19. Sonntag nach Trinitatis / 30. Sonntag im Jahreskreis (26.10.14)

19. Sonntag nach Trinitatis / 30. Sonntag im Jahreskreis

 

ev. Predigttext kath. 1. Lesung kath. 2. Lesung kath. Evangelium
2 Mose 34, 4-10 Ex 22, 20-26 1 Thess 1, 5c-10 Mt 22, 34-40

 

Exegetische Hinweise

2. Buch Mose 34, 4-10

Exodus bedeutet Auszug. Die Texte dieses Buches erzĂ€hlen den Weg des Volkes Israel aus der UnterdrĂŒckung durch Pharao in die Freiheit. Eigentlich wird der Weg Gottes mit den Menschen erzĂ€hlt, exemplarisch aufgezeigt an der Geschichte des Volkes Israel. Diese Texte verkĂŒnden einen Gott, der das Leben und die Freiheit des Menschen will.

Die hebrĂ€ische Bibel weiß, dass Israel von Anfang an immer wieder aus dem Bund mit Gott ausgebrochen ist und darĂŒber zu Fall kam. Aber sie bezeugt auch, dass Gott immer wieder sein Volk aufhebt und zu sich holt – weil Gott sich erbarmt.

Das hebrĂ€ische Wort fĂŒr „Bund“ bedeutet »Verpflichtung/Bestimmung«. Die Initiative dazu geht immer von Gott aus, der mit einem Einzelnen (Noah, Abraham) oder dem ganzen Volk in ein besonderes VerhĂ€ltnis tritt. Dieses VerhĂ€ltnis umfasst von Gott her die Zusage von Heil und Segen (z.B. die Verheißung von Landbesitz und Nachkommen), vom Menschen her die Verpflichtung zur Treue gegenĂŒber Gott und seinen Geboten. (1) Am Berg Sinai schließt Gott mit dem Volk Israel einen weiteren Bund. Hier setzt unsere erste Textstelle ein. Nachdem Gott das Volk aus Ägypten befreit und in der WĂŒste fĂŒrsorglich geleitet hat, wird nun Israel dazu aufgerufen, sein Leben als Antwort auf Gottes Handeln zu gestalten, indem es seine gesamte LebensfĂŒhrung an den Geboten Gottes ausrichtet. Bei dieser Verpflichtung geht es um die Gemeinschaft zwischen Gott und den Menschen. Der Bund Gottes mit seinem Volk ist ein Bund der Liebe, und diese kann nicht bestehen, wenn sie nicht erwidert wird.

Die ersten Christen haben den Bundes-Gedanken aufgenommen und sehen ihn in Jesus Christus erfĂŒllt. Durch seinen Tod am Kreuz begrĂŒndet er den „neuen Bund“, der nun allen Menschen gilt und ihnen die Vergebung ihrer SĂŒnden zuspricht.


Ex 22,20-26

In die Sinai-ErzĂ€hlung sind zahlreiche Vorschriften und Rechtsbestimmungen eingefĂŒgt. Sie haben ihre Wurzel im BundesverhĂ€ltnis zwischen Gott und Israel. Das Volk Gottes kann als solches nur bestehen, wenn es sich an diese Grundregeln hĂ€lt. Die Vorschriften gelten dem Schutz der Armen und Schwachen. Sie setzen einfache, eher lĂ€ndliche als stĂ€dtische VerhĂ€ltnisse voraus, haben jedoch nichts an WirklichkeitsnĂ€he verloren.

Zentrum der atl. Botschaft ist die VerkĂŒndigung der unaufhebbaren Treue Gottes, die sich in menschlich greifbaren Zeichen offenbaren will. Das gilt auch von jenem Teil des AT, der uns heute so fremdartig erscheint und doch so sehr im Zentrum steht, dass das NT das AT mehrfach danach benennt: vom Gesetz. Gottes Erbarmen ĂŒber den Fall der Seinen wird fassbar, auch im Angebot von Opferzeremonien und kultischer SĂŒhne, das er ihnen macht, und auch in seinen Geboten, die das Leben seines Volkes regeln sollen. Aber allem voraus steht die Zusage aus Ex 20,2: „Ich bin Jahwe, dein Gott, der dich aus Ägypten gefĂŒhrt hat, aus dem Sklavenhaus.“

Bevor Jahwe Gebote gibt, hat er sich schon lĂ€ngst fĂŒr sein Volk eingesetzt. (2)


1 Thess

Die Gemeinde von Thessaloniki wurde von Paulus selbst begrĂŒndet. Die Mitglieder sind ehemalige „Heiden“, also Griechen, Römer und Menschen anderer Herkunft. Die Gemeinde umfasst keine Juden.

Der 1Thess ist der Ă€lteste uns erhaltene Paulusbrief. Theologisch fĂ€llt auf, dass Aussagen zur Kreuzes- wie zur Rechtfertigungstheologie fehlen. Deshalb sehen manche Exegeten hier das Zeugnis einer FrĂŒhphase der theologischen Entwicklung des Apostels, wĂ€hrend andere den Brief als Dokument der antiochenischen Gemeindetheologie lesen. Thessalonich war zur Zeit der Abfassung des Briefes Hauptstadt der kaiserlichen Provinz Mazedonien und Sitz des Prokonsuls. Die demokratische Verfassung und die gĂŒnstige verkehrstechnische Lage bewirkten die Entwicklung der Stadt zu einem wichtigen Handelsplatz. Die Kulte der Isis, des Sarapis, des Dionysos und der Kabiren sind archĂ€ologisch oder literarisch nachgewiesen. (3)


Mt 22, 34-40

Wie Lukas hat MatthĂ€us viele Begebenheiten von Markus ĂŒbernommen, manches ergĂ€nzt, anderes in einen neuen Zusammenhang gestellt. So auch an dieser Stelle. Ein Rabbi fragt bei Mk nach dem ersten Gebot, bei Mt wird es zum grĂ¶ĂŸten Gebot. Vermutlich hat der Gelehrte nach der Mitte, dem Zentrum der Schrift gefragt, da dieser Begriff eine wichtige Rolle in der rabbinischen Diskussion spielte. Jesus antwortet mit einem Wort aus Dtn 6,4-9:– „Höre, Israel, der Ewige ist unser Gott, der Ewige ist all-einig.“ Mt nimmt daraus das KernstĂŒck: „
Gott aus ganzem Herzen, aus ganzer Seele, mit ganzer Vernunft zu lieben.“ Jesus ergĂ€nzt mit dem Zitat aus Lev 19,18: „Du sollst deinen NĂ€chsten lieben wie dich selbst.“ Und er fĂŒgt hinzu: „An diesen beiden Geboten hĂ€ngt das ganze Gesetz und die Propheten.“

AusdrĂŒcklich setzt Jesus also das Gebot der NĂ€chstenliebe dem der Gottesliebe gleich und betont, dass „das ganze Gesetz und die Propheten“ an diesen beiden Geboten „hĂ€ngen“. Die Gerechtigkeit als ganze hĂ€ngt also an der ErfĂŒllung dieses einen Gebotes. Wörtlich fragt der Fragende nach einem „großen“ Gebot. Erst Jesu Antwort macht ganz deutlich, dass damit „das große und erste“, also das „grĂ¶ĂŸte“ gemeint ist. Dazu kommt, dass erst MatthĂ€us den Begriff „Gesetz“ einfĂŒhrt und damit Jesus grundsĂ€tzlich von pharisĂ€ischer Gesetzesauslegung abhebt. Alles ist auf den Gegensatz der Ethik der Gottes- und NĂ€chstenliebe zur pharisĂ€ischen Gesetzlichkeit ausgerichtet. Aber die ursprĂŒngliche, alttestamentliche Sicht klingt nach, dass sich Bekenntnis und Liebe zu Gott gar nicht anders als im Halten der Gebote Ă€ußern kann. Nur das erste Gebot wird als „das große“ bezeichnet, das zweite ihm aber gleichgestellt.

So unterstreicht Mt den grundsĂ€tzlichen Unterschied zwischen der pharisĂ€ischen Gesetzesbeobachtung und Jesu Ruf zur NĂ€chstenliebe. Nicht in der gesetzlichen Befolgung einzelner Gebote, sondern in der das ganze Leben umfassenden Haltung und Tat der NĂ€chstenliebe wird das Gesetz erfĂŒllt. Das ist die „bessere Gerechtigkeit“ (5,20). (4)

 

Aktualisierungen/ Deutungen

Zu Exodus:

2 Mose/ Exodus kann heute gelesen werden als eine bleibende Rettungsgeschichte. Die ErzĂ€hlung  fordert uns heraus zum Aufbruch, wo immer heute SchutzbedĂŒrftige unterdrĂŒckt oder sich selbst entfremdet werden. Der Bund Gottes mit seinem Volk ermutigt uns Heutige, Widerstand zu leisten gegen Entfremdung und Leben zerstörende Tendenzen.

Der Text Ex 22 enthÀlt Passagen, die klingen, als seien sie tagesaktuell geschrieben. Der Umgang mit Fremden bzw. Asylsuchenden, die Situation von ausgebeuteten Menschen -höchst aktuelle Themen nicht nur im Europa der Gegenwart, sondern weltweit.

Der Arme genießt durchweg in der Bibel, in der hebrĂ€ischen wie christlichen Tradition, einen Schutz-Status. Gott solidarisiert sich mit den Armen, er wird Mensch in Jesus, erniedrigt sich, wird selbst arm. Deutlicher geht es nicht.

Aktuelle Beispiele:

- Auf der kleinen Insel Lampedusa, diesem Vorposten eines sich abschottenden Europas mitten im Mittelmeer, stranden Abertausende ElendsflĂŒchtlinge. Hunderte ertrinken bei der gefĂ€hrlichen Überfahrt jĂ€hrlich. Die EU schottet sich u.a. mit Hilfe der Grenzagentur Frontex ab. Die italienische KĂŒstenwache hat libysche FlĂŒchtlinge 2009 nicht nach Italien gebracht, sondern umgehend an das Gaddafi-Regime ausgeliefert. Jahrelang hatte Europa mit den diktatorischen Regimen rund um das Mittelmeer zusammen gearbeitet, um Menschen von einer Flucht nach Europa abzuhalten. Nach dem Arabischen FrĂŒhling lief diese Kooperation wieder voll an. Italien und Tunesien haben ein RĂŒckĂŒbernahmeabkommen geschlossen, sie streben. „MobilitĂ€tspartnerschaft“ an. FlĂŒchtlinge aus dem Vorderen Orient mĂŒssen die TĂŒrkei passieren. Die EU will deshalb, dass die Regierung in Ankara eine Weiterflucht nach Westen verhindert. Im Transit leben Tausende FlĂŒchtlinge, einem tĂ€glichen Überlebenskampf ausgesetzt. (5)

Aber es gibt auch helfende HĂ€nde:

In Deutschland haben sich viele Kommunen zur Aufnahme von FlĂŒchtlingen ausdrĂŒcklich bereit erklĂ€rt. Rund 50 StĂ€dte nehmen an der von Pro Asyl koordinierten „save-me“-Kampagne teil und wollen FlĂŒchtlinge aufnehmen. Mehr als 7000 Menschen haben sich bereiterklĂ€rt, ankommenden FlĂŒchtlingen als Patinnen und Paten hilfreich zur Seite zu stehen (6).

- Der Klimawandel löst weltweit Migration aus. Sie wird fĂŒr alle Staaten in den kommenden Jahrzehnten eine riesige Herausforderung bedeuten. Der Anstieg des Meeresspiegels gefĂ€hrdet die Existenz mehrerer 100 Mio. Menschen. Binnenwanderung aus klimabedingten GrĂŒnden, Umsiedlungsprojekten und grenzĂŒberschreitender Flucht – ein Prozess, der die Welt in den nĂ€chsten Jahrzehnten prĂ€gen wird. Die Ergebnisse der Klimakonferenzen sind enttĂ€uschend. Doch immer drĂ€ngender muss Schutz jener Menschen, die vor den Folgen des Klimawandels fliehen mĂŒssen, angepackt werden. Die Industriestaaten, Hauptverantwortliche des Klimawandels, sehen die KlimaflĂŒchtlinge vorrangig als Bedrohung. Mit schĂ€rferer Überwachung der Außengrenzen versucht man sie aufzuhalten.

- Landcrabbing: In Brasilien finden sich etwa im Mato Grosso riesige, frĂŒher von Indigenen besiedelte Gebiete, die heute fĂŒr den Zuckerrohr- und Sojaanbau besonders begehrt sind. Transnationale Konzerne wie Cargill produzieren Agrardiesel, sie produzieren Soja fĂŒr die Schweinemast in Europa, Nordamerika, China. Durch die Plantagen werden nicht nur Landkonflikte geschĂŒrt, es gibt schwerwiegende Auswirkungen auf die Gesundheit und die Subsistenzwirtschaft der Bevölkerung. Durch den exzessiven Einsatz von KunstdĂŒnger, Pestiziden, Herbiziden werden Wasser und Luft verschmutzt, Tiere verenden, die Felder der Indigene werden zerstört. „Die großen Unternehmen werden ihr Verhalten nur Ă€ndern, wenn die intern. KĂ€ufer und Konsumenten der Zucker- und Sojaprodukte grĂ¶ĂŸeren Druck ausĂŒben“, so ein Vertreter einer NGO aus Sao Paulo (7).

 

Politisch nötig im Sinne des Erbarmens mit den Notleidenden wÀren:

-          ambitionierter Klimaschutz, UnterstĂŒtzung von Anpassungsmaßnahmen

-          migrationspolitische Mechanismen und Instrumente, die die Kriminalisierung von Menschen verhindern, die flĂŒchten mĂŒssen

-          Reformen der intern. Handelsbeziehungen und der EU-Agrar-Subventionierung, da sie die strukturelle Ungleichheiten verstĂ€rken.

-          Eine „solidarische Klima-Migrationspolitik“ (Pro Asyl, aaO.)

Einzelne können etwas beitragen:

-          klimabewusster leben – den Dreisatz regional-bio-fair beim Einkaufen beachten, auf die Herkunft von Waren achten, sich einsetzen fĂŒr regenerative Energien, z.B. durch Beteiligung an BĂŒrger-Energiegenossenschaften. Die Nutzung des Autos reduzieren, sich beteiligen an Kampagnen wie „Autofasten“. Weniger Fleisch essen, denn der stark steigende Fleischkonsum trĂ€gt massiv zum Klimawandel und zum Hunger bei durch Anbau von Futterpflanzen statt Lebensmitteln, sich beteiligen z. B. an der Kampagne „Veggieday“. Auch sog. Bio-Sprit ist eine Mogelpackung, da Energiepflanzen statt Lebensmittel angebaut werden.

 

HĂ€ufig ist in der Bibel von Geld die Rede. Besitz, Reichtum, Geld sind Hindernisse in den Reich-Gottes-Reden Jesu, aber schon die hebrĂ€ische Bibel durchziehen deutliche Warnungen vor der Macht und dem Missbrauch des Geldes. Ein Kardinalfehler unseres Geldsystems ist der in Bibel und Koran verbotene Zins, der Geld ohne Arbeit durch bloße AnhĂ€ufung sich vermehren lĂ€sst. WĂ€re Geld nur Tauschmittel und nicht selbst Ware, wĂŒrde es der Kommunikation dienen. So aber trennt es, fördert Habsucht und Neid. Die Finanzkrise seit 2008 lĂ€sst uns diese uralten Wahrheiten in einer kaum glaublichen Weise spĂŒren. Die Existenzkrise ganzer Staaten, die immer wieder unter „Rettungsschirme“ schlĂŒpfen mĂŒssen, die Existenznöte einer ganzen Generation junger Menschen wie in Griechenland, Spanien, Portugal zeigen brutal auf, welche Macht anonyme Investoren, und Spekulanten, die das Geld „arbeiten“ lassen, denen es nicht um einen sinnvollen Austausch von Waren und Dienstleistungen geht, sondern um Maximierung ihres Profits. Die Politik postuliert hilflos: „Hauptsache, keine Unruhe an den MĂ€rkten!“  Einziger Ausweg: „Wachstum, Wachstum, Wachstum!“

Diese Gier von Banken und Investoren, der völlig vernebelte Blick auf schnelles Geld, der rauschhafte Konsum, der durch immer neue „sale“-Angebote noch angefeuert wird und doch ein Strohfeuer fĂŒr die Konjunktur bleibt (siehe AbwrackprĂ€mie), der Fitness-Wahn, die zunehmende AbhĂ€ngigkeit von den digitalen Medien. All das sind unsere tagtĂ€glichen und modernen Götzen, unsere goldenen KĂ€lber.

Wie sehen Alternativen aus?

-          die erlassjahr-Kampagne hat lange vor der europĂ€ischen Finanzkrise auf die Problematik der hohen Verschuldung von SĂŒd-LĂ€ndern und damit einer verheerenden Verelendung der Bevölkerung aufmerksam gemacht. Investitionen fĂŒr Gesundheit, Bildung, Infrastruktur blieben aus, um den Schuldendienst leisten zu können. Mittlerweile hat dieses PhĂ€nomen Europa erreicht. Die Kampagne versucht mit Aktionen und AufklĂ€rungsarbeit die Politik zu einem Umdenken zu bewegen. (Übrigens wurden bei Demonstrationen im Frankfurter Bankenviertel immer wieder „Goldene KĂ€lber“ von gut gekleideten „Bankern“ als Symbol der Geldgier getragen. Beeindruckend, wie symboltrĂ€chtig dieses uralte Götzenbild ist!) (8)

-          Ethische Geldanlage: Wer nicht will, dass sein Geld Spekulanten und Kriegsgewinnler in die HĂ€nde fĂ€llt, wer nicht will, dass in RĂŒstung, in fossile Energien, in Umweltverstörung investiert wird, kann eine sog. Ethik-Bank wĂ€hlen: die GLS-Bank, die Umweltbank, die Ethikbank und die Triodos-Bank. Hier entscheiden die Anleger, in welchem Bereich investiert wird. Mehr und mehr konventionelle Banken bieten mittlerweile Klimaschutzfonds oder –sparbriefe an. Hilft all das? Ja! Die Apartheid in SĂŒdafrika wurde ĂŒberwunden durch eine jahrelange Widerstandsbewegung. Große Konzerne haben die Zusammenarbeit mit dem Apartheidregime in dem Augenblick aufgekĂŒndigt, als Pensionsfonds in den USA, auch viele kirchliche, beschlossen hatten, keim Geld mehr in Unternehmen zu investieren, die mit dem Apartheidsystem kooperieren. Ein Anlageboykott förderte eine politische Revolution. Geld regiert auch so die Welt. (9)

-          Oikocredit finanziert Partnerorganisationen, die Entwicklung fördern, Mikrozinskredite vergeben, benachteiligte Menschen im SĂŒden und Osten unterstĂŒtzen und ArbeitsplĂ€tze schaffen. (10)

 

Zu 1Thess 5c-10

Paulus wĂŒrdigt seine Adressaten, die sich vom Götzendienst abgewendet und zum Gott Jesu Christi bekehrt haben, zum „lebendigen und wahren Gott“ (V. 9): zu dem Gott, der den Menschen fordert und rettet. Paulus belobigt seine Gemeinde: ihr seid dem Beispiel Jesu gefolgt, seid jetzt ein Beispiel fĂŒr alle GlĂ€ubigen durch euer konkretes Leben.

Hier lĂ€sst sich die Exodus-ErzĂ€hlung gut weiter entwickeln: Der bekannte Schriftsteller Carl Amery hat in seinem letzten Werk packend formuliert: „Der Totale Markt erfĂŒllt alle Kriterien einer Religion. Sein Dogmenbestand ist transzendenzarm und banal; seine oberste Maxime lautet: Alles hat seinen Preis, und wenn etwas noch keinen hat, wird er ihm angeheftet. Trotzdem (oder gerade deshalb) ist er zur alternativlosen Instanz der globalen Entscheidungen geworden (
) In der historischen Raum-Zeit nimmt der Totale Markt die Funktion einer Reichsreligion wahr, die strukturell ziemlich genau der des spĂ€trömischen Kaiserkults entspricht. Damals wie heute galt und gilt die Formel TINA – there is no alternative“. (11)

 

Zu Mt 22,34-40

Gottesliebe kann es nicht geben ohne Selbst- und NĂ€chstenliebe und umgekehrt. Wer sich Gott zuwendet, wer ihn sucht, den wirklichen, lebendigen Gott, der hat ihn schon gefunden. Und er kann ihn nicht fĂŒr sich behalten, er trĂ€gt ihn zu den Menschen, gerade zu jenen, die bedĂŒrftig, arm gemacht, unterdrĂŒckt sind. Die Christen der frĂŒhen Zeit waren arm, aber ihr Glaube hatte werbende Kraft, weil er als Liebe sichtbar wurde. Kennzeichnend die Aussage: „Seht wie sie einander lieben.“

Die Frage ist, nachdem Jesus sie ausgesprochen hat, völlig klar. Ohne die Liebe wird keines von allen Geboten wirklich erfĂŒllt. Sie bleiben leer, erst die Liebe erfĂŒllt sie mit Leben. Jesus hat das Gebot der Gottes- und das der NĂ€chstenliebe zur Einheit zusammengefĂŒgt. Er hat ihre Einheit sichtbar gemacht, durch sein Wort und durch seine Tat.

Der Mt-Text lĂ€sst sich gut verstehen als Summe des Vorhergehenden. FĂŒr einen glĂ€ubigen Christen kann es nicht angehen, sich zu beteiligen an der Verachtung der Fremden, an der Missachtung der Armen, an Geldvermehrung ohne RĂŒcksicht auf Verluste, an klimaschĂ€dlichem Verhalten.

 

In seinem Ă€ußerst lesenswerten Buch „
wenn nichts bleibt, wie es war“ schreibt Rainer Bucher: „Das II. Vatikanum formuliert echte Entdeckungen des Glaubens. Die zentrale Entdeckung hatte schon Johannes XXIII. In seiner Eröffnungsansprache benannt: das „Heilmittel der Barmherzigkeit“ als Basis der PrĂ€senz des Evangeliums heute (
) Die kirchliche Alternative ist SolidaritĂ€t oder selbstgerechte Erhabenheit.“

 

 

Alois Bauer

 

Anmerkungen: 

(1)Ohler, S. 12f.

(2)Ohler, aaO.

(3)www.bibelwissenschaft.de

(4)Nach Schweizer, 277ff.

(5)Pro Asyl, Jahresbericht 2012/2013

(6)www.save-me-Kampagne.de

(7)amnesty-journal 06/2013, 34f.

(8)www.erlassjahr.de

(9)Nach Kessler, 92).

(10)www.oikocredit.org

(11) Amery, 82, diesen Hinweis verdanke ich: www.predigthilfe.de/PAJk30ep.html: „Tödliche LĂŒgen“

(12) Bucher, 206f.

 

Quellen:

Annemarie Ohler, Grundwissen Altes Testament, Stuttgart 1986

Eduard Schweizer, Das Evangelium nach MatthÀus, Göttingen 1981

Wolfgang Kessler, Geld regiert die Welt, Oberursel 2011

Carl Amery, Global Exit – Die Kirchen und der Totale Markt, MĂŒnchen 2002

Rainer Bucher, 
 wenn nichts bleibt, wie es war, WĂŒrzburg 2012