2. Sonntag nach Trinitatis / 13. Sonntag im Jahreskreis (26.06.22)

2. Sonntag nach Trinitatis / 13. Sonntag im Jahreskreis

ev. Predigttext kath. 1. Lesung kath. 2. Lesung kath. Evangelium
Jona 3,1-10 1 Kön 19, 16b.19-21 Gal 5, 1.13-18 Lk 9, 51-62

 

Jona 3,1-10

Impulse

  • Ein Weggeschichte der 180° Wendungen - radikale Richtungswechsel

In dieser Perikope wimmelt es nur so von Richtungswechseln, von 180°-Wendungen, die fast an eine Choreographie erinnern. Alle Protagonisten weichen von eingeschlagenen Wegen und Routinen ab, egal ob es sich um die Seeleute, den großen Fisch, Jona und die Menschen aus Ninive, den König von Ninive, der die radikale Wende sogar auf alle Tiere ausweitet, oder gar um GOTT selbst handelt.

  • Authentische Prophet_innen haben Überzeugungskraft

Weglaufen und so tun, als ginge einen die Welt und ihr Geschick nichts an, bringt nichts, vor allem wenn ein Anruf GOTTES vorausgegangen ist. Jona erkennt die Sinnlosigkeit seines Versuchs, die Augen zu verschließen und den Auftrag zu ignorieren. Dazu braucht es das Abtauchen in die Tiefe, in seinen eigenen Abgrund schauen. Genau dort erfährt er am eigenen Leib die rettende Kraft Gottes. Seine eigene 180°Wende macht ihn glaubhaft und so kann er zu einem überzeugenden Künder werden. Die Menschen nehmen ihn ernst, lassen sich berühren und in ihre eigene 180° Wende führen.

  • Bedrohte Walhaie

Der größte Fisch der Welt, vermutlich ein Walhai (9 m bis 15 m Länge), wird zu Jonas Lebensretter. Diese besonderen Fische ernähren sich von Plankton und kleinen Fischen, können bis zu 100 Jahre alt werden und gehören durch Fischerei, Aquakulturen, Ölbohrungen, Schiffsverkehr und Menschen, die ihnen durch Freizeitaktivitäten zu nahe kommen, zu den bedrohten Arten. Immer wieder gibt es erstaunliche Meldungen von Menschen, die beim Tauchen oder Schnorcheln durch das Eingreifen eines Walhais vor den tödlichen Angriffen von Haien gerettet wurden.

  • Graswurzelbewegung und -initiativen wie z.B. Graswurzelbewegung gegen die Klimakatastrophe

In Ninive beginnt die radikale Umkehr zuerst bei den einfachen Menschen auf der Straße, die sich von den Worten des Propheten wachrütteln lassen. Ihre Verhaltensänderung strahlt aus und wird endlich auch von den Verantwortlichen, wie hier vom König, ernst genommen. Im Buch Jona legt der König seine Statussymbole ab, wird ein Mensch unter Menschen, der selbst den Weg der Wende vollzieht und nicht nur Wegweiser spielt.
Aktueller Bezug z.B. der am 20.September 2019 weltweit ausgerufene Klimastreik, an dem sich in 163 Ländern und 2900 Städten mindestens 4 Millionen Menschen beteiligt haben, und dadurch massiven Druck auf die Regierungen aller Staaten ausüben.

  • Die 180°-Wende bezieht auch die Tierwelt ein

Der König von Ninive weitet das Gebot zur Umkehr auch auf die Tiere aus, ein wichtiger Hinweis auf den Stellenwert der Tiere im biblischen Kontext.
Als Gottes Geschöpfe stehen sie auf derselben Stufe mit den Menschen, vgl. die Schöpfungsberichte und die Sintfluterzählung.
Diese Wertschätzung gilt es aktuell einzufordern angesichts der Massentierhaltungen, der Tierversuche oder dem Handel mit exotischen Tieren.

  • Die Katastrophe bleibt aus

In Ninive beginnen die Menschen ihre Haltungsänderung zu leben, ohne eine Garantie zu haben, dass dadurch das Endgericht abgewendet werden kann. Ein Weiter-so ist für sie nicht mehr möglich.
Im Vergleich mit den Maßnahmen zur Bekämpfung der Corona-Pandemie zeigt es sich, dass sich durch das Einhalten der Maßnahmen die Schreckensszenarien nicht einstellen. Also hat ein neues Verhalten genau den Effekt erzielt, der zur Eindämmung der Pandemie führt.
Ähnliches wäre im Blick auf die drohende Klimakatastrophe dringend notwendig
.

  • Pläne nicht um der Pläne willen durchsetzen

GOTT zeigt sich in der Jona-Geschichte als der, der sich nicht raushält, der dem Menschen zutraut, das Ruder herumzureißen, sich aus der Komfortzone zu wagen und über sich selbst hinauszuwachsen. Von daher vollzieht er selbst auch eine 180° Wende und stoppt seinen ursprünglichen Plan. Daran können wir Menschen uns ein Beispiel nehmen, indem wir Pläne(z.B. Autobahnbau, Abholzen der Regenwälder, Wirtschaftswachstum um jeden Preis) ob ihrer Sinnhaftigkeit hinterfragen und ggf. stoppen.


1 Könige 19,16b.19-21

Impuls

  • nachhaltige Nachfolgeregelung

Die fehlenden Verse 16,a - 18 beschreiben die Wirkung der Nachfolgeregelung durch die Salbung Jehus zum König über Israel und die Salbung Elischas. 7000 werden übrig bleiben - eine Potenzierung der Zahl 7, der Zahl der Fülle, des Ganzen. Damit sichert GOTT das Fortbestehen seines Volkes und garantiert mit Elischa, der die Nachfolge Elijas antreten soll, den göttlichen Beistand.

Wodurch zeichnet sich eine nachhaltige Nachfolgeregelung aus?

Indem die Fähigkeiten und Erfahrungen des Nachfolgers, seine Eignung ansichtig gemacht werden. Elischa ist Bauer und arbeitet auf dem Feld, als ihn die Berufung zur Nachfolge trifft. Die Symbolzahl 12 für die Pflüge zeigt den Zuständigkeitsbereich an, nämlich ganz Israel inkl. Juda.
Elischas Erfahrungen im Umgang mit der Bodenbeschaffenheit, mit Wetterlagen, mit Wasserknappheit, mit Säen und Ernten machen ihn zu einem, der sich mit Gottes Schöpfung auskennt quasi einer, der mit der Materie vertraut ist.
Wachsamkeit für den Kairos - ein weiteres Indiz für nachhaltige Nachfolge, denn Elischa erkennt die Bedeutung der Berührung mit dem Mantel Elijas, er weiß die Zeichen zu deuten und was die Stunde geschlagen hat.
Verantwortungsbewusstes Beenden einer Tätigkeit, um frei zu sein für den neuen Auftrag. Elischa stürzt nicht kopflos Elija hinterher, sondern trifft eigene Entscheidungen, wie er Abschied nehmen will. Er lässt seine Leute gut versorgt zurück und wendet sich dann seiner neuen Aufgabe zu.
Der neue Kandidat auf Gottes Prophetenliste zeichnet sich also durch folgende Eigenschaften aus:
Geerdet - anpackend – gestaltend – berührbar – verantwortungsbewusst - entschieden und mutig und damit ein würdiger Nachfolger für Elija.


Galater 5,1.13-18

Impuls

Die Freiheit, von der Paulus spricht, ist eine Herausforderung, die im täglichen Leben viele Bewährungsproben zu bestehen hat. Zur paulinischen Zeit war es die Frage der Beschneidung, als Zeichen der Zugehörigkeit, das durch den Glauben an Christus an Relevanz verloren hat.

Die Fülle an Wahlmöglichkeiten ob bezüglich Ernährung (Vegan, vegetarisch, ovo-lacto-vegetarisch, fleischlich….) der Fernsehkanäle und Streamingdienste, der Kleidungsstile, Ferienziele, Lebensstile, u.v.m. stellt viele Menschen vor ungeahnte Herausforderungen. Die Qual der Wahl und was ist das persönliche Auswahlkriterium,das in welcher Lebenssituation zur Geltung kommt, beschreiben das aktuelle Konsumverhalten.

Das Stichwort Nachhaltigkeit ist zum neuen Gütesiegel geworden, das auf immer mehr Produkten prangt und für viele Wirtschaftsunternehmen unabdinglich ist, um Kund_innen zum Kauf zu bewegen. Nur braucht es auch hier, die kritische Nachfrage, was genau bedeutet Nachhaltigkeit, woran ist sie zu messen. Hier bedarf es frei nach Paulus mündiger Verbraucher_innen, die sich vom Joch der Wachstumsgesellschaft befreit haben.

vgl.:
Das Nachhaltigkeitsdreieck (s. re:blog auf Otto.de https://www.otto.de/reblog/nachhaltigkeitsdreieck-17636)


Lukas 9,51-62

Impuls zum Aspekt der Nachhaltigkeit

  • Liken versus Lebensumstellung, Strohfeuer versus Ausdauer

Follower zu werden bedeutet für die Nachfolge Jesu eine klare Entschiedenheit, die zum Handeln führt, die Konsequenzen hat, die über das Liken bestimmter Initiativen oder Personen via Instagram weit hinaus geht.

Die Vermeidungsstrategie, die sich hinter Sätzen verbirgt wie:

“....eigentlich finde ich den wachsenden Plastikkontinent in den Meeren ganz furchtbar, aber der Coffee to go oder Essen per Lieferando.de ist doch bequemer…”

“....eigentlich bin ich gegen die Massentierhaltung, aber das leckere Grillfleisch darf nicht teuer sein…”

“...eigentlich bin ich für die Senkung des CO2- Ausstoßes, aber mit dem Auto ist es deutlich schneller und auf das Fliegen kann ich nicht verzichten…”

passt gut zu dem Bild von dem Pflügen mit dem Ochsengespann. Soll es gelingen, bedarf es einer starken Hand, um die Tiere in der Spur zu halten. Mit konzentriertem Blick muss der Pflügende nach vorne schauen, um die Furche gerade zu ziehen. Wenn er sich umdreht, um nach hinten zu sehen, verfehlt er die Furche, die Ochsen wechseln die Spur und der Acker sieht aus, als hätte eine Rotte Wildschweine das Pflügen übernommen.

Karin Müller-Bauer, Trier