4. Advent 2015
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Phil 4, 4-7 (8-9) | Mi 5, 1-4a | Hebr 10, 5-10 | Lk 1, 39-45 |
Phil 4,4-7(8-9): Der der Friede Gottes und der Gott des Friedens
Zum Text
Paulus schreibt den Philipperbrief, als er selbst gefangen ist (Phil 1,7.13f) und noch nicht weiß, ob ein Todesurteil oder ein Freispruch ihn erwartet (1,20-24). Aus der Gefangenschaft heraus fordert er die Philipper zur Freude auf (1,4), einer Freude, die er trotz seiner Situation der Bedrängnis auch selbst empfindet (Phil 1,18), und die im doppelten Sinne mit der Nähe Jesu Christi zusammenhängt – damit, dass er wiederkommen wird und in diesem Sinne nahe ist (vgl. 1,6), aber auch damit, dass er immer nur einen Herzschlag weit entfernt ist und der Glaubende zu jeder Zeit „in ihm“ sein kann (vgl. 1,1; 4,7). Für dieses „in Christus Sein“ bzw. die Bewahrung unseres Herzens und unserer Sinne „in ihm“ spielt der Friede Gottes eine wichtige Rolle, denn er ist es, der sie zu bewahren vermag. Die Formulierung „der Friede Gottes“ in V. 7 verweist auf „der Gott des Friedens“ in V. 9, so dass mir sinnvoll erscheint, VV. 4-9 zusammen auszulegen. Geht es im ersten Abschnitt um Freude, Güte und Gebet, wobei uns der Friede Gottes bewahrt, so im zweiten um unser Tun, bei dem der Gott des Friedens uns nahe ist. In den VV. 4-7 legt Paulus den Philippern eine Haltung nahe, die sie an ihm, dem Gefangenen um Jesu Christi willen, beobachten können: er sorgt sich nicht, ob er lebt oder stirbt (1,20f), er freut sich, er betet und dankt Gott (1,3f). In den darauffolgenden VV. 8-9 wird aber deutlich, dass es „weiter“ auch darum geht, das von Paulus Gelernte zu tun: was wahrhaftig, ehrbar, gerecht, rein, liebenswert ist. Dies kann man dann wiederum auf V. 5 zurückbeziehen: „Eure Güte lasst kund sein allen Menschen!“ und „Der Herr ist nahe!“ Die Nähe des Herrn ist Grundlage allen guten menschlichen Tuns, sie kann in solchem Tun aber zugleich auch für andere sichtbar werden.
Predigtimpulse
- Der Friede, der uns Weihnachten in Jesus nahe kommt, ist Gottes Friede. Er bewahrt unsere Herzen und Sinne. Damit verbindet sich aber „weiter“ auch eine Aufforderung zum Tun des Wahrhaftigen, Ehrbaren, Gerechten, Reinen, Liebenswerten…was könnte das in meinem Leben/meinem Alltag sein? Wie werde ich ein adventlicher Mensch? Wie handle ich adventlich?
- Die Nähe „des Gottes des Friedens“ gewährt uns in der Aktivität jene Sorglosigkeit, die die Jünger Jesu auszeichnen soll (Mt 6,25-34). Gott ist nur einen Herzschlag weit entfernt und wird unser Tun begleiten und vollenden, wir brauchen nicht hektisch sein, denn Hektik hat mit der Angst zu tun, „es nicht zu schaffen“.
Hebr 10,5-10: Menschwerdung als Angelpunkt der Gerechtigkeit
Zum Text
Im Mittelpunkt der 2. Lesung aus dem Hebräerbrief steht ein Zitat aus Ps 40,7-9, das der Verfasser des Briefes dem in die Welt eintretenden, d.h. als Mensch geboren werdenden Jesus Christus in den Mund legt (VV. 5-7). Im weiteren Text legt er die Bedeutung dieser Worte aus. Dabei greift er in seinem Zitat eine prominente Lesart des griechischen AT (LXX) auf: „einen Leib hast du mir geschaffen“ (vgl. den hebräischen Text: „Ohren hast du mir gegraben“). Dadurch stellt er das Tun des Willens Gottes in einen neuen Kontext: nicht mehr die Ohren sind Angelpunkt des Gehorsams und damit jedes gerechten Handelns, sondern der ganze Leib, bzw. das ganze Leben im Leib. Zugleich tritt die Hingabe des ganzen Lebens (Jesu Christi und von ihm her auch der Gläubigen) an die Stelle der kultischen Opfer und löst sie ab.
Predigtimpulse
- Jesus Christus tut gemäß Hebr 10,5-7 Gottes Willen, indem er Mensch wird und als Mensch nach Gottes Willen lebt. Er kann im Leib mitfühlen mit unserer Schwäche und uns daher mit Erbarmen begegnen (Hebr 4,15f).
- Aber auch uns befähigt unsere Leiblichkeit zum Mitleid und zum gerechten Handeln, wie der Hebr in Kap 13 ausführt: „Denkt an die Gefangenen, als wäret ihr mitgefangen; denkt an die Misshandelten, denn auch ihr lebt noch in eurem irdischen Leib“ (Hebr13,3). Als leiblich verfasste Wesen sind wir mit allen anderen Menschen verbunden, und es ist unsere Aufgabe, ihnen beizustehen.
Gottesdienst vollzieht sich im leiblich erfahrenen Alltag der Welt (Hebr 10,8-10; vgl. auch Röm 12,1f). Unsere Lebenshingabe an Gott konkretisiert sich im Gebet (Hebr 13,15), in der Gemeinschaft und in der Wohltätigkeit (Hebr 13,16).
Sr. Igna Kramp CJ