Reformationstag (31.10.19)

Reformationstag


ev. Predigttext kath. 1. Lesung kath. 2. Lesung kath. Evangelium
5 Mose 6, 4-9 Eph 6, 10-20 Lk 13, 31-35

5. Mose 6,4-9

Der zentrale Text am Reformationstag ist das „Schema Israel“, das Grundbekenntnis Israels, das den Kindern „eingeschärft“ werden soll.

Eph. 6,10-20

Die katholische Leseordnung für den 31.10.2019 handelt von der „geistlichen Waffenrüstung“, die ein Christ sich zulegen sollte.

Lukas 13, 31-35

Das Evangelium warnt vor Herodes Antipas, der eine Projektionsfläche für alles Böse dieser Welt darstellt.

Unter dem Aspekt der Nachhaltigkeit ergibt sich aus diesem Textbefund, die Chance zu nutzen, intensiv über Bildung im weltweiten Kontext nachzudenken. Das passt auch gut zum Reformationstag, da Bildung ja auch ein protestantisches Grundanliegen ist.

Daher hier einige Gedanken zum Thema Bildung aus der Sicht eines in der weltweiten Ökumene tätigen Pfarrers:

Bildung: Gut ausgerüstet für eine bessere Zukunft

Bei unserem Besuch im Internat der Evangelischen Lutherischen Kirche in der namibischen Republik (ELCRN) in Kamanjab wurden wir herzlich von 69 Kindern begrüßt. Sie sangen ein Lied mit dem Titel "Wefightforeducation“ (wir kämpfen für Bildung). Dieses Lied betont die Bedeutung der Bildung für die Zukunft der Kinder und der Welt. Die Kinder kamen aus Familien, die auf entlegenen Farmen arbeiten, in Gegenden, wo es keine Schulen gibt.

Gott selbst sorgt sich um die Bildung seines Volkes, weil er Israel eine Zukunft ermöglichen will. In 5. Mose 6 begegnet er uns als Pädagoge seines Volkes. Er bindet die Nachhaltigkeit des Lebens seines Volkes an die Praxis seiner Gebote und Anweisungen, die von Generation zu Generationen weitergegeben werden. Hier treffen wir auf den Gedanken, dass Bildung die entscheidende Grundlage für das Leben und die Zukunft des Volkes ist – ein Gedanke der Nachhaltigkeit.

Im Vers 7 weist Gott das Volk Israel an, die Kinder zu unterweisen und ihnen die Gebote einzuschärfen. Einschärfen ist das Hebräische Verbשָׁנַן (Shanan), das sowohl für die Bildung der Kinder als auch für das Anspitzen von Pfeilen genutzt wird (Ps. 120,4). InPs 127 werdendie Kinder als "ein Erbe des Herrn" und als die "Pfeile in der Hand eines Kriegers" (Ps 127: 4) bezeichnet.

Der Vergleich von Kindern mit Pfeilen in der Hand eines Kriegers hilft, die Erwartungen von Kindern zu verstehen. Zuallererst gibt es die Idee des Schutzes während des Kampfes, der Eroberung und des Sieges, den der Krieger nicht nur dank der Pfeile, sondern vor allem wegen seiner Qualität gewinnt. Die Pfeile müssen scharf sein, um die Körper der Feinde oder ihrer Pferde zu durchbohren. Das Schärfen der Pfeileverhilft ihnen zu einer nachhaltigen Wirkung.

Bildung garantiert die Entwicklung der Welt. Denn es gibt keine Entwicklung ohne die Bildung der Menschen. Daher wird Bildung zum wichtigsten Faktor für den Fortschritt der Menschheit und damit zu einem Nachhaltigkeitsfaktor. Um dies zu gewährleisten, muss Bildung auf Gerechtigkeit gegründet sein und Werte vermitteln, die das Leben schützen und die Menschenwürde, den Frieden und die Bewahrung der Schöpfung fördern.

Die Kombination der beiden Bedeutungen des Verbs "Shanan" führt dazu,Bildung als eine wirksame Waffe zu betrachten, die es ermöglicht, verschiedene Kämpfe zu gewinnen und Herausforderungen zu bewältigen: Kämpfe gegen Ungerechtigkeit und Gewalt, Kämpfe gegen Hunger und Krankheiten, Kämpfe gegen Armut usw.

Armut und schlechte Regierungsführung stellen die Qualität und die Zukunft der Bildung in Frage. In vielen Ländern der Welt gibt es aus finanziellen Gründen nur schlechte Chancen auf Bildung.Viele Schulen sind in desolatem Zustand. SchülerInnen sitzen auf dem Boden, ohne didaktisches Material, ohne Toilette, ohne Trinkwasser, etc. Was sagt man Eltern, die ihre Kinder in Minen oder Plantagen arbeiten lassen, um für den Lebensunterhalt der Familie zu sorgen, anstatt sie zur Schule zu schicken? Die meisten, die zur Schule gehen, kommen ohne zu frühstücken oder müssen mehrere Kilometer laufen. Viele LehrerInnen werden schlecht bezahlt.Der Bildungsetat vieler Länder fällt sehr gering aus.

Es ist vollkommen verständlich, dass die frühe Kirche das Geheimnis des gemeinschaftlichen Aufbaus und der Zukunft der Kirche in der christlichen Erziehung sah. Die protestantischen Reformatoren haben die Bildung zur Priorität gemacht. Denn sie ist ein Bestandteil der MissioDei. Als diakonische Aufgabe der Kirche wird die Bildung als Mittel benutzt, um Menschen mit dem Evangelium zu erreichen und zu ihrer Entwicklung beizutragen. Aufgrund ihrer grundlegenden Bedeutung ist die Bildung nicht nur ein Menschenrecht, sondern gehört auch zu den 17 nachhaltigen Entwicklungszielen.

Dr. Jean-Gottfried Mutombo