Trinitatis / Dreifaltigkeitssonntag (22.05.16)

Trinitatis / Dreifaltigkeitssonntag


ev. Predigttext kath. 1. Lesung kath. 2. Lesung kath. Evangelium
Röm 11, (32) 33-36
bzw. Eph 1, 3-14
Spr 8, 22-31 Röm 5, 1-5 Joh 16, 12-15

Epheser 1, 3-14 (nach der revidierten und zur  Erprobung freigegebenen  Perikopenordnung)

Exegetische Überlegungen

In der zur Erprobung freigegebenen Perikopenordnung ist für den 22.5.2016 als Predigttext  ein Abschnitt aus dem Epheserbrief vorgeschlagen worden.  Im Zentrum des Briefs stehen Empfehlungen für die christliche Lebensführung – und für die Gestaltung der neu gegründeten christlichen Gemeinden. Dabei nimmt der Verfasser immer wieder Texte und Gestaltungselemente auf, die aus christlichen Gottesdiensten stammen könnten oder aber zur Verwendung in der liturgischen Praxis gedacht sind. So auch im vorgeschlagenen Text Epheser 1, 3-14:

Die Verse 3 und 14 geben den Rahmen vor, in dem hier geredet wird: Das Lob Gottes ist Grund und Ziel unserer Anbetung und unseres Lebens. So lautet auch die Überschrift des Kapitels in der Luther-Übersetzung: „Lobpreis Gottes für die Erlösung durch Christus“.

Die Verse 3 – 14 enthalten  im Wesentlichen ein umfangreiches Bekenntnis zu Gott, der uns von allem Anfang an erwählt hat, der uns erlöst und uns zu Erben einsetzt, der uns sein Eigentum sein lässt. Der Absatz „soll die Grundstimmung der Dankbarkeit und Demut, der Freude und des Vertrauens schaffen.“ (Rudolf Schnackenburg: Der Brief an die Epheser, Evangelisch-Katholischer Kommentar zum Neuen Testament, Neukirchen-Vluyn 1982, S. 67)

Diese Dankbarkeit, Demut, Freude und Vertrauen erwachsen aus der Vergewisserung einer großartigen Geschichte: „ein einziger Segen Gottes, den er an uns in Jesus Christus erfüllt.“ (Schnackenburg,  S. 66)

Der so entstandene Lobpreis –in einem einzigen Satz zur Hymne geworden – ist ein Echo auf Gottes Heilshandeln, darum stehen Aussagen über die Vergangenheit auch  in direktem Zusammenhang mit Aussagen über die Zukunft, darum hängt die Erinnerung an frühere Segenstaten Gottes eng mit der Erwartung kommender Verheißung zusammen.

Das Zentrum dieses Welt- und Geschichtsverständnisses ist Jesus Christus selbst, er hält Gott und Mensch, Himmel und Erde zusammen. Nur weil wir hinein genommen sind in die Gemeinschaft mit Jesus Christus sind wir auch hinein genommen in das Gnadengeschehen und  Erben des Segens: „Er macht gewiss, stiftet im Glauben Identität. Wer sich als erwählt geliebt glaubt, bekommt wieder eine Würde. Wer seinen Platz in der Schöpfung und bei Gott weiß, hat wieder eine Orientierung. Im Segen werden Beschädigungen in einem schwieriger werdenden Leben ausgeglichen, der Segen bleibt ein unaufgebbarer Schatz, er kann nicht zurückgenommen werden.“ (Wilfried Lenzen. In: Gottesdienstpraxis. 4. Perikopenreihe Band 3. Gütersloh, 2006.)

Assoziationen

Segen ist nachhaltig! In diesem Lobpreis wird reflektiert, was es bedeutet, ein Erbe anzutreten und eine Erbschaft so zu verwalten, dass auch die  Kinder und deren Erben noch davon zehren können. Für solch nachhaltig wirkenden Segen wird Gott gedankt. Segen bewirkt Dankbarkeit, Erlösung bewirkt Erneuerung und die Erfahrung der Gnade bewirkt Sehnsucht nach Gottes Verheißung: Für unsere Zeit und unsere Welt sind diese Zusammenhänge keinesfalls selbstverständlich! Erst allmählich setzt sich die Erkenntnis durch, dass Lebensressourcen nicht unendlich sind und darum der Bewahrung bedürfen. Erst allmählich wächst Einsicht, dass Gottes gute Gaben – Wasser, Energie, Wertstoffe aller Art… - geschützt sein wollen vor Ausbeutung und ungerechter Verteilung.

Was damals in einem großen Lied des Lobs hymnisch erklang, muss sich bei uns als Lebensmaxime erst einmal wieder durchsetzen. Heute scheinen andere Maxime zu gelten: Sünden der Vergangenheit interessieren nicht, zukünftige Lasten werden links liegen gelassen, Freiheit ist die Freiheit des Einzigen und Befreiung keine gesellschaftspolitische Größe. Wie gut und heilsam wäre es, wenn sich dem gegenüber wieder alte Erkenntnisse durchsetzen könnten: Wir brauchen wieder das Wissen um den Zusammenhang der Weltgeschichte, wir brauchen wieder ein neues Verantwortungsgefühl für unser gegenwärtiges Tun und Lassen, damit wir unsere Zukunft und die Zukunft unserer Kinder nicht ausblenden aus dem alltäglichen Geschehen, wir brauchen eine Weltsicht, in der die guten Gaben Gottes als Geschenk wahrgenommen werden und nicht als selbstverständliche Lebensqualität, in der Demut, Dankbarkeit und Lob Raum haben.

Die weiteren Texte im Gottesdienst  stellen diese Gedanken in den Zusammenhang der dreifachen „Heilig“-Sprechung am Trinitatis-Sonntag. Dazu passen diese Liedverse:

Wo Menschen sich vergessen, die Wege verlassen und neu beginnen, ganz neu, da berühren sich Himmel und Erde, dass Frieden werde unter uns, da berühren sich Himmel und Erde, dass Frieden werde unter uns.    
Wo Menschen sich verschenken, die Liebe bedenken, und neu beginnen, ganz neu, da berühren sich Himmel und Erde…   
Wo Menschen sich verbünden, den Hass überwinden, und neu beginnen, ganz neu, da berühren sich Himmel und Erde…

 

Weitere Texte im Gottesdienst

Wochenpsalm (nach der revidierten und zur Erprobung empfohlenen Perikopenrevision):  Psalm 113

Lesung  Jesaja 6, 1-8:  Der Saum  des Kleides Gottes berührt den Boden – und Gott selbst die Lippen des Propheten:  Begegnungen zwischen Himmel und Erde sind möglich, sie verändern die Wahrnehmung der  Erde – und machen aufmerksam für deren Kraftorte und Schmerzpunkte.

Lesung  Römer 11, (32) 33 – 36:  Ein weiterer neutestamentlicher Lobpreis: Aus dem Staunen über Gottes Wunder wächst die Erkenntnis: Alle Dinge sollen seine Schönheit widerspiegeln!

Evangelium: Johannes 3, 1-8 (9-13):  Gottes Geist hilft, sich den  Fragen des Lebens zu stellen und  Verantwortung zu übernehmen – für das Gestalten des eigenen Lebens und für das Gelingen der Schöpfung.

Lieder: EG 165: Gott ist gegenwärtig;

Singt Jubilate 53: Du bist heilig,

Wo Menschen  sich vergessen … da berühren sich Himmel und Erde!  (Text: Thomas Laubach)

Beate Heßler