3. Sonntag nach Epiphanias / 3. Sonntag im Jahreskreis (26.01.20)

3. Sonntag nach Epiphanias / 3. Sonntag im Jahreskreis


ev. Predigttext kath. 1. Lesung kath. 2. Lesung kath. Evangelium
Apg 10,21-35 Jes 8, 23b - 9, 3 1 Kor 1, 10-13.17 Mt 4, 12-23

Apg 10,21-35

Unser Predigttext erzĂ€hlt vom römischen Offizier Kornelius und dem Judenchristen Petrus, zwei Menschen, die sich durch die Leitung Gottes aufeinander zubewegen, das Trennende ĂŒberwinden und durch den Glauben an Christus miteinander vereint werden. Die Boten des Kornelius stehen vor dem Haus des Petrus und stellen Kornelius als „gottesfĂŒrchtigen Mann“, also einen Nichtjuden, der sich zum Gott Israels hĂ€lt und in beschrĂ€nktem Maße die “Tora” befolgt, vor. Hervorgehoben wurden vom Verfasser zuvor insbesondere seine Almosen und Gebete (V. 2) - beides Grundpfeiler jĂŒdischer Frömmigkeit. Von einem Engel habe er den Auftrag erhalten, Petrus von seinen MĂ€nnern aus Joppe holen zu lassen, womit die vorherige Erscheinung des Engels in V. 1-8 angesprochen wird. Petrus geht einen wichtigen Schritt auf die heidnischen Knechte des Kornelius zu: er beherbergt sie und zieht ihnen nach. Noch vor wenigen Tagen wĂ€re dies fĂŒr Petrus sicherlich undenkbar gewesen. Im Gegensatz zum Diaspora-Judentum wurde im palĂ€stinensischen Judentum aus Furcht vor Verunreinigung strenge Absonderung von Nichtjuden praktiziert. Doch Petrus wurde von Gott auf die Begegnung mit Kornelius und seinen Knechten vorbereitet: die Vision und der Befehl auch unreine Speisen zu essen (V. 9-16), deutete darauf hin, dass er sich nicht von Menschen anderer Nationen absondern sollte. So spricht er zu Kornelius und seinen Hausgenossen: “Ihr wisst, dass es einem jĂŒdischen Mann nicht erlaubt ist, mit einem Fremden umzugehen oder zu ihm zu kommen; aber Gott hat mir gezeigt, dass ich keinen Menschen gemein oder unrein nennen soll.” (V. 28). In Joppe angekommen, berichtet Kornelius von seiner Erscheinung (V. 30-33). Sowohl der Bericht als auch die Begegnung mit dem römischen Hauptmann fĂŒhren Petrus zum entscheidenden Durchbruch in seinem Denken (und damit zum Wendepunkt der frĂŒhen hauptsĂ€chlich judenchristlichen Gemeinde): “Nun erfahre ich in Wahrheit, dass Gott die Person nicht ansieht; sondern in jedem Volk, wer ihn fĂŒrchtet und Recht tut, der ist ihm angenehm” (V. 34-35). 

Trotz multikultureller RealitĂ€t stellen Vorurteile und Vorbehalte gegenĂŒber dem und den “Fremden” gegenwĂ€rtig in vielen westlichen LĂ€ndern eine große Gefahr fĂŒr den gesellschaftlichen Frieden dar. Solche gesellschaftlichen Ressentiments werden von rechtspopulistischen Bewegungen und Parteien effektiv instrumentalisiert, um weitere Unruhe zu schĂŒren. Angesichts dessen kann unser Predigttext wichtige Impulse fĂŒr das Gemeindeleben bieten: Gott zeigt dem Petrus nicht nur durch die Vision sondern insbesondere auch durch die Begegnung mit dem römischen Offizier Kornelius, dass vor ihm alle Menschen unabhĂ€ngig von ihrer Herkunft gleich sind. Unsere Gemeinden sollen also Orte der Begegnung sein, an denen Vorurteile abgebaut und abgelegt werden. Sie sollen die Tatsache reflektieren, dass in Christus alles Trennende ĂŒberwunden werden kann und soll (Gal 3,28). Nur so kann die Kirche glaubhaft den Gott, der die Person nicht ansieht, bezeugen.

Jes 8,23b-9,3  

Das Gebiet der NordstĂ€mme Sebulon und Naftali fiel im syrisch-ephraimitischen Krieg als Erstes in die HĂ€nde der Assyrer (733 v. Chr.) und wurde so besonders stark von heidnischer Religion und Lebensweise beeinflusst, was in der Bezeichnung “Gebiet der Nationen” zum Ausdruck gebracht wird. Die anderen geographischen Beschreibungen, “Weg am Meer” und das “Land jenseits des Jordan” beziehen sich wahrscheinlich auf die gleiche Region. Die Lage ist dĂŒster: Jesaja beschreibt Fremdherrschaft und UnterdrĂŒckung (“sein drĂŒckendes Joch und den Stab auf seiner Schulter, den Stock seines Antreibers”). So hoffnungslos es auch scheint, so wird dennoch laut Jesaja Gott dem Leid ein Ende bereiten. Dem Volk ist ein aufstrahlendes Licht, Mehrung und Freude in FĂŒlle verheißen. Dabei wird Gottes Handeln mit dem wundersamen Sieg ĂŒber die Midianiter durch die dreihundert MĂ€nner unter der Leitung des Richters Gideon verglichen (Richter 6-8). Besonders in den nachfolgenden Versen 4-6 wird deutlich, dass es sich bei unserem Text um eine messianische Verheißung handelt, welche in unserem Evangelium auf Jesus Christus hin gedeutet wird.

Auch heute sind wir mit einer besonders dĂŒsteren Lage konfrontiert: der Klimawandel schreitet scheinbar unaufhaltsam voran. Die Folgen werden laut Berichten und Prognosen dramatisch sein: Meeresspiegelanstieg, extreme WetterphĂ€nomene, Naturkatastrophen, Armut und Flucht, um nur einige der Konsequenzen zu nennen. Alle Versuche, VerĂ€nderung zu bewirken, scheinen wirkungslos zu verpuffen. Dass angesichts dessen viele Menschen mit Furcht, Angst und Resignation reagieren ist sicherlich verstĂ€ndlich. Aber gerade hier kann unser Text Mut machen und Hoffnung schenken: inmitten von unĂŒberwindbarer Dunkelheit lĂ€sst Gott plötzlich ein helles Licht leuchten. Selbst die kleinsten BemĂŒhungen kann er nutzen, um die grĂ¶ĂŸten VerĂ€nderungen zu bewirken (man denke etwa an die im Text erwĂ€hnte Geschichte der dreihundert MĂ€nner, oder aber auch an den kleinen Jungen mit den Broten bei der Speisung der FĂŒnftausend in Jn 6). RĂŒckschlĂ€ge und WiderstĂ€nde sollten uns deshalb nicht die Hoffnung rauben, sondern uns dazu bewegen, aus dem Glauben Kraft zu schöpfen und im Gutestun nicht MĂŒde zu werden.

1 Kor 1,10-13.17

Unser Text lĂ€sst zwar keine direkten BezĂŒge zum Thema Nachhaltigkeit erkennen, aber dennoch lassen sich indirekt BerĂŒhrungspunkte vorfinden: die Warnung vor Spaltungen und die Ermahnung zur EinmĂŒtigkeit umfasst nĂ€mlich auch ethische Fragestellungen, was Paulus auch spĂ€ter immer wieder in seinem Brief hervorhebt (z.B. 1. Kor 5). Wenn das Streben nach Nachhaltigkeit aus christlicher Sicht tatsĂ€chlich ethische Relevanz besitzt, dann mĂŒssen Christen “eines Sinnes und einer Meinung” sein. Ansonsten wĂ€re Christus zerteilt. Dieser Auftrag ist ökumenisch: er gilt Christen aller Konfessionen. Hier gilt es in allen Kirchen und Gemeinden Überzeugungsarbeit zu leisten! Nur wenn Christen gemeinsam mit einer Stimme zu diesem Thema sprechen können, ist wirklicher Einfluss und Beitrag zur Umsetzung nachhaltiger Lösungen möglich.

Mt 4,12-23

Unser Evangelium berichtet von den ersten JĂŒngerberufungen am See von GalilĂ€a. ZunĂ€chst beruft Jesus Petrus und Andreas: “Kommt her, mir nach! Ich werde euch zu Menschenfischern machen”. Berufung und Verheißung sind miteinander verbunden. Auch die ZebedĂ€ussöhne folgen Jesus sofort nach. Sie verließen “das Boot und ihren Vater”, sie lassen also sowohl Beruf als auch Familie hinter sich, um dem radikalen Ruf Jesu zu folgen. “Sofort” bzw. “umgehend” folgen sie Jesus. Es gibt kein Zögern, keine Zweifel. FĂŒr sie ist klar, dass Jesus und sein Reich an erster Stelle stehen mĂŒssen. Es anzumerken, dass MatthĂ€us nicht unbedingt die erste Begegnung zwischen Jesus und den JĂŒngern beschreiben möchte, sondern vielmehr die RadikalitĂ€t der Nachfolge hervorheben will. Aber könnte nicht das Hintersichlassen von Arbeit und Familie, die scheinbare Abkehr von der Welt und ihren Verpflichtungen, zu einer völligen VernachlĂ€ssigung aller “weltlichen” Belange fĂŒhren? Ist dann nicht die Sorge um Klima und Umwelt angesichts des kommenden Gottesreiches Zeitverschwendung? WĂ€re nicht viel eher eine stoische GleichgĂŒltigkeit angemessen? Diese durchaus verstĂ€ndlichen EinwĂ€nde zeigen uns, wie wichtig es ist, auch V. 23 in der Predigt voll zur Geltung kommen zu lassen: Christus lehrte nicht nur, sondern er “heilte im Volk alle Krankheiten und Leiden”. Er nahm sich dem Leid der gefallenen Schöpfung und der Menschen an, um das Evangeliums zu bekrĂ€ftigen. Dabei geht es nicht so sehr um empirische Beweise fĂŒr die Botschaft Christi, sondern um sicht- und fĂŒhlbare Zeichen der RealitĂ€t des kommenden Reiches. Die Wunderheilungen Christi sind Zeichen der erneuerten Schöpfung, des neuen Himmels und der neuen Erde (Offb. 21). Nachhaltigkeit als Versuch die Harmonie in der Schöpfung wiederherzustellen, kann somit auch als Zeichen des Gottesreiches verstanden werden (vgl. Jes 11,1-9). Radikale Nachfolge, das Evangelium zu verkĂŒndigen und dies durch nachhaltiges Leben auf individueller, kirchlicher und gesellschaftlicher Ebene zu bekrĂ€ftigen, wird somit vielmehr durch unseren Text nahegelegt. 

(BezĂŒglich der ErfĂŒllung der Jesaja-Prophezeiung in V. 12-16: siehe ErlĂ€uterungen zu Jes 8,23b-9,3.) 

Marc Jankowski, Mönchengladbach