2. Sonntag nach Epiphanias / 2. Sonntag im Jahreskreis (17.01.21)

2. Sonntag nach Epiphanias / 2. Sonntag im Jahreskreis

ev. Predigttext kath. 1. Lesung kath. 2. Lesung kath. Evangelium
Joh 2,1-11 1 Sam 3, 3b-10.19 1 Kor 6, 13c-15a.17-20 Joh 1, 35-42

 

Joh 2, 1-11

Die beiden ErzĂ€hlungen der Kana-Wunder rahmen einen ErzĂ€hlzyklus im Johannesevangelium ein. Weinwunder sind sympathisch, sie versprĂŒhen etwas Menschliches, Freude, Festlichkeit, Gemeinschaft. Der Evangelist erinnert uns daran, dass Gott verschwenderisch ist mit uns Menschen, er gibt Gaben in ÜberfĂŒlle. Aber wir wissen auch, dass diese WeinfĂŒlle ein Hinweis ist auf die Endzeit. Wenn im Johannesevangelium von der Endzeit die Rede ist, meint er den Anbruch der messianischen Zeit.

Manchmal sprechen wir von einer apokalyptischen Stimmung am Himmel, etwa vor einem Gewitter. Etwas Reinigendes steht bevor, aber auch etwas Bedrohliches. Wir wissen ja nicht was kommt. Verstehen wir Zeichen, welche wir heute sehen? Oder wollen wir sie ĂŒberhaupt verstehen? Die Hochzeitsgesellschaft hat die Zeichen Jesu nicht verstanden, nicht einmal seine Mutter. Wir sind also in guter Gesellschaft. Aber wir wissen heute mehr: Die Zeichen die Jesus tat, verweisen auf etwas Tieferes: Auf die LebensfĂŒlle in der Verherrlichung Christi. LebensfĂŒlle, die auch uns geschenkt ist.

Nachhaltigkeitsaspekt

Der Amazonas brennt, die Klimajugend geht auf die Strasse, DĂŒrre und Hitze machten uns Menschen zu schaffen, ein Virus legt uns alle lahm. Was sind denn das fĂŒr Zeichen? Wie betrunken sind wir vom alten Wein, dass wir nicht mehr SpĂŒren, wo die Schönheit und Kraft des neuen, guten Weines ist? Guten Wein trinkt man genussvoll, man schĂŒttet ihn nicht in sich hinein. Vielleicht mĂŒssen wir die GĂŒter dieser Erde wieder so geniessen lernen wie einen guten Wein: Massvoll und voll Freude und Dankbarkeit.

1 Sam 3, 3b-10.19

Die Berufung des Samuel steht als Kontrast zur Entfremdung der Söhne des Eli von Gott. Samuel ist bereit sich in den Dienst JHWH zu stellen, er ist bereit zu hören, was Gott ihm sagt. Es war eine schwierige Zeit damals, das Volk entfernte sich von Gott und Gottes Zeichen wurden kaum gesehen und gehört. Umso wichtiger wird Samuel. Er wurde auserwÀhlt die Botschaft Gottes zu hören und an das Volk weiterzugeben.

Hören ist in der Bibel ein wichtiges Wort: „Höre Israel
“ wurde zum Volk Gottes gesprochen, dieselben Worte benutzt Jesus im GesprĂ€ch mit einem Schriftgelehrten. Auch im Prolog der Benediktsregel steht: „Höre mein Sohn (meine Tochter) auf die Weisung des Meisters, neige das Ohr deines Herzens
“ Es geht dabei immer um ein Hören des Rufes Jesu zur Nachfolge, es geht also um Hören und Handeln.

Nachhaltigkeitsaspekt

Im LĂ€rm einer Disco höre ich kaum was die anderen reden, ich erkenne kaum eine Stimme aus der Menge. Auf einer dichtbefahrenen Kreuzung kann ich mich schlecht unterhalten mit meinem GegenĂŒber. Wenn stĂ€ndig das Radio oder der Fernseher lĂ€uft wird das „Ohr des Herzens“ mit der Zeit taub und abgebrannt. Die Voraussetzung zum Hören ist die Stille. Wo finde ich tĂ€glich einen Moment der Stille um auf meine innere Stimme zu hören? Kann ich mir vorstellen, dass Gott auch zu mir spricht? Und dann? Was folgt dem Hören? Die christliche Soziallehre hat den Dreischritt sehen – urteilen – handeln geprĂ€gt. Vielleicht können wir heute ergĂ€nzen: hören – nachdenken – handeln. Unsere Umwelt wird es uns danken. Es ist nie zu spĂ€t zum Hören.

1 Kor 6, 13c-15a.17-20

Nicht erst in heutiger Zeit, schon in den ersten Christengemeinden gab es harte Auseinandersetzungen. Davon zeugt die Lesung aus dem Korintherbrief. Es geht um Fehlverhalten in der Gemeinde. Nicht nur der oder die Einzelne soll zur Verantwortung gezogen werden, die ganze Gemeinde ist Verantwortlich fĂŒr das Verhalten der einzelnen. Es geht immer um dasselbe: Mit dem Kommen Jesu hat sich etwas grundlegend verĂ€ndert, ein Existenzwechsel hat stattgefunden: Auch unser Leib ist Tempel, Wohnung des Heiligen Geistes. Das Wiederkommen Christi ist nicht nur eine Geistexistenz, die uns von jedem ethischen Handeln entbindet. Wir sind in die Verantwortung fĂŒr und in der Gemeinschaft hineingezogen.

Nachhaltigkeitsaspekt

Der Umgang mit meinem Leib hat nachhaltige Konsequenzen. Wenn ich den Körper eines Menschen als Ware anschaue, wenn Frauen sozial und körperlich Unrecht angetan wird, dann darf die Gemeinschaft nicht wegschauen. Nachhaltigkeit heisst sich einsetzen fĂŒr Schwache. Wenn mein Verhalten die Gesundheit anderer angreift, sei es durch SchĂ€digung des Klimas, Raubbau am Kulturgut Erde oder Unachtsamkeit dem Leben gegenĂŒber, dann bekommen die Worte des Paulus noch einmal eine ganz andere Bedeutung indem ich zum Handeln aufgerufen werde: «Wisst ihr nicht, dass euer Leib en Tempel des Heiligen Geistes ist
 Ihr gehört nicht euch selber 
Verherrlicht also Gott in eurem Leib.» Das ist keine Aufgabe fĂŒr eine Einzelne, das mĂŒssen wir in Gemeinschaft tun.

Joh 1,35-42

Der johanneische Jesus ist nicht der „Bruder“, der mit uns geht und Geschichten erzĂ€hlt. Das Johannesevangelium zieht uns sozusagen mitten hinein ins Geschehen: „kommt und seht“ werden wir eingeladen! Aber die Einladung ist nicht zum Verweilen gedacht, die Einladung, die Jesus damals und heute zu den Menschen spricht ist nicht ein „Strohfeuer“, welches nach kurzem, leidenschaftlichen Brennen wieder erlischt. Glauben und Zeugnis erwachsen aus der Erfahrung welche Menschen mit Jesus machen. Um diese Erfahrung geht es: Bin ich mir bewusst, dass Jesus durch sein Handeln Vorbild ist fĂŒr mein Handeln? Ich muss nicht perfekt sein, wie Petrus nicht der perfekte JĂŒnger war, aber ich muss neugierig sein auf Jesus, auf den Ort wo er wohnt, den Ort, wo er mir zeigt wer er ist.

Die Bibel ist ein sinnliches Buch. Es geht um Hören und Sehen, nicht nur um ein SpĂŒren. Die Berufung der Apostelinnen und Apostel war ein bewusster Akt: Die von Gott geschaffene Welt ist in der Verantwortung von Frauen und MĂ€nnern. Wir tragen Verantwortung. Verantwortung, welche uns von Jesus ĂŒbergeben wurde – bildlich in der Berufung der ersten JĂŒnger. Damit wir wissen was er meint lĂ€dt er uns zu sich ein. Wenn wir sehen wie er lebt, wissen wir, was er von uns erwartet. Bin ich bereit hinzusehen, wie Jesus lebt?

Nachhaltigkeitsaspekt

Wenn ich im Zug durch die Gegend fahre, bin ich manchmal hin und weg von der Schönheit einer Landschaft. Ich sehe Menschen, welche am See spazieren, Kinder die auf der Wiese spielen, Gruppen, die zusammensitzen. Ich kann mich kaum satt sehen. Anders geht es mir bei den Bildern, welche mir das Fernsehen in die Stube liefert: Auseinandersetzungen, Machtspiele, Ungerechtigkeit, abgebrannte Menschen welche keinen Sinn mehr sehen in ihrem Leben. Welche Diskrepanz! Was wĂŒrde Jesus sagen, wenn er wiederkĂ€me? WĂŒrde er uns tadeln? WĂŒrde er uns kritisieren? Ich glaube er wĂŒrde uns wie damals ein Beispiel geben: „Kommt und seht!“ Ich werde bei euch Wohnung nehmen und euch ein Beispiel geben. Sind wir bereit uns ein Beispiel zu nehmen am Leben Jesu? Sind wir bereit andere Menschen als Vorbilder zu nehmen? Menschen welche Nachhaltigkeit gelebt haben und noch leben? Bin ich bereit mich von Jesus in seine Nachfolge rufen zu lassen wie einst Petrus und seine Freundinnen und Freunde? Gemeinsam schaffen wir es die Botschaft Jesu, sein Einsatz fĂŒr Frieden Gerechtigkeit und Bewahrung der Schöpfung weiterzutragen.

Jeanine Kosch, ZĂŒrich