20.o4.25 – Osternacht / Ostersonntag

ev. Predigttext kath. 1. Lesung kath. 2. Lesung kath. Evangelium
Nacht: 1 Thess 4, 13-18
Tag: Joh 20, 11-18
Nacht (1. Les.): Gen 1, 1 - 2, 2
N. (2. Lesung): Gen 22, 1-18
N. (3. Lesung): Ex 14, 15 - 15, 1
N. (4. Lesung): Jes 54, 5-14
Tag: Apg 10, 34a.37-43
N. (5. Les.): Jes 55, 1-11
(6.): Bar 3, 9-15.32 - 4, 4
(7.): Ez 36, 16-17a.18-28
(Epistel): Röm 6, 3-11
T.: Kol 3, 1-4 od. 1 Kor 5, 6b-8
Osternacht: Lk 24, 1-12
am Tag: Joh 20, 1-9

Der Autor beschränkt sich bei den insgesamt 14 biblischen Texten auf vier Texte, je einen pro ev. bzw. kath. Gottesdienst.

 

EKD-Predigttext für die Osternacht: 1 Thess 4,13-18

Passend zum heute gefeierten Fest der Auferstehung Jesu ist die Gemeinde in Thessalonich überzeugt von der nahen Wiederkunft Christi und der damit verbundenen Auferstehung aller dann lebenden Christ:innen. Die Gemeinde macht sich aber Sorgen um die bereits Verstorbenen, ob diese dann auch an der Auferstehung werden teilhaben können.

Diese starke Sorge um die „Generationen vor uns“ scheint mir heute ihre Entsprechung in der großen Sorge um die „Generationen nach uns“ zu haben. Wird unsere Enkelgeneration noch gut leben können auf unserer wunderbaren, aktuell aber von uns Menschen sehr geschundenen Erde? Und was wird mit den Generationen in zwei oder drei Jahrhunderten sein: wird es dann überhaupt noch Menschen geben? Werden unsere potenziellen Nachfahren gar nicht mehr geboren werden können? Und bleibt ihnen damit auch die Auferstehung verwehrt?

Heute ist Ostern, das Fest der Auferstehung Jesu. Diese schenkt uns Hoffnung, für die Auferstehung der Generation vor uns und nach uns sowie unserer eigenen Generation.

Auferstehung kann sich jederzeit ereignen, auch mitten in unser aller Leben. Als Menschen, die an die Auferstehung glauben, können wir uns gerade in diesen für Viele hoffnungslos erscheinenden Zeiten auch für Auferstehungsprozesse in der geschundenen Schöpfung auf unserer Erde einsetzen. Beispiele sind die Unterstützung bei der Verbesserung der Lebensbedingungen von vom Aussterben bedrohten Tierarten, die nur noch regenerative „Bearbeitung“ der ausgelaugten Böden, der konsequente Schutz von bedrohten oder verfolgten Bevölkerungsgruppen wie Indigenen, Kriegsgeflüchteten und vielen mehr.
Jesus ist wahrhaft auferstanden. Möge auch die gesamte Schöpfung Gottes auferstehen.

 

EKD-Predigttext für Ostersonntag: Joh 20, 11-18

Maria ist voller Trauer: Jesus, der ihr so viel bedeutete, ist tot. Ihre Hoffnungen sind zerborsten. Und nun wurde Jesus auch noch aus seinem Grab weggenommen.

Sind unsere Hoffnungen nicht auch schon oft zerborsten: die Hoffnungen auf eine bessere, gerechtere, friedlichere Welt, in der alle Menschen das, was sie zum Leben brauchen, auch bekommen? In der wir Menschen in Einklang mit der Natur leben, wir niemanden ausbeuten? Aber die Realität sieht ganz anders aus. Es gibt sehr viel Zerstörung, Tod und Leid, Ungerechtigkeit, Traurigkeit und für viele auch Hoffnungslosigkeit.

Traurigkeit und Hoffnungslosigkeit kann uns daran hindern, die Hoffnung stiftenden Dinge, die Auferstehungsmomente wahrzunehmen. Wir sind dann sozusagen blind vor Leid. Wie Maria, die Jesus zunächst gar nicht erkennt. Als Maria Jesus erkennt und damit möglicherweise auch bereits beginnt, seine Auferstehung wahrzunehmen, ändert sich bei Maria Vieles. Ihre Trauer scheint zumindest nicht mehr tonangebend, sie erhält wieder viel Energie und kann Jesu Auferstehung verkünden.

Und wir? Was brauche ich, um trotz aller problematischen Zustände in der Welt hoffnungsfroh in die Zukunft blicken und – gespeist von Glauben an Jesu Auferstehung – der Welt Gutes bringen zu können?

 

Kath. Text in der Osternacht (1. Les.): Gen 1, 1 - 2, 2 (Erschaffung der Erde/Welt)

Einige Grundgedanken zu dieser für die christliche Schöpfungstheologie so zentralen Bibelstelle:

  • Diese erste Erzählung der Bibel ist nicht historisch oder gar naturwissenschaftlich gedacht. Aber sie möchte aufzeigen, dass Gott seit Beginn der Erschaffung der Erde in dieser Welt ist, sie belebt und liebt. Sie entwirft das Bild von der Erde, wie sie von Gott her ist und sein sollte. Gerade in Abgrenzung zu den oft brutalen Lebenswirklichkeiten, die in den folgenden Genesiskapiteln ja auch deutlich thematisiert werden, wirkt dieser Text wie eine große Vision, ja gar utopisch – die Erde zugleich als Lebens- und als Gotteshaus! Das bedeutet, dass unser Umgang mit der Erde gleichzusetzen ist mit unserem Umgang Gott gegenüber! Gehe ich, gehen wir mit der Erde so um, wie wir mit Gott umgehen (wollen)?
  • Gott schafft den Menschen als sein Abbild (Gen 1,26f), was der Gattung Mensch eine unglaublich große Würde verleiht, zugleich aber auch eine starke Verantwortung überträgt. Diese Verantwortung hat der Mensch teilweise missbraucht, was im Namen des angedachten neuen Erdzeitalters, dem Anthropozän (von dem altgriechischen ánthropos, zu deutsch ‚Mensch´), auf den Punkt gebracht wird. „Dank“ uns Menschen gibt es Klimawandel, Artensterben, Krieg, massivste Ungerechtigkeiten. Kann uns das Erinnern und immer wieder neu Bewusstmachen, dass wir Menschen Abbild Gottes sind und dahingehend handeln sollen, helfen, unserer Verantwortung wieder gerecht zu werden?
  • Ähnlich herausfordernd ist die im Segen Gottes für die Menschen beinhaltete Aufforderung über Tiere zu „herrschen“. Theologen wie Norbert Lohfink und Klaus Koch übersetzen das Verb כבשkavash mit „hüten“, was eine ganz andere Aussageabsicht hat. Noch weiter geht Erich Zenger, der diese Stelle als Herausforderung an den Menschen zur Verteidigung der Erde als Lebenshaus für alle Lebewesen deutet.
  • Dazu passen würden auch die Verse 1,29-31, denn hier wird sowohl den Menschen als auch den Tieren ausschließlich pflanzliche Nahrung zugewiesen. Hintergrund ist, dass in dieser Vorstellung niemand auf Kosten von Anderen leben soll. Was würde sich auf unserer Erde verändern, wenn alle Christenmenschen und Jüd:innen sich nur noch pflanzlich ernähren würden? In vielen Teilen der Welt könnte Massentierhaltung abgeschafft werden, es bräuchte kein Regenwald mehr für Futtermittelanbau gerodet werden, weltweit ginge der CO2-Verbrauch drastisch nach unten.
  • Spannend gerade für unsere Zeit der Effektivität und Gewinnmaximierung ist der siebte Schöpfungstag, ein Tag der Ruhe, ein Tag der Unverfügbarkeit. Diese Unterbrechung soll Raum schaffen für die Wahrnehmung unserer Welt und Gottes Wirken in ihr. Hier liegt ein Anknüpfungspunkt für eine sich immer stärker ausbreitende regenerative Arbeits- und Lebenskultur: dahinter steckt die Idee, dass der Mensch sich von den Prinzipien der Natur inspirieren lässt, um ökologische und soziale Systeme wiederzubeleben und zu erneuern – eben zu regenerieren. Als Menschen werden wir gesunder, integrierter Bestandteil der Erde - eben Gärtner:innen dieses Planeten, z.B. indem wir auf persönlicher Ebene von Selbstausbeutung (vgl. zunehmende Erschöpfungssymptome) zur Selbstfürsorge gelangen und kollektiv sozial reiche Gesellschaften aufbauen und Ökosysteme begrünen. Wie lebe ich, wie leben wir diesen Tag der „Ruhe“? Gelingt es mir und uns, mehr und mehr regenerativ zu leben?

 

Kath. Text am Ostersonntag: Joh 20, 1-9 (Das leere Grab; Simon Petrus „und der andere Jünger“)

Der Tod ist ein Abgrund. Das Leben kennen wir, meinen wir zumindest. Aber was nach dem Leben kommt, das wissen wir nicht. Deshalb macht der Tod vielen von uns Angst. Sich mit den eigenen Ängsten auseinanderzusetzen, ist sehr herausfordernd und kann uns individuell wie gesellschaftlich überfordern. Deshalb wenden wir oft Verdrängungsmechanismen an, die dazu führen können, dass wir uns Angst einflößende Gegebenheiten verdrängen, vermeiden oder schlicht verneinen.

Im Evangelium mit dem „leeren Grab“ Jesu spielt der „andere Jünger“ („den Jesus liebte“) eine zentrale Rolle. Als er und Simon Petrus von Maria von Magdala hören, dass Jesus nicht mehr im Grab ist, rennen sie schnell zum Grab. Diese Nachricht von Maria bewegt sie zutiefst: ihr Lehrer, Meister, Freund, Vorbild, ihre Hoffnung auf ein besseres Leben, auf Erfüllung, ist nun nicht nur gekreuzigt worden und gestorben, sondern nun auch noch verschwunden. Am Grab Jesu, am bitteren Tod, angekommen, beugt sich „der andere Jünger“ hinab und schaut in das Grab (in den Abgrund). Hinab steigen (in den Abgrund) tut er nicht. Traut er sich nicht, hat er Angst davor etwas zu sehen, was er nicht sehen will, vielleicht auch nicht ertragen kann?

So lässt er den nachkommenden Simon Petrus vor. Nachdem dieser in das Grab hinab gestiegen ist und Gegenstände Jesu vorfindet, Jesus selbst aber nicht, folgt auch der „andere Jünger“ – und findet dort die große Wandlung, kann alle Ängste hinter sich lassen, denn „er sah und glaubte“. Diese Glaubenserfahrung wird auf den „anderen Jünger“ verwandelnd gewirkt haben. Mindestens angstreduzierend. Vertrauend darauf, dass das Leben stärker ist als der Tod. Sinnstiftend, ermutigend. Voraussetzung war, die uns angeborenen Verdrängungsmechanismen zu überwinden und sich bewusst auf den Abgrund einzulassen. Im Einlassen auf den Abgrund sich verändern zu lassen, biblisch gesprochen zur „Umkehr“ zu finden.

Klimawandel, Artensterben, die vielen durch uns Menschen ausgelösten Zerstörungen ängstigen viele Menschen weltweit. Immer mehr Menschen verstehen das Ausmaß dieser großen Krise, vermutlich der größten in der bisherigen Menschheitsgeschichte. Sogar das Aussterben der Spezies Mensch scheint in greifbare Nähe zu rücken. Klima- und Zukunftsängste werden ein immer größeres Phänomen. In diesem Zusammenhang kommt es vermehrt zu verschiedenen Verdrängungen. Individuell und gesellschaftlich. Das heutige Evangelium scheint klar vor Augen zu führen, dass ein sich/uns der Realität stellen, ein in den Abgrund bewusst hineinschauen, sehr helfen, ja zu neuem Leben führen kann. Ich stelle mir ein so bewusstes sich unseren eigenen Abgründen stellen sehr reinigend vor: wir Menschen (v.a. im globalen Norden) würden uns nichts mehr vormachen, sondern wir würden genau wahrnehmen, wohin unsere Art zu leben, uns Menschen und die gesamte Schöpfung gebracht hat, und dass nur eine Umkehr, eine Transformation unseres Denkens und Handelns, unseres Miteinanders, uns zum von Gott gewollten „Guten Leben. Für alle!“ führen kann. Sozusagen eine Auferstehungserfahrung in der Auseinandersetzung mit unseren Abgründen. Helfen könnte uns dabei das Wissen, dass Gott auch in diesen Abgründen mit uns ist, dass Gott uns aber immer zum Leben führen will. Das gilt für den „anderen Jünger“ wie für uns heute.

Christoph Fuhrbach, Bistum Speyer