Miserikordias Domini / 3. Sonntag der Osterzeit / 2. Sonntag nach Ostern
ev. Predigttext | kath. 1. Lesung | kath. 2. Lesung | kath. Evangelium |
Joh 10, 11-16 (27-30) | Apg 5, 27b-32.40b-41 | Offb 5, 11-14 | Joh 21, 1-19 oder Joh 21, 1-14 |
Schwerpunktthema Teilhabe
Teilhabe bezieht sich auf die Möglichkeit, gleichberechtigter Teil der Gesellschaft zu sein. Sowohl finanziell, wie auch sozial und kulturell, ethnisch wie auch religiös widerspricht der Begriff der Ausgrenzung irgendwelcher Gruppen aufgrund von besonderen Merkmalen. Teilhabe setzt das um, was Artikel 1 des Grundgesetzes fordert: Die Würde des Menschen ist unantastbar.
Joh 10, 11
All die bezahlten Knechte in Politik und Wirtschaft - Jesus traut ihnen nicht viel zu. Ihnen liegt nicht an dem, was ihnen anvertraut ist, in der Politik: die Menschen eines Landes oder das Überleben der gesamten Menschheit. In der Wirtschaft: Der Konzern, der ohne Rücksicht auf Mitarbeiter und Umwelt möglichst schnell möglichst viel Rendite abwerfen soll. Vor all diesen bezahlten Führer in unserer Gesellschaft warnt uns Jesus und stellt ihnen den guten Hirten gegenüber, der seine Schafe kennt. Nur sie, die guten Hirten, können das Überleben gerade der Schwachen gewährleisten. Nur bei ihm können sie sich in der Herde sicher fühlen und gleichwertiger Teil der Herde sein.
Aus kirchlicher Perspektive beschwört Jesus in seiner Rede die Einheit der Glaubenden. Ein Hirt, eine Herde, ein Erlöser, ein Volk der Glaubenden, so seine einfache Rechnung. Was für eine Kritik an unseren Kirchenspaltungen, die seit Jahrhunderten unsere Welt, unser Land und unsere Familien zerreißen! Evangelisch – katholisch, katholisch und orthodox, die Christenheit mit ihrem einen Erlöser ist gespalten in viele Herden. Damit schwächen sich die Kirchen und verlieren an Glaubwürdigkeit. Wir gefährden damit die Teilhabe am größten Schatz der Menschheit: Dem Glauben an Jesus Christus als dem Erlöser.
Der gute Hirte kennt seine Schafe, der bezahlte Knecht kennt sie nicht und flieht in der Not. Bezahlte Knechte in allen Lebensbereichen, überall geht es um den Profit, die Rendite, die nächste Gehaltserhöhung. Auch in der Kirche hat dieses Denken schon längst Einzug gehalten. Gerade die Caritas mit ihren vielfältigen sozialen Diensten steht permanent in der Gefahr, die Menschlichkeit der Wirtschaftlichkeit zu opfern. Arbeitskräftemangel und getaktete Arbeitszeiten machen aus christlich motivierten Mitarbeiter/innen bezahlte Knechte. Auf die Dauer verschwindet das christliche Profil aus den christlichen Einrichtungen, das doch noch vor Jahren ihren besonderen Charakter ausgemacht haben und die Teilhabe der Schwachen an einem menschenwürdigen Leben garantiert hat.
Apg 5,27b
Ganz schön aufmüpfig, diese Apostel. Vor dem Hohepriester sagen sie den Satz, den nach ihnen Widerständler auf der ganzen Welt immer wieder zitierten: Man muss Gott mehr gehorchen als den Menschen. Schaut man in die Geschichte, dann waren es gerade diese Widerständler, die die Welt voranbrachten: Von Kopernikus über Gandhi bis hin zu Bonhoeffer, sie alle widerstanden der Obrigkeit. Sie alle haben unsere Welt mehr geprägt als die, die ihrer Sache allzu sicher waren. Auch heute gehören die Widerständler nicht an den Rand unserer Gesellschaft, sondern in ihre Mitte. Sie sind ein wesentlicher Teil des Ganzen und vielleicht die, die in ferner Zukunft Recht behalten sollten.
Wie sehr die Mission im christlichen Glauben der ersten Christen verwurzelt war, zeigt dieser Text. Trotz Verbot wird die Rechtfertigung der Apostel zu einer einzigen Predigt. Sie können nicht anders, reden nicht um den heißen Brei herum, sondern sprechen frei weg, direkt von der Mitte ihres Glaubens, als ob gerade dieses Glaubensbekenntnis sie schützen könnte. Welch ein Wahnsinn. Aber, oh Wunder, die Hohepriester lässt sie nicht töten, sondern auspeitschen. Danach predigen die Apostel unbeirrt weiter, so als das Verbot nicht gelten würde. So wichtig ist ihnen die Mission, die Teilhabe aller am christlichen Glaube, das sie keinen Gedanken an die Todesangst verschwenden, im Gegenteil: sie waren froh für seinen Namen Schmach zu erlitten zu haben.
Off 5,11-14 11
Welch eine Zukunft wird uns da verheißen: Nicht ein aggressiver Löwe, sondern das friedliche Lamm wird auf unserem Thron sitzen. Macht, Reichtum, Weisheit, Kraft, Ehre, Herrlichkeit und Lob, alles, was uns hier auf Erden wichtig erscheint, wird am Ende beim Lamm sein, das geopfert wurde, Jesus, den wir ans Kreuz geschlagen haben. Was für eine Rehabilitation, was für eine Hoffnung für alle Ohnmächtigen, Armen, Dummen, Schwachen, Ehrlosen, Schmuddeligen und Verachteten. Am Ende werden sie am Göttlichen teilhaben. Sie werden emporgehoben, wie sie auf Erden niedergedrückt wurden. Das Lamm ist für sie der Garant für eine zukünftige Welt, in der sie nicht ausgegrenzt sind, sondern Teil einer göttlichen Gesellschaft sind.
Joh 21, 1-19
Kommt her und esst! Ganz selbstverständlich verteilt Jesus die Fische, die die Jünger soeben – Dank seiner Hilfe – gefangen haben. 150 große Fische, weiß der Evangelist Johannes zu berichten. Keiner, der sich beschwert und die Fische für sich proklamiert, keiner der sie verkaufen möchte, um seinen sicherlich große Armut zu lindern. Nein, Jesus zeigt den Jüngern (und uns), woher die Fische eigentlich stammen, wem sie eigentlich gehören: Gott. Mit der Kraft Gottes führt Jesus die Jünger zu einem reichen Fischfang. Ohne den Gottessohn wären sie leer ausgegangen. So einfach demonstriert Jesus die Herrschaft Gottes, aber auch unseren daraus resultierenden Auftrag zu teilen. Teilhabe an den Gütern der Welt ist ein Baustein für das Reich Gottes. Teilhabe am sozialen Gefüge der Gesellschaft, Teilhabe an Kultur und Bildung, Teilhabe am Glaubensschatz der Kirchen, all das lässt das Reich Gottes auf Erden jetzt schon anbrechen. Kommt und esst! Eine Einladung zur Teilhabe.
Eckhard Raabe, Rottenburg a. N.