25.o5.25 – Rogate / 6. Sonntag der Osterzeit

ev. Predigttext kath. 1. Lesung kath. 2. Lesung kath. Evangelium
Joh 16, 23b-28 (29-32) 33 Apg 15, 1-2.22-29 Offb 21, 10-14.22-23 Joh 14, 23-29

Zu Johannes 16,23b-28 (29-32) 33

Mit dieser Perikope endet die Abschiedsrede Jesu an die Jünger (Johannes 14-16), die mit dem Vers begann: «Euer Herz erschrecke nicht!» (Joh. 14,1) Danach wendet sich Jesus zum Vater und bittet ihn für seine Jünger. Der Spitzensatz der Perikope lautet: «Dies habe ich euch gesagt, damit ihr Frieden habt in mir. In der Welt habt ihr Angst, aber seid getrost, ich habe die Welt überwunden» (Joh. 16,33, Zürcher Bibel).

Wer sich für Gerechtigkeit, Frieden und die Bewahrung der Schöpfung (GFS) engagiert, stösst auf Widerstand. Äussere Anfeindungen und innere Anfechtungen fordern heraus und können zu Entmutigung und Angst führen. In den europäischen Ländern sind es insbesondere die Gleichgültigkeit gegenüber der Klimakatastrophe und die zunehmende Bereitschaft, der Migration mit Stacheldraht und staatlicher Gewalt zu begegnen. In anderen Staaten, in denen mit Geld, Geheimdienst und Gewalt regiert wird, kann der Einsatz für GFS zur Bedrohung von Leib und Leben führen.

Der Widerstand gegen GFS, der zu Frustration und Verfolgung führen kann, kommt von dem, was im Johannesevangelium «Welt» genannt wird. «Die Welt» kann eine Angst erzeugen, die lähmt, in die Flucht jagt oder zu einem aufreibenden Kampf reizt. Gegen die Angst vor der «Welt», die mit dem Tod uns regiert (Kurt Marti), hilft das Wort: «Seid getrost. Ich habe die Welt überwunden.» Die irrationale Gewissheit, dass die Macht der «Welt» begrenzt ist, und die Freude im Herzen, dass Jesus, unser Herr, die «Welt» besiegt hat, schenken Geduld im Leiden und Gelassenheit gegenüber grossen Mächten. Und sie verleihen die Kraft und Weisheit, um die eigene Sendung weiter zu verfolgen. Denn der christliche Glaube vertröstet nicht auf eine Zeit danach, sondern ermutigt, im Hier und Jetzt zu beten und zu kämpfen, denn «unser Glaube ist der Sieg, der die Welt überwunden hat» (1. Johannes 5,4).

 

Zu Apg 15,1-2.22-29, Offenbarung 21, 10-14.22-23 und Johannes 14,23-29

Die drei Bibelstellen sind durch das Thema der Nähe Gottes im Heiligen Geist, der Frieden bringt, verbunden. Beim Apostelkonzil (Apg. 15) beruft sich die Versammlung auf den heiligen Geist bei ihrer Entscheidung, im Blick auf die Gültigkeit des mosaischen Gesetzes für die Heidenchristen einen Kompromiss zu schliessen: «Denn der heilige Geist und wir haben beschlossen», heisst es in der oft missbrauchten, aber dennoch eindrücklichen Formulierung. Dieser Beschluss ermöglichte den Frieden innerhalb der einen Kirche.

In der Vision vom neuen Jerusalem (Joh. 14,23-29) sah Johannes keinen Tempel, «denn Gott, der Herr, der Herrscher über das All, ist ihr Tempel». Während man sich in der alten Welt vorstellte, dass Gott in einem Tempel wohnt, wird er im neuen Jerusalem überall und immer gegenwärtig sein. Er wird nicht mehr in einem geweihten Haus angebetet werden, sondern im Geist und in der Wahrheit (Joh. 4,24).

Im Evangelium Joh. 14,23-29 verheisst Christus denen, die ihn lieben und sein Wort bewahren, die Liebe Gottes, des Vaters, und seine Liebe. Jesus und der Vater werden zu ihnen kommen und bei ihnen wohnen. Darauf antwortet die Gemeinde mit dem Gebet: «O heil’ger Geist, kehr bei uns ein und lass uns deine Wohnung sein».

Danach hinterlässt der scheidende Jesus seiner Gemeinde den Frieden. Was ist mit dem Frieden hier und im Zusammenhang von Gerechtigkeit, Frieden und Bewahrung der Schöpfung (GFS) gemeint? Das griechische «eirene» bedeutet erstens das Gegenteil von Krieg. Vom hebräischen Schalom beeinflusst bedeutet es im NT zweitens Wohlergehen. Und da der Friede nach prophetischen Vorstellungen ein wesentliches Merkmal des messianischen Heils ist, ist «eirene» drittens oft gleichbedeutend mit dem «Heil» bzw. der Lebensgemeinschaft mit Gott, dem Vater, und dem auferstandenen Christus. Letztere Bedeutung legt sich im Zusammenhang von Johannes 14 nahe.

Im Prozess GFS meint der Friede zunächst die Abwesenheit von Krieg, doch dieser Friede darf nicht von der Gerechtigkeit und der Bewahrung der Schöpfung losgelöst werden. Es geht in diesem Prozess um den Schalom. Sind aber die Gerechtigkeit, der Friede und die Integrität der Schöpfung nicht sichtbare Zeichen des Reiches Gottes, das auch das Unsichtbare umfasst? Der scheidende Jesus hinterlässt und vererbt seiner Gemeinde die Gemeinschaft mit dem Vater und ihm – und legt ihnen die Sehnsucht nach dem grossen Frieden ins Herz.

Arnold Steiner, Wildberg (Zürich)