13. Sonntag nach Trinitatis / 21. Sonntag im Jahreskreis (21.08.16)

13. Sonntag nach Trinitatis / 21. Sonntag im Jahreskreis


ev. Predigttext kath. 1. Lesung kath. 2. Lesung kath. Evangelium
1 Joh 4, 7-12 Jes 66, 18-21 Hebr 12, 5-7.11-13 Lk 13, 22-30

Stellung im Kirchenjahr

Die Schriftlesungen der Sonntage im August 2016 kreisen um die konkreten Herausforderungen, mit denen sich die von Gott Gesandten konfrontiert sind. So thematisiert der 20. Sonntag im Jk. äußere Widerständen wie Ablehnung oder Bedrohung, der 22. die Versuchungen, die im Inneren der/des Gesandten angesiedelt sind, etwa das Streben nach Anerkennung und Karriere. Dazwischen beleuchtet der 21. die Chancen, die der Welt daraus erwachsen, wenn Menschen sich in Gottes Dienst berufen lassen.

Kurz vor dem heute Sonntag jährt sich zum 40. Mal die öffentliche Selbstverbrennung von Pfarrer  Oskar Brusewitz am 18. August 1976 in Zeitz. Erst vor zehn Jahren rang sich das „Neue Deutschland“ zu einer Entschuldigung für die damalige Hetz- und Verleumdungskampagne der DDR-Staatsmedien gegenüber dem streibaren und umstrittenen Geistlichen durch.

Exegetische Anmerkungen

1 Joh 4,7-12

Im Rahmen eines kleinen „Hohenliedes der Liebe“ (4,7-21) preist Joh Gott als den Ursprung der Liebe, der aufgrund seines Wesens nicht anders kann, als seinen Sohn in die Welt zu senden, damit wir durch ihn leben. Dieses neue Leben ist dabei nicht nur Absicht Gottes, sondern auch Antwort auf seinen Anspruch an uns und vollzieht sich in der gegenseitigen Liebe unter den Menschen (vgl. 3,11.23).

Jes 66,16-21

Die Berührung mit fremden Völkern und Kulturen mag negative Gefühle auslösen und die Versuchung in sich bergen, das Unbekannte als unheimlich und bedrohlich zu empfinden. Doch Gott will nicht, dass Israel sich aufs Eigene zurückzieht und verschanzt. Denn er gibt sich nicht eher zufrieden, als bis jeder, der zu ihm gehört, wieder zu den anderen gefunden hat, zu ihm zurückgekehrt ist.

Hebr 12,5-7.11-13

Eingebettet in das Motiv des Weges und der Wanderschaft (12,1-3.12-14.22), bietet der Text politische Pädagogik. Die Züchtigung begegnet in Form von Widerständen durch die, die auf das Irdische ausgerichtet sind und bleiben wollen. Von daher dient Leid als Zurüstung für ein Leben in Frieden und Gerechtigkeit, als Zu-Mutung, Menschen wieder zu stärken und zu heilen.

Lk 12,22-30

Die Perikope bildet den Abschluss einer Reihe von Gleichnissen über das Reich Gottes und betont in V. 24 (agonizein) die Anstrengung, derer es bedarf, sich in es hinein zu kämpfen. Entscheidend ist nicht, woher der Glaubende kommt, sondern die Praxis seines Glaubens. Sie ist das Kriterium, nach dem Einlass zur globalen Tischgemeinschaft gewährt wird oder nicht.

Predigtskizze

Angesichts bestehender Widerstände, der sich denen bietet, die sich von Gott berufen lassen, gilt es den entscheidenden Blick zu bewahren. Leid ist nichts endgültiges, sondern immer Herausforderung, die angegangen werden muss, weil Gott den Menschen aufrichten und heilen will. Seine Perspektive ist immer weiter, hat die globale Tischgemeinschaft, Frieden und Gerechtigkeit im Sinn.

Von daher ist Widerstand immer auch eine Zu-Mutung, die tiefer in die eigene Berufung hineinführt und anregt, auf Gottes Liebe hinzu reflektieren, der nicht in sich ruht oder um sich selbst kreist, sondern immer Mensch und Schöpfung im Blick hat, die er mit sich und untereinander versöhnen, neu in Einklang bringen will.

Bezüge zur Nachhaltigkeit, Beispiele zur Umsetzung und weitere Kontexte

1. Widerstände erleben und neu sehen (Jes, Hebr, Lk)

Die Anfechtung überfällt uns von außen und innen. Die Macht, die Gewalt, der Schmerz, die erlebte Erniedrigung, das eigene Versagen, der schweigende Gott, die äußerste Hilflosigkeit:  das alles kann bittere Entscheidungen fordern. Es kann dann von innen die Angst dazukommen, jenes schleichende Gewürm, das jede Menschensubstanz auffrisst. Es kann die Dämonie von innen losbrechen, die Wildheit, die Empörung, der Zweifel, der Lebenswille, der nicht von sich weg will. Das alles kann bittere Stunden bereiten und die Welt ist nachher anders, als sie vorher war. Die Haut ist gegerbt, trägt Narben und Wunden. (…) Der Mensch muss auf alle falsche Sicherheit verzichten, und er wird der großen Ruhe und Überlegenheit des Herrgotts teilhaftig.

Delp, Alfred: Aus dem Gefängnis = Bleinstein, Roman (Hg.): Gesammelte Schriften 4 (1984), Frankfurt a. M.: Josef Knecht, 239.

2. Hoffend weiterkämpfen (1 Joh, Hebr, Lk)

Wir schauen die Pforte; sie ist verschlossen, nicht zu erschüttern. Wir heften unsere Augen darauf; wir weinen unter Qualen; wir sehen sie immerzu; die Last der Zeit drückt uns nieder.
Die Pforte ist vor uns; was nützt es uns, zu wollen? Besser, wir gehen davon, lassen die Hoffnung fahren. Wir werden niemals eintreten. Wir sind des Schauens müde… Auf tat sich die Pforte und ließ soviel Schweigen hindurch,
Dass keine Gärten erschienen und keine Blume; nur unermesslich der Raum, in dem die Leere und das Licht sind, war plötzlich anwesend allenthalben, erfüllte das Herz, und wusch die Augen, die erblindeten fast unter dem Staub.

Weil, Simone: Zeugnis für das Gute. Spiritualität einer Philosophin, 1998, Zürich/Düsseldorf: Benziger, 9.

3. Niemand isst für sich allein (1 Joh, Jes, Lk)

Am 16. Oktober 2009, dem Welternährungstag setzte „Brot für die Welt“ mit der Übergabe von 35.000 Unterschriften an die Bundeskanzlerin ein deutliches Zeichen gegen den Hunger. Die Aktion war ein voller Erfolg. Sie trug wesentlich dazu bei, dass die Themen weltweite Ernährungssicherheit und ländliche Entwicklung wieder auf der politischen Agenda stehen.
Die Unterschriftenaktion „Weltweite Tischgemeinschaft“ war Teil der Kampagne „Niemand isst für sich allein“. Hierin thematisiert „Brot für die Welt“ die Globalisierung des Essens. Der Handel mit Nahrungsmitteln, die Ernährungsgewohnheiten und die Lebensbedingungen im ländlichen Raum – hier und anderswo auf der Welt – stehen in enger Wechselwirkung zueinander.
Armut und Hunger in der Welt sind eingebunden in globale Strukturen, die auch durch unseren Lebensstil und unsere Art zu konsumieren beeinflusst werden.

Nähere Infos: http://www.presseportal.de/pm/6938/1061349

 

Dr. Joachim Feldes

Literatur:
Bovon, Francois: Das Evangelium nach Lukas (Lk 9,51-14,35) = Evangelisch-Katholischer Kommentar zum Neuen Testament III/2 (1996), Zürich: Benziger.
Der Hebräerbrief = Zeitschrift für Neues Testament 29 (2012), Tübingen: Francke.
Gärtner, Judith: Jesaja 66 und Sacharja 14 als Summe der Prophetie. Eine traditions- und redaktionsgeschichtliche Untersuchung zum Abschluss des Jesaja- und des Zwölfprophetenbuches = Wissenschaftliche Monographien zum Alten und Neuen Testament 114 (2006), Neukirchen-Vluyn: Neukirchener Verlag.
Klauck, Hans-Josef: Der erste Johannesbrief = Evangelisch-Katholischer Kommentar XXIII/1 (1991), Zürich: Benziger.