5. Sonntag nach Trinitatis / 13. Sonntag im Jahreskreis
ev. Predigttext | kath. 1. Lesung | kath. 2. Lesung | kath. Evangelium |
Lk 14, 25-33 | 1 Kön 19, 16b.19-21 | Gal 5, 1.13-18 | Lk 9, 51-62 |
Stellung im Kirchenjahr: In der 13. Woche im Jahreskreis jähren sich die Eröffnung der Konferenz über Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (KSZE) am 3. Juli 1973 in Helsinki und die Gründung des Deutsch-Französische Jugendwerks am 5. Juli 1963 in Bonn. Am 26. Juni 1963 besucht John F. Kennedy West-Berlin und spricht sein berühmtes „Ich bin ein Berliner".
Exegetische Anmerkungen
Lk 14,25-33: Entscheidende Bedingung der Nachfolge Jesu ist die absolute Zurückstellung von Beziehungen, die zuvor prägend oder bindend waren, und die Bereitschaft zum Martyrium. Zugleich erfordert sie nüchterne Berechnung und Prüfung der eigenen Möglichkeiten und Kräfte, um nicht ins Schwärmerische und Leichtsinnige zu verfallen und das Angefangene auch vollenden zu können.
1 Kön 19,16b.19-21: Mit dem Überwerfen des Mantels macht Elija Elischa signifikant zu seinem bzw. Gottes Eigentum und lässt ihn mit seiner aktuellen Tätigkeit brechen. Elischa zerstört sein bisheriges Arbeitsmittel und schlachtet die Rinder, um seinem Dorf ein Abschiedsmahl zu bereiten. Die Kürze der Erzählung unterstreicht die Unbedingtheit, die mit dem Prophetentum verbunden ist.
Gal 5,1.13-18: Eine Alternative zur gängigen Interpretation betont als Motivation für die Befreiungstat Christi Gottes Großmut und Freigiebigkeit, auf die der Mensch nur in Großmut antworten kann, will er sich nicht durch deren Missbrauch beschämen. Bei alldem appelliert Paulus an die Freiheit seiner Adressaten, weil er meint, dass der Mensch weder der guten noch der bösen Kraft ohnmächtig ausgeliefert ist.
Lk 9,51-62: Während die Samariter und die Jünger auf dem Boden von Abgrenzung und Vergeltung bleiben, manifestiert sich die Ausdauer und Unverzagtheit Jesu, der auf Überzeugungskraft, Dialog, Leiden und Vergebung setzt. So definiert sich das christliche Leben als Existenz nicht gegenüber oder gar abseits von der Welt, aber doch in neuen Beziehungen zu unserer sozialen, familiären oder beruflichen Vergangenheit und Gegenwart.
Predigtskizze
Gegenüber allem Unheilen, Verstricktem und Entfremdeten steht Gottes Großmut, der Christus zu seiner heilsamen Existenz und versöhnenden Engagement motiviert. Wer sich rufen und berufen lässt, in seine Nachfolge zu treten, soll das in aller Freiheit, wenn aber, dann mit ganzem Herzen tun. Dies zieht eine Revision aller bisherigen Beziehungen bis zu einem Bruch mit allem mit sich, das zuvor noch bindet, lähmt, die Sicht verdunkelt.
Christ sein in der Welt bedeutet damit die eigene Identität im Lichte der neuen Gemeinschaft mit Christus und der damit verbundenen Verantwortung und Aufgabe neu definieren bzw. definieren zu lassen. Gefordert ist eine Distanzierung von allem Überkommenen, Entfremdenden, besonders auch das Widerstehen der Spirale von Gewalt und Gegengewalt.
Weitergehend warnen Lukas und Paulus davor, sich im Schwärmerischen zu verlieren oder von den eigenen Leidenschaft verführen zu lassen, und raten zu einem nüchtern vorausschauenden Urteilen und Handeln.
Bezüge zur Nachhaltigkeit, Beispiele zur Umsetzung und weitere Kontexte
1. Gottes Heilswille als Grund befreiten und befreienden Lebens (Gal 5)
Transzendenz bedeutet nicht: zum Himmel schauen, an das ewige Leben denken und über die Probleme der Erde hinweggehen. Vielmehr handelt es sich um eine Transzendenz, die dem menschlichen Herzen gilt. Sie bedeutet, sich auf das Kind, auf den Armen, auf den in Lumpen Gekleideten, auf den Kranken einzulassen, in die Elendshütten und Häuser zu gehen und mit ihnen allen zu teilen. Transzendenz bedeutet, aus der Mitte des Elends selbst diese Lage zu überschreiten, den Menschen zu erheben, ihn voranzubringen und ihm zu sagen: Du bist kein Abfall. Du gehörst nicht an den Rand. Das Gegenteil ist der Fall: Du hast eine große, große Bedeutung.
Oscar Romero, 23. September 1979
2. Mit behindernden und entfremdenden Beziehungen brechen (1 Kön, Lk 9 und 14)
Wir Steine
wenn einer uns hebt
hebt er Urzeiten empor –
wenn einer uns hebt
hebt er den Garten Eden empor –
wenn einer uns hebt
hebt er Adams und Evas Erkenntnis empor
und der Schlange staubessende Verführung.
Wenn einer uns hebt
hebt er Billionen Erinnerungen in seiner Hand
die sich nicht auflösen im Blute
wie der Abend.
Denn Gedenksteine sind wir
alles Sterben umfassend.
Wenn einer uns wirft –
wirft er den Garten Eden –
den Weg der Sterne –
die Augen der Liebenden und allen Verrat –
Wenn einer uns wirft im Zorne –
so wirft er Äonen gebrochener Herzen
und seidener Schmetterlinge.
Hütet euch, hütet euch
zu werfen im Zorn mit einem Stein –
unser Gemisch ist ein vom Odem
Durchblasenes.
Es erstarrte im Geheimnis
aber kann erwachen an einem Kuss.
Aus: Nelly Sachs, Das Leiden Israels, 1969
3. Neue heilsame Beziehungen eingehen ( 1 Kön, Gal 5)
Das Deutsch-Französische Jugendwerk hat die Aufgabe, die Beziehungen zwischen Kindern, Jugendlichen, jungen Erwachsenen und für die Jugendarbeit Verantwortlichen in beiden Ländern zu vertiefen. Zu diesem Zweck trägt es zur Vermittlung der Kultur des Partners bei, fördert das interkulturelle Lernen, unterstützt die berufliche Qualifizierung, stärkt gemeinsame Projekte für bürgerschaftliches Engagement, sensibilisiert für die besondere Verantwortung Deutschlands und Frankreichs in Europa.
Aus dem Abkommen über das Deutsch-Französische Jugendwerk in seiner Neufassung von 2005
4. Durchbrechen der Spirale von Gewalt und Gegengewalt (Lk 9)
Die Teilnehmerstaaten werden sich dementsprechend jeglicher Handlung enthalten, die
eine Gewaltandrohung oder eine direkte oder indirekte Gewaltanwendung gegen einen anderen
Teilnehmerstaat darstellt. Sie werden sich gleichermaßen jeglicher Gewaltmanifestation, die
den Zweck hat, einen anderen Teilnehmerstaat zum Verzicht auf die volle Ausübung seiner
souveränen Rechte zu bewegen, enthalten. Sie werden sich ebenso in ihren gegenseitigen
Beziehungen jeglicher gewaltsamen Repressalie enthalten.
Aus der Schlussakte der Konferenz für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa vom 1. August 1975
J. Feldes
Lit.: Baumert, Norbert: Der Weg des Trauens = Paulus neu gelesen 3 (2009)
Bovon, Francois: Das Evangelium nach Lukas (Lk 9,51-14,35) = EKK III/2 (1996)
Fritz, Volkmar: Das erste Buch der Könige = ZBK AT 10,1 (1996)