4. Sonntag nach Trinitatis / 13. Sonntag im Jahreskreis (2.07.23)

4. Sonntag nach Trinitatis / 13. Sonntag im Jahreskreis

ev. Predigttext kath. 1. Lesung kath. 2. Lesung kath. Evangelium
1 Petr 3, 8-17 2 Kön 4, 8-11.14-16a Röm 6, 3-4.8-11 Mt 10, 37-42

Unter den Schlagworten Gerechtigkeit und Gastfreundschaft werden folgend zwei zentrale Themen der vier Sonntagslesungen skizzenhaft ausgelegt.

Bereits im Dreiklang des konziliaren Prozesses „Gerechtigkeit, Frieden und Bewahrung der Schöpfung" wird deutlich, dass die sozialen und ökologischen Krisen unserer Zeit nicht unabhängig voneinander betrachtet werden können, weil es sich bei den aktuellen Problemlagen auf dieser Welt um »eine einzige und komplexe sozio-ökologische Krise« handelt (Papst Franziskus, Enzyklika Laudato si', Nr. 139).

Wenn wir also Gerechtigkeit (1 Petr 3,14) – und in diesem Kontext Rechtschaffenheit, das Gute bzw. das Böse und die Sünde (1 Petr 3,16f; Röm 6,11) – bestimmen wollen und dem Frieden nachjagen (1 Petr 3,11), wird dies heutzutage – und anders als vor 2000 Jahren – nur noch gelingen, wenn man die ökologischen Dimensionen unseres Handelns und Lebenswandels einbezieht. Die Klimaerhitzung, der Ressourcenverbrauch, die Zerstörung von Ökosystemen führen zu Migration, weil Landstriche unbewohnbar werden und der Hunger aufgrund schlechter Ernten zunimmt. Verschärft werden Konflikte und Verteilungskämpfe.

Wenn unter diesen Prämissen und aufbauend auf den Erkenntnissen der letzten 40 Jahre Rechenschaft gefordert wird (1 Petr 3,15), wird man – auch wenn es plakativ klingen mag – konstatieren müssen:

SUV fahren (ob Benzin oder elektrisch) und Gerechtigkeit (1 Petr 3,14) passen nicht zusammen. Jedes Jahr ein neues Smartphone zu erwerben und für die Sünde tot zu sein (Röm 6,11), passen nicht zusammen. Täglich Wurst und Fleisch zu essen und dem Frieden nachzujagen (1 Petr 3,11), passen nicht zusammen.

Die Rechenschaftsanfrage richtet sich an jeden und jede von uns, sie richtet sich an uns als Kirchengemeinde/Verband etc.: Ist unser Lebenswandel unter den Bedingungen und in den skizzierten Zusammenhängen des 21. Jahrhunderts mit dieser einen, großen sozio-ökologischen Krise tatsächlich rechtschaffen in Christus (1 Petr 3,16), haben wir ein reines Gewissen (ebd.)? Klar ist jedenfalls: es gibt auch eine echte »ökologische Schuld« (Papst Franziskus, Enzyklika Laudato si', Nr. 51), Gerechtigkeit ohne Ökologie lässt sich nicht mehr denken.

Die Texte regen angesichts der einen, sozio-ökologischen Krise und der ökologischen Katastrophen des 21. Jahrhunderts (s.o.) aber auch zu der Frage an: Was bedeutet Gastfreundschaft (vgl. die Perikopen 2 Kön 4 und Mt 10) unter diesen Umständen?

Gastfreundschaft könnte bedeuten, Zufluchtsorte für jene zu bieten, die unter den Auswirkungen der Klimaerhitzung und des Zusammenbruchs von Ökosystemen besonders leiden, weil wir in ihnen, in den Armen, Christus erkennen. Dies kann bedeuten, auf kirchlichem Grund Refugien für bedrohte Tier- und Pflanzenarten zu schaffen und zu erhalten. Dies kann bedeuten, die zu erwartenden Klimaflüchtlinge besonders in den Blick zu nehmen.

Stellen Sie sich vor, wir würden Flächen zu Naturschutzgebieten entwickeln. Stellen Sie sich vor, wir würden einen Teil der kirchlichen Immobilien, die in den kommenden Jahren aufgrund sinkender Mitgliederzahlen der Kirchen abgestoßen werden sollen, zu Unterkünften für Klimaflüchtlinge umwandeln ... Was wäre das für ein prophetisches Zeichen? – Wow!

Dr. Dirk Preuß, Hildesheim