterziehung in aller Munde. Als der einstige Fußballfunktionär wegen seiner Steuerhinterziehung zu einer Strafe von drei Jahren und sechs Monaten verurteilt wurde, stieg die Anzahl der Selbstanzeigen drastisch an. Denn nun erst wurde vielen bewusst, dass Steuerhinterziehung alles ist, nur kein Kavaliersdelikt und die Angst vor einer Steuerfahndung war entsprechend groß.
Und Uli Hoeneß war bei weitem nicht der einzelne.
Jetzt beginne ich über die Gründe nachzudenken. Warum hinterziehen Menschen Steuern? Fühlt man sich ungerecht behandelt, weil man denkt das die Angaben zu hoch sind. Ehrlich gesagt muss ich bekennen dass ich selber oft dieser Meinung bin. Oder ist es, weil Menschen eigentlich immer mehr Geld haben möchten, als sie haben?
Das führt mich zur Frage der Bewertung, heißt: finde ich es weniger verwerflich, wenn ein Mensch, der wenig Geld hat bei der Steuererklärung schummelt, als ein Mensch, der eh schon genug Geld hat?
Doch wie steht es mit uns Christen? Vielleicht hat sich der ein oder andere bei der Steuererklärung schon die Frage gestellt, ist das richtig vor Gott, was ich mache. Die Bibel spricht darüber ganz klar.
Jesus beantwortete die Frage der Herodianer mit einer kleinen Demonstration, anhand er deutlich machte, dass der Staat im Leben jedes einzelnen einen gewissen Stellenwert einnimmt und dass man ihm und Gott durchaus auch gleichzeitig untertan sein kann. Er bat die Umstehenden, ihm eine Steuermünze zu geben. Diese, ein römischer Silbergroschen mit dem Bild des Cäsars, des römischen Kaisers, war selbst ein anschauliches Zeichen für die Oberherrschaft und die Steuerhoheit der Römer in Israel. [3]
Die Steuern müssen also gezahlt werden, getreu dem Grundsatz: „Gebt dem Kaiser, was des Kaisers ist“.
Doch Jesus ermahnte sie zugleich auch, den Machtbereich Gottes nicht zu vergessen: „Gebt Gott, was Gottes ist“.
Die Menschen müssen auch seiner Autorität gehorchen. Wir haben eine politische, aber auch gleichzeitig eine geistliche Verantwortung.
Branislav Tot, Ulm
Literatur
[1] Ökumenisches Heiligenlexikon https://www.heiligenlexikon.de/BiographienL/Lukas.html 17.06.2019
[2] https://www.welt.de/wirtschaft/article187807930/Steuerhinterziehung-Deutschland-im-EU-Vergleich-auf-Rang-zwei.html 17.06.2019
[3] Eine Münzinschrift lautete: „Tiberius Caesar Augustus, Sohn des göttlichen Augustus“.