3. Adventsonntag
ev. Predigttext | kath. 1. Lesung | kath. 2. Lesung | kath. Evangelium |
Lk 1,67-79 | Jes 61, 1-2a.10-11 | 1 Thess 5, 16-24 | Joh 1, 6-8.19-28 |
Gott kommt. In dieser Erwartung leben wir im Advent. Gott ist Mensch geworden. Das feiern wir bald an Weihnachten.“Frieden auf Erden“, lautet die Botschaft der Engel. Frieden ist Gottes Plan für diese Welt. Frieden ist möglich. Wir können etwas dafür tun. Diesen Glauben wachzuhalten, weiterzusagen, immer neu mit unseren eigenen ganz persönlichen Erfahrungen zu verbinden und mit unserem Leben darauf zu antworten – das bedeutet, dass die Grundmelodie unseres Lebens von Vertrauen und Hoffnung bestimmt sein darf. Dieses Thema zieht sich unterschiedlich deutlich durch alle vier Texte für den Sonntag 3. Advent. Am deutlichsten spricht es der erste Text an, das Benediktus des Zacharias.
Lk 1,67-79
Der Lobgesang des Zacharias. „Wes das Herz voll ist, des geht der Mund über“, kommt mir in den Sinn bei diesem überströmenden Lobgesang, poetisch durchkonstruiert wie ein Psalm, voller alttestamentlicher Zitate. Unmöglich, dieser Fülle von Assoziationen und Bildern in einer Predigt nachzugehen. Mein Blick, meine Gedanken bleiben beim Lesen hängen an den Worten: „Richte unsere Füße auf den Weg des Friedens“. Diese Bitte am Ende des Lobliedes, die heute noch so aktuell ist wie zu Zeiten Zacharias`, berührt mich, zumal in der Verbindung mit „die sitzen in Finsternis und Schatten des Todes.“
Die Perikope ist Teil der Kap. 1 und 2 des Lukasevangeliums, der Vorgeschichte, der Geburtsgeschichten von Johannes und von Jesus, die Lukas hier in zwei Erzählsträngen miteinander verknüpft. Zwei Engelsbotschaften und vier Hymnen prägen die Kapitel. Das Magnificat (Lk. 1, 46-55) und das Benediktus (Lk. 1, 67-79) ragen besonders heraus und haben Eingang in die gottesdienstliche Liturgie gefunden. Der Lobgesang des Zacharias besteht aus zwei Teilen: einem Hymnus in der 3. Person (Vv. 67-75), der Gottes Macht und Barmherzigkeit lobt, ja segnet, und einem Geburtslied in der 2. Person, an das neugeborene Kind gerichtet (Vv. 76-79). Das Benediktus gilt dem Gott Israels. Er erfüllt seine Versprechen, die er von alters her gegeben hat. Der Hymnus reagiert auf bereits Geschehenes und richtet im 2. Teil, dem Geburtslied, wie bei einem Geburtstagswunsch den Blick nach vorn. Das Kind Johannes als der Wegbereiter des kommenden Retters wird so in die Heilsgeschichte Gottes mit seinem Volk eingeordnet. Ursprüngliche Heilserwartungen werden auf das neue Kapitel der Heilsgeschichte hin ausgelegt. Lukas erwartet eine neue Epoche innerhalb der Geschichte Israels. Die Heilshoffnung des Lukas ist auf das Land bezogen und insofern eine politische.
Es sei noch darauf hingewiesen, dass das Benediktus liturgischer Teil des morgendlichen Stundengebets, der Laudes ist (ebenso wie das Magnificat am Abend) und somit bis heute mit vielen Stimmen gebetet wird.
Am 3. Advent steht bekanntlich Weihnachten vor der Tür mit all dem, was sich an Erwartungen, Hoffnungen, Befürchtungen an dieses emotional aufgeladene Fest knüpft. Der Erwartungshorizont des Predigttextes ist ein ganz anderer. Man kann die Gottesdienstgemeinde anregen, darüber nachzudenken, wie sich unsere persönliche Lebensgeschichte mit der Heilsgeschichte Gottes verwebt. Man kann darlegen, wie wichtig es ist, sich diesen Segenskreislauf bewusst zu machen: Gott kommt zu uns. Gott braucht es, dass wir mit ihm in Beziehung sind, Gott braucht uns, so wie wir Gott und seinen Segen brauchen.
„Das aufgehende Licht aus der Höhe“ ist einerseits ein schönes Bild für die frohen Erwartungen, die sich an das Weihnachtsfest knüpfen, eine Metapher für Lichterglanz und Kerzenschein, andererseits macht es deutlich, wie sich im Heilshandeln Gottes Himmel und Erde untrennbar verbinden.
Die Bitte: „Und richte unsere Füße auf den Weg des Friedens“ bietet vielfältige konkrete Anknüpfungspunkte für aktuelle Erfahrungen von Unfrieden und eigene Handlungsmöglichkeiten und nimmt damit den konkreten politischen Ton des Benediktus ernst.
Es ist sinnvoll, in der Predigt konkrete Beispiele für solches Handeln zu erwähnen, möglichst mit Bezug zur Gemeinde: z. B. Arbeit mit Geflüchteten, Hilfsangebote wie die Tafel oder ein Mittagstisch, Aktionen zum Klimaschutz, Besuchsdienste …
Die Aktion „Brot für die Welt“, über die in vielen Gemeinden in der Adventszeit informiert und für die gesammelt wird, bietet eine weitere Möglichkeit, das Eintreten für Frieden und Gerechtigkeit, damit das Licht auch zu denen kommt, die in Finsternis und Schatten des Todes sitzen, sehr konkret zu machen. Neben der Sammlung kann man über ein Projekt, das Brot für die Welt unterstützt, intensiver informieren. Hier lassen sich auch Konfirmandinnen und Konfirmanden gut beteiligen.
Jes. 61, 1-2a, 10-11
Die Ankündigung der zukünftigen Herrlichkeit Zions lässt sich nicht ohne Bruch auf das Christusgeschehen übertragen. Assoziativ kann man jedoch leicht Bezüge herstellen zum Benediktus des Lukasevangeliums: Über der Finsternis soll es hell werden und die Herrlichkeit des Herrn wird aufgehen – mit diesem vollmundigen Bekenntnis passen die Prophetenworte zu der prophetischen Rede des Zacharias. Wenn man sie erdet mit der ganz konkreten Erfahrung der unerwarteten und wundersamen Geburt des Johannes, werden sie anschaulich und eigener Erfahrung zugänglich.
1.Thess. 5, 16-24
Die letzten Sätze des 1. Thess. enthalten Ermahnungen und Grüße an die Gemeinde in Thessaloniki. Die Ankunft des Herrn ist der Erwartungshorizont, in den hinein der Apostel spricht, und es ist auch der Erwartungshorizont im Kirchenjahr am 3. Advent. Der Vater Jesu Christi ist ein Gott des Friedens, und er heiligt seine Gemeinde, indem er sie befähigt, alles zu prüfen und das Gute zu behalten. Also sich von den Werken der Finsternis abzuwenden und die Füße auf den Weg des Friedens zu richten, durch das eigene ganz konkrete Handeln das Gute zu tun. So passt diese Perikope sehr gut zum Benediktus des Zacharias, indem sie die Verantwortung und die Möglichkeiten der einzelnen Person benennt, dem Frieden zu dienen.
Joh. 1, 6-8.19-28
Einen großen Sprung von der Geburt des Johannes, die Zacharias im Benediktus besingt, zum Wirken des erwachsenen Täufers mutet uns diese Perikope zu. Johannes zeugt vom Licht, das kommt, und er ruft die Menschen auf, Gott den Weg zu ebnen. So weist auch diese Perikope auf Weihnachten hin und auf die Christgeburt, und zugleich darauf, dass Heil uns einerseits geschenkt wird und dass es uns andererseits in die Verantwortung ruft. Heil und Frieden sind nichts, was wir passiv erwarten und erleben, sondern was auch durch unser konkretes Handeln Gestalt gewinnt.
Wunder sind möglich. Unsere Hoffnung ist nicht vergeblich. Gott ist mit uns auf dem Weg. Und wir sind – wie Johannes, wie Jesaja, wie die Apostel – Wegbereiter Gottes. Manchmal sehen wir das ganz klar. Dazu helfen uns Schweigen und Stille. Dazu helfen uns die Erzählungen der Bibel und die Lieder, die wir singen. Dazu hilft uns, wenn wir einander erzählen von den Momenten der Klarheit, die wir schon erlebt haben. Und unser unbeirrtes Handeln für Frieden und Gerechtigkeit, unsere kleinen Schritte helfen auch. Denn wir wissen: alles ist mit allem verbunden. Nichts, was wir für Frieden und Gerechtigkeit tun, ist vergeblich. Unsere Lebensgeschichte ist verwoben in die große Geschichte Gottes mit seiner Schöpfung. Und wir dürfen an jedem Tag unseres Lebens neu beginnen, mit neuen Worten, neuer Hoffnung, neuem Glauben.
Claudia Brinkmann-Weiß, Hanau
Literatur
M. Frettlöh, GPM 61/1; F. Bovon, EKK III/I 1989; K. Wengst, Land Israel und universales Heil im NT, 2011; Predigtmeditationen im christlich-jüdischen Kontext Reihe V, 2012); Richte unsere Füße auf den Weg des Friedens, Festschrift für Helmut Gollwitzer, München 1979