28.o4.24 – Kantate / 5. Sonntag der Osterzeit

ev. Predigttext kath. 1. Lesung kath. 2. Lesung kath. Evangelium
Offb 15, 2-4 Apg 9, 26-31 Eph 1, 17-23 oder
Eph 4, 1-13
Joh 15, 1-8

Vorbemerkung

In den nachösterlichen Gottesdiensten bis Pfingsten entfalten unsere Gottesdienste die Osterfreude in verschiedenen Dimensionen. Sowohl der Text der ev Perikopenordnung, als auch die drei rk Lesungstexte erinnern uns an die PrĂ€senz Gottes, die sich im Wirken der Gemeinde zeigt: Gottes Wirklichkeit, sein Reich unter uns wird spĂŒrbar in unserem Tun und Lassen im Hier und Jetzt.

Offb 15, 2-4

Der Sonntag „Kantate“ im ev. Kirchenjahr ist benannt nach Ps. 98,1: „Singt dem Herrn ein neues Lied, denn er tut Wunder“. Er ist traditionell ganz der Musik und dem Singen gewidmet: Denn wer von Gottes Wundern erfĂ€hrt, will singend danken und loben („Wer singt, betet doppelt“). „Sie singen schon wieder“ – schon zu biblischen Zeiten erkannte man die Christen im Römischen Reich daran.

Wir sollen in immer neuen Weisen diesen Gott zu loben und preisen, ins vielfĂ€ltige Halleluja (= „Preist Gott“) der Schöpfung einstimmen – und dabei ausdrĂŒcklich ein neues Lied singen, wie der Wochenpsalm uns nahelegt. Auf Kirchen- und Katholikentagen können wir solche neue Lieder hören und mitsingen: als Wechselgesang, Kanon, gerappt, als Chorsatz oder Lobpreislied.

Denn Gottes Schöpfung ist bunt. Die Musik malt ein Klangbild einer bunten, nachhaltig lebenden Gemeinde, in der nicht jede*r das Gleiche bekommt, sondern was er/sie braucht hat, um gut zu leben: Wie wichtig ist es, sich dies immer wieder bewusst zu machen angesichts der verschiedenen, sich zuspitzenden Konflikte auf unserer Erde, die unser so wenig nachhaltige Lebensstil in den „Schwitzkasten des AnthropozĂ€n“ nimmt. Die – buchstĂ€blich und im ĂŒbertragenen Sinne – zunehmend aufgeheizte AtmosphĂ€re gefĂ€hrdet ein gutes Leben fĂŒr alle, immer spĂŒrbarer auch fĂŒr uns selbst.

Mit Musik und Liedern geht vieles besser, auch der Anstoß fĂŒr VerĂ€nderung. Musik bewegt. Musik heilt. Musik verbindet Menschen und Völker, verbindet uns miteinander und mit Gott. Mit Musik predigen wir Gottes nachhaltiges Wirken mitten in unserer Zeit, mitten in unserem Leben, mitten in seiner Schöpfung. Wir stimmen ein in das Schöpfungslob, das uns selbst erfasst und verĂ€ndert. Das neue Lied befreit von Ă€ußeren und inneren Fesseln, es kann uns verwandeln zu liebevolleren und auch dankbaren Menschen, die bereit sind und mitwirken, die Wirklichkeit zu verĂ€ndern.

Apg 9, 26-31

Die rk Texte stehen am 5. Sonntag der Osterzeit noch deutlicher unter dem Eindruck von Ostern. Im 1. Lesungstext sucht Paulus den Anschluss an die JĂŒnger, er möchte zu ihnen gehören. Sie zweifeln jedoch an seiner Bekehrung vor Damaskus. Nur Barnabas vertraut darauf, dass aus dem ehemaligen Saulus nun Paulus geworden ist (V.26f). Er vertraut dem vormaligen Feind, vertraut der Kraft zur VerĂ€nderung; und er hofft darauf, dass Gott einem Menschen neue Wege des Glaubens weisen kann.

Aus dem glĂŒhenden Christenverfolger Saulus ist tatsĂ€chlich ein ebenso glĂŒhender Apostel geworden. Der „neue“ Paulus predigt, redet, streitet mit den griechischen Juden, was zu Konflikten mit seinen jĂŒdischen Freunden fĂŒhrt. Die Apostel entschĂ€rfen die Situation, indem sie Paulus als Missionar nach CĂ€sarea und Tarsus entsenden (V.28-30): Das schafft zwischen die Streitenden Raum und Zeit fĂŒr neue Lösungen.

Die Jerusalemer Gemeinde findet zu neuem Frieden. In der Hinwendung zu Gott und dank des Wirkens des Hl. Geistes wÀchst und gedeiht sie.

1 Joh 3, 18-24

Christsein zeigt sich vor allem „in Tat und Wahrheit“ (V. 18). Wort und Tat scheinen hier gegeneinander zu stehen; doch sind sie im 1 Joh prinzipiell beide auf die Liebe bezogen: Gottes Liebestat besteht darin, seinen Sohn in die Welt gesandt zu haben (4,10), die er erschaffen hatte durch „das Wort“, das diese erst sichtbar, hörbar, greifbar, benennbar machte.

Der offensichtliche RĂŒckbezug auf die Immanenzformel (Joh 14,10.20) in V. 24 bestĂ€rkt uns: Christus ist in unserem Handeln und Wirken gegenwĂ€rtig, getragen von Gottes Geist und geleitet vom Gebot der Liebe (V. 23). Dies ist dann auch prĂ€gend fĂŒr unsere Beziehung zu Gott, zueinander, zu unserer Mitwelt insgesamt.

Der Glauben an eine neue, von Gottes Geist geprĂ€gte Wirklichkeit auch heute spiegelt sich darin, wie wir unser eigenes Leben und das Leben in unserer Gemeinde gestalten. Aktionismus ist dabei nicht erforderlich – auch wenn wir uns stĂ€ndig bewusst sind, dass wir eigentlich immer zu wenig tun, bewirken und, ja, auch beten fĂŒr das Reich Gottes. Unser Tun „aus der Wahrheit“ lĂ€sst uns vielmehr gelassener werden; diese Erkenntnis wird „unser Herz in seiner Gegenwart beruhigen“ (V. 20). Sie mag auch helfen, nicht zu resignieren, sondern besonnen auf die kommenden VerĂ€nderungen reagieren und ihnen positiv begegnen zu können.

Joh 15, 1-8

Wie ist Jesus Christus bei uns gegenwĂ€rtig – und wie wirkt sich das konkret aus? Die Theologie des Joh dreht sich ganz um den erhöhten Christus als Zeichen von Gottes Herrlichkeit und Liebe. Jesu Leben und seine „Ich-bin“-Worte beziehen sich darauf: Jesus brachte durch sein Wirken das Reich Gottes in die Welt; das Tun der heutigen Gemeinde bringt das Reich Gottes hier und jetzt.

Joh 15 bezieht sich auf die ImmanenzÂŹformel (Joh 14,10.20): Ich im Vater, der Vater in mir; ihr in mir, ich in euch. Die Reben sind mit dem Weinstock verbunden wie Jesus mit uns. Die „FrĂŒchte“ sind Ausdruck der Herrlichkeit Gottes: Im Tun und Handeln der Gemeinde gewinnt die neue Wirklichkeit, die Christus in die Welt getragen hat, Gestalt – damals wie heute.

Das heißt auch: JĂŒngersein/Christsein ohne Verbindung zu Christus ist nicht möglich. Wie Reben nur am Weinstock gedeihen können, können auch wir nur im Glauben wachsen und Frucht bringen, wenn wir uns an Jesus halten. Entfernen wir uns von ihm als der Quelle des Lebens, fĂ€llt es auf uns zurĂŒck. Verlieren wir das Bewusstsein fĂŒr unsere Geschöpflichkeit aus dem Blick, missachten wir Gott. Durch unseren Lebensstil beschleunigen wir die KlimaerwĂ€rmung, den Verlust an BiodiversitĂ€t und intakten Ökosystemen; so schneiden wir uns selbst ab vom Weinstock des Lebens.

DarĂŒber hinaus liegt darin auch Hoffnung und eine Verheißung fĂŒr unser konkretes Tun vor Ort: Das Bild von Rebe, Weinstock und der „guten“ Frucht stellt uns als „Reben“ in den Dienst der Sache Jesu Christi. WofĂŒr also setzen wir uns ein? Als JĂŒngerinnen und JĂŒnger in seiner Nachfolge sind wir dabei gefragt, immer wieder neue Wege zu suchen und finden, die dem Leben dienen – hin zu mehr Gerechtigkeit, Frieden und Bewahrung der Schöpfung.

Christina Mertens, MĂŒnchen

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