20. Sonntag nach Trinitatis / 28. Sonntag im Jahreskreis (14.10.18)

20. Sonntag nach Trinitatis / 28. Sonntag im Jahreskreis

ev. Predigttext kath. 1. Lesung kath. 2. Lesung kath. Evangelium
1 Kor 7, 29-31 Weish 7, 7-11 Hebr 4, 12-13 Mk 10, 17-30

1 Kor 7,29-31

Predigtaspekte zur Nachhaltigkeit

„Die Gestalt dieser Welt vergeht“. Welcher Satz schiene sich besser für eine Predigt zum Thema Nachhaltigkeit zu eignen als dieser? Allerdings hat der Verfasser hiernicht eine Mahnung zur Bewahrung der Schöpfung im Sinn, im Gegenteil. Eine fast knisternde Naherwartung spricht aus diesen Zeilen, die das Ende der Zeit, wie wir sie kennen, unmittelbar vor sich sieht. Das Leben soll und muss in dieser Übergangszeit zwar weitergehen, wenngleich ohne tiefere innere Anteilnahme. Geist und Blick sind schon ganz weg vom Irdischen auf das Kommende ausgerichtet: Auf die baldige Wiederkunft des Herrn und den Anbruch der Gottesherrschaft. Mit ihr, so die Hoffnung, wird sich auch die uns bekannte Gestalt der Welt radikal verändern.

So könnte dieser Text eher als dialektischer Gegenpol zur heute so drängenden Forderung eines nachhaltigen und vorausschauenden Umgangs mit der Welt und der Schöpfung behandelt werden. Das Thema könnte etwasein, welche grundlegende Haltung zur Welt wir als Christinnen und Christen heute einnehmen. Sie muss sich zwangsläufig unterscheiden von der hier geäußerten Haltung des Paulus und darf die christliche Hoffnung auf eine Wiederkunft des Herrn doch nicht aufgeben. Wie also geht nachhaltiges, verantwortliches Leben vor dem Horizont einer stets befristeten Lebens- und Weltzeit?

Weish 7,7-11

Anmerkungen zum Text

Das Buch der Weisheit entstand wahrscheinlich im 1. Jahrhundert v. Chr. im hellenistischen Umfeld. Weisheit meint hier weit mehr als bloße Intellektualität. Sie umfasst neben der Klugheit auch praktisches Lebenswissen. Weisheit weitet demnach den Blick, lässt tiefer blicken, größere Zusammenhänge erkennen und schafft letztlich eine Verbindung von Vernunft und Glauben. Darum gilt es, ein Leben lang nach ihr zu streben.

Predigtaspekte zur Nachhaltigkeit

Man kann einen direkten Zusammenhang zwischen Weisheit und Nachhaltigkeit herstellen. Ein Denken und Handeln, das nachhaltige Entwicklung im Blick hat, darf man getrost als Ausdruck von Weisheit deuten, d.h. von großer Klugheit, gepaart mit profundem Lebenswissen. Und auch die Weisheit selber ist schließlich nachhaltig. Der Text spricht diesen Gedankenm.E. in Vers 10 aus, wo es heißt: „Niemals erlischt der Glanz, der von ihr (der Weisheit) ausstrahlt.“ Weises Handeln hat immer Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft im Blick und behält genau darum seinen Glanz durch die Zeit.

Hebr 4. 12-13

Anmerkungen zum Text

In den ältesten Quellen trägt der Brief eines unbekannten Verfassers die Überschrift „An die Hebräer“. Dennoch richtet sich der Inhalt des Hebr nicht dezidiert an Judenchristen. Er hat vielmehr alle Christgläubigen im Blick. Im dritten und vierten Kapitel geht es u.a. um die Sorge vor einem Abfall vom christlichen Glauben. Das Wort Gottes, sein Logos, ist für den Verfasser jedoch unzweideutig. Es stellt die Gläubigen messerscharf vor eine Entscheidung.

Predigtaspekte zur Nachhaltigkeit

Was ist nachhaltig? Zuallererst wohl alles, das langfristig und auf Zukunft angelegt ist und nicht nur auf kurzfristige Bedürfnisbefriedigung.Die martialische Formulierung in dem kurzen Hebr-Text unterstellt, dass es kein Entrinnen gibt vor Gottes Wort. An ihm scheiden sich die Geister und es fordert jeden, der mit ihm konfrontiert wird, zur Entscheidung heraus. In der Begegnung mit Gottes Wort geht es für den Menschen also sozusagen ums Ganze. Hier ließe sich durchaus der Gedanke der Ernsthaftigkeit und damit der Nachhaltigkeit von Lebensentscheidungen thematisieren, zu der uns Gott mit seinem Wort herausfordert.

Mk 10, 17-30

Anmerkungen zum Text

Jesus ist auf dem Weg nach Jerusalem, wo sich sein Lebensschicksal entscheidet. Ein namenloser Mann spricht ihn unterwegs an. Es geht um jene Grundfrage, die sich Gläubigen damals wie heute stellt: Was kann/muss ich tun, um das ewige Leben zu gewinnen? Die Antwort Jesu ist deutlich: Nach den Geboten leben und –allen Besitz aufgeben! Daran freilich scheitert nicht nur der Mann damals. Das berühmte Bild von der kleinsten Öffnung und dem größten damals bekannten Tier illustriert dies anschaulich. Dennoch bleibt ein Ausweg, für den Mann damals und den Gläubigen heute: Bei Gott ist alles möglich.

Predigtaspekte zur Nachhaltigkeit

Was ein nachhaltiges Leben in seinem Sinne ausmacht, erläutert Jesus in der Antwort an den namenlosen Mann. Nicht das Zusammenraffen und Anhäufen von immer mehr Besitz, im schlimmsten Fall sogar auf Kosten anderer, öffnet den Weg zum Leben. Im Gegenteil. Das Klammern an vermeintliche Sicherheiten versperrt ihn geradezu, wie am Beispiel dieses Mannes illustriert wird. Vielmehr wird eine Art „Kommunismus light“ als Lösung angedeutet. Wer alles hergibt, gewinnt sogar noch mehr dazu, indem er Güterund Menschen mit anderen teilt (Häuser, Brüder, Schwestern, …). Hier könnte ein erster Predigtansatz zum Thema Nachhaltigkeit liegen. Die sogenannte Share-Economy, also das Teilen von Gütern, gilt als wichtiger Schritt, mit wertvollen Ressourcen nachhaltiger umzugehen und gleichzeitig den Wohlstand von vielen zu erhöhen. Dass Jesus diesen Aspekt hier mit einer evangeliumsgemäßen Nachfolge in Beziehung setzt, macht ihn besonders interessant.

Martin Wolf, Kaiserslautern