2. Adventsonntag [III/A]
ev. Predigttext | kath. 1. Lesung | kath. 2. Lesung | kath. Evangelium |
Mt 24, 1-14 | Jes 11, 1-10 | Röm 15, 4-9 | Mt 3, 1-12 |
Mt 24, 1 – 14
Dieser Text wirft einen Blick auf die Endzeit – und das kurz vor Weihnachten. Ausgesucht deshalb, weil es um die Vorzeichen der Ankunft Jesu geht, auf die wir schließlich auch im Advent hin leben. Ob dies eine wirklich gute Perikopenauswahl ist, sei dahingestellt. Sie hat aber eine lange Tradition und stammt aus einer Zeit, in der Ankunft und Wiederkunft Jesu letztlich nicht als historisch aufeinander folgende Geschehen angesehen wurden, sondern in gewisser Weise als überzeitlich gleichzeitig. Das ist eine Sichtweise, die dem modernen physikalischen Weltbild aber durchaus nahe steht.
Thema des Textes sind die Geburtswehen des Reiches Gottes, die Leid für die Christen bedeuten. Auch wenn der Einsatz für ein nachhaltiges Leben und Wirtschaften oft mühsam und von Rückschlägen gekennzeichnet ist, so darf es doch nicht mit den hier gemeinten Leiden um des Gottesreiches willen nicht ohne Weiteres gleich gesetzt werden. Der Text möchte jedoch Mut machen, bei der Sache zu bleiben und durchzuhalten. Hierin liegt die Pointe auch für diejenigen, die unter Mühen eine große Transformation des eigenen Lebens und der Gesellschaft versuchen. Das Bemühen um Nachhaltigkeit ist ein mühsames, langwieriges und von Rückschlägen gekennzeichnetes. Es steht aber unter dem Segen Gottes und wird trotz Widerständen zum Ziel führen.
Jes 11,1 – 10
Dieser Text beschreibt eine Utopie. Der Spross aus dem Zweig Isais wurde auf den Messias gedeutet und von den Christen auf Jesus übertragen. Utopien wollen einer Hoffnung Ausdruck geben, sie wollen aber vor allem auch die Gegenwart, in der sie ausgesprochen werden, kritisch beleuchten. Diese Gegenwart ist davon gekennzeichnet, dass eben nicht mit Weisheit und Stärke regiert und nicht nach dem Augenschein Recht gesprochen wird. Der utopische Charakter dieser Zeilen wird spätestens dann deutlich, wenn die Veränderung der Natur beschrieben wird und Wolf und Lamm zusammen liegen und der Löwe zum Vegetarier wird. Diese Ausweitung der Vision von einer Veränderung der menschlichen Gesellschaft hin zu einer Veränderung der Natur macht deutlich, dass von einer grundlegenden Veränderung dieser Welt der Rede ist, von der neuen Welt Gottes.
Dabei wird in dieser Vision ein Kontrast zur aktuellen Situation aufgebaut, der die aktuell gültigen Werte in Frage stellt und ihnen die neuen des Reiches Gottes entgegen stellt. Und hier sehen wir, dass es Gott nicht nur um Gerechtigkeit und Treue unter den Menschen geht, sondern um ein Ende des Lebensgesetzes, dass Leben immer nur auf Kosten anderen lebend möglich ist. Das ist eine sehr weitreichende Vision , die auch weit über den Gedanken der Nachhaltigkeit hinaus geht. Nicht mehr nur so leben, dass das wieder nachwachsen kann, was verzehrt wurde. Nein, hier geht es um eine Welt, in der Leben nicht mehr nur dadurch existieren kann, dass es anderes Leben vernichtet.
Röm 15, 4 – 9
Dieser Text will auf Weihnachten und die Ankunft Jesu einstimmen. Es geht um Freude und Vorfreude und die Mahnung, einander gegenseitig so anzunehmen, wie auch Gott uns angenommen hat. Das Thema Nachhaltigkeit wird nicht berührt, aber es wäre schön, wenn es gelänge, so zu predigen, dass die Freude des Textes nachhaltig auf die Hörerinnen und Hörer überspringt.
Mt 3, 1 – 12
Johannes kündigt Jesus als den Kommenden an, der größer ist als er selbst. Ein Text, der in die Adventszeit passt und hier bei allen Schwierigkeiten im Detail seinen richtigen Platz hat. Man könnte Johannes mit seinem kargen Lebensstil als ein Vorbild für nachhaltiges Leben darstellen. Das will er letztlich auch damit zum Ausdruck bringen. Nicht Wohlstand und gutes Leben sind erstrebenswerte Ziele, sondern ein gutes Verhältnis zu Gott - auch bei kargen Lebensumständen. Das asketische Leben des Johannes kann jedoch nicht Vorbild für eine ganze Gesellschaft sein, in der auch Kinder aufwachsen und Kranke versorgt werden sollen. Einzelne können für sich so leben, eine Gesellschaft bedarf aber der gegenseitigen Fürsorge und auch der Fürsorge für die Zukunft. Dennoch ist ein Lebensstil wie der des Johannes eine ständige Mahnung und ein Appell für eine Ethik des Genug.
Johannes war ein Bußprediger. Er rief zur Umkehr. Und er stellt auch Jesus als einen solchen Rufer zur Umkehr vor. Umkehr ist der zentrale Begriff beim Streben nach Nachhaltigkeit und dem Bemühen um die große Transformation. Abkehr vom alten Lebensstil, Hinwendung zu einem neuen. Johannes kündigt zugleich auch ein Gericht an, das Hinwegfegen und Verbrennen der Spreu. Die Rede von einer Bestrafung durch Gott ist auch im Neuen Testament allgegenwärtig. Es fällt uns heute schwer darüber zu reden. Wir kommen aber um den Hinweis auf die dunkle Seite Gottes nicht herum. Der Gott, der das Leben schuf, kann es auch vernichten. Wir sollten unseren Teil dazu nicht beitragen.
Dr. Michael Gärtner, Speyer