6. Sonntag nach Trinitatis / 16. Sonntag im Jahreskreis
ev. Predigttext | kath. 1. Lesung | kath. 2. Lesung | kath. Evangelium |
5. Mose 7,6-12 | Weish 12, 13.16-19 | Röm 8, 26-27 | Mt 13, 24-43 |
5. Mose 7, 6 – 12
Eins der schwierigsten Themen in der aktuellen Klimadebatte ist das, was wir in der Theologie der Tun-Ergehen-Zusammenhang nennen. Unser Text ist klar: Wer sich an die Gebote Jahwes hält, dem zahlt die Ewige es sofort freundlich und persönlich heim. Tun und Ergehen gehören auf der positiven Seite zusammen. Ja, er erstreckt sich sogar über 1000 Generationen! Das sind sehr gute News! Aber auch die Halunken müssen mit dem Tun-Ergehen-Zusammenhang rechnen: „Sie zögert nicht gegenüber denen, die sie hassen, sondern zahlt es ihnen sofort persönlich heim“ (V. 10).
Beides ist ein grosses Problem in der Klimadebatte. Auf der Seite der gutmeinenden, sich einsetzenden Menschen besteht das Problem, dass ihre Anstrengungen allenfalls erst in fünf, zehn, oder gar 1000 Generationen später sich erst bemerkbar machen. Das gilt aber eben auch für diejenigen, die sich nicht um das Klima kümmern: Was kratzten mich die Konsequenzen meines heutigen verschwenderischen Lebensstils, indem ich fliege, Autofahre und fossil heize, wenn es erst in fünf, in zehn, oder gar in 1000 Generation – eventuell! – Konsequenzen haben wird?
Wie immer in der Auslegung der Bibel ist hier nun der hermeneutische, einseitige Schlüssel wichtig. Legen wir doch den Fokus einseitig auf das, was auch noch im Text steht. Nämlich: Gott hat uns Menschen gern! Er hat uns erwählt. Er hilft uns heute und jetzt leben. Er gibt uns Gesetze, Ideen und Orientierung, damit wir gut leben können. Damit wir so leben können, dass ein Leben auf Erden auch noch in 1000 Generationen möglich sein wird. Ob das gelingt, hängt auch von uns ab, und ob wir die Erde als Geschenk Gottes verstehen. Aber es hängt nicht nur von uns ab. Denn: Gott ist ein treuer Gott. Er führt mit starker Hand. Und wird, gemäss seinem Versprechen in der Genesis, dass er von nun an nie mehr die Erde zerstören wird, auch den Menschen auf ihrer Suche helfen, so zu leben, dass eine Generation nicht auf die Kosten der nächsten und übernächsten lebt. Das braucht auch Vernunft. Es braucht Forschung. Es braucht Wissenschaftsjournalisten. Es braucht die innerkirchliche und öffentliche Debatte darüber, was am Nachhaltigsten ist. Wir Christinnen und Christen wissen es nicht besser. Aber wir halten uns konsequent an das Versprechen Gottes, dass er es gut mit uns UND der Welt mitsamt ihren Tieren meint. Und dass wir als Gottes Volk, gemeinsam mit allen Menschen, an denen Gott Wohlgefallen hat, unterwegs sein können in eine gute, nachhaltige, gerechte Zukunft. „Denn Gott wird zu seiner Zusage stehen“ (V. 12). Das macht uns leicht. Wir überlasten uns dabei nicht und müssen nicht die Welt moralisch auf unseren Schultern tragen. Aber es macht uns offen, dass es Gottes Wille und Wunsch ist, dass nach uns noch viele, viele tausende Generationen kommen werden, an denen Gott seine Freundlichkeit erweisen möchte.
Weisheit 12, 13. 16-18
„Bei dir liegt alles Können“. Müssen wir Menschen deshalb unser Können ablegen? Uns nicht einsetzen für einen Wandel im Konsum, im C02-Austoss? „Sicher nicht!“ Würde Paulus hier antworten. Aber es heisst: Wir müssen nicht alles können. Das Können selbst liegt – bei Gott. Wir dürfen – und sollen dann auch – das machen, was in unserer Macht steht. Das ist schon sehr viel. Es bedeutet aber auch: Überlasten wir uns nicht! Leben wir nicht aus einem schlechten Gewissen heraus, und wenn es nur ein schlechtes Gewissen für das „Flug-Shaming“ wäre. Im Gegenteil: leben wir aus Gottes Kraft, denn sie ist „der Ursprung der Gerechtigkeit“ (V. 16). Wir dürfen auch in der Klimawandeldebatte ruhig und besonnen auftreten, es nicht unbedingt besser wissen. Wir dürfen auch im Diskurs Fehler machen und diese auch eingestehen. Denn wenn Gott schon uns „mit Nachsicht und grosser Milde richtet“ (V. 18), dann können wir auch mit unseren Diskursgegnern, den KlimawandelleugnerInnen und den Gleichgültigen mit einer gewissen Nachsicht begegnen. Das hütet uns davor, verhärmt und verbittert, unbarmherzig und besserwisserisch den ganz dringenden und notwendigen Nachhaltigkeitskampf zu führen, mit allen Menschen guten Willens, an denen die Ewige Freude hat. Wir dürfen machen und denken und Menschen motivieren, soweit es in unserer Macht und Können liegt. „Bei dir, Gott, liegt jedoch alles Können, wann immer du willst“ (V. 18). Das macht leicht, befreit und motiviert für den nächsten, kleinen Schritt, an dem Gott auch sein Wohlgefallen hat.
Römer 8, 26 – 27
Manchmal können wir kaum an einen nächsten kleinen Schritt denken. Das ist normal. Es stimmt: wir sind oft ohnmächtig. Jetzt aber die gute Nachricht: Gott weiss das! Er rechnet schon immer damit. Er kennt uns Pappenheimer, auch uns Gutmenschen und engagierten Nachhaltigkeitskämpferinnen nur allzu gut. Und die noch bessere News: Er oder sie schickt uns seine Kraft, seine Heilig Kraft, wenn wir selbst keine Kraft mehr haben. Gott steht uns sprichwörtlich persönlich bei! „Die Geistkraft selbst tritt für uns ein!“ Wer will da noch wider uns sein und es mit uns aufnehmen? Gerade weil es nicht wir sind, sondern Gott selbst, macht uns das bescheiden und demütig, nicht besserwisserisch, sondern manchmal zögerlich, ruhig, nachdenklich, zuhörend, abwägend, aber immer optimistisch und kraftvoll. Mit Gottes Hilfe, mit Gottes Geistkraft, mit Gottes Beistand finden wir einen nachhaltigen Weg in Zukunft. Denn es Gott selbst kommt uns aus der Zukunft entgegen; sie ist sein Land.
Matthäus 13, 24 - 43
Offenbar brauche wir Menschen nach Matthäus beides: Das Versprechen, dass wir Menschen leuchten werden wie die Sonne, wenn wir es gut machen, und die Drohung, es aus Verzweiflung mit den Zähnen geknirscht wird (V. 42). Das Drohszenario dürfen wir getrost ablegen. Das hat uns in der Kirchengeschichte nicht weit gebracht. Was wir aber – einseitig – unterstreichen können: Wer sich auf die gute Seite schlägt, wer sich für Nachhaltigkeit, Bewahrung der Schöpfung und Gerechtigkeit einsetzt, der wird einen Unterschied machen. Auch wenn es nur kleine, ja kleinste Beiträge sind, so klein, wie ein Senfkorn. Die Konsequenzen dieses optimistischen und ansteckenden Denkens und Handelns übersteigen nämlich bei weitem unseren eigenen kleinen Einsatz. Das ist nicht unser Versdienst. Es ist im Senfsamenkorn angelegt, von Gott selbst. Er lässt es wachsen und gedeihen. Er erhält die Welt schon selbst. Er selbst lenkt den Wagen (Zwingli). Wir dürfe getrost Sauerteig sein, im Kleinen handeln und gross denken und hoffen. Gott steht uns bei – mit seiner heiligen Geistkraft. So dürfen wir getrost den Nachhaltigkeitskampf kämpfen. Denn wir sind gewiss: Weder Tod, noch Leben, noch Vergangenes, noch Hitzesommer, noch KritikerInnen, noch Sarkastiker und Beleidiger, weder Auslacher noch ZweiflerInnen noch Besserwisser können uns trennen von der Liebe und der Kraft Gottes, die uns am Ende unser Einsatzes für Gerechtigkeit, Frieden und Bewahrung der Schöpfung leuchten lässt wie die Sonne. Das strahlt schon jetzt in unser Leben und macht, dass wir einen kühlen Kopf auch in der Sommerhitze behalten. So werden unsere Gedanken, unser Herz und unser Handeln zuversichtlich und stahlen heute schon in die Welt hinein, hell, vernünftig und fröhlich.
Res Peter, Zürich