7. Sonntag nach Trinitatis / 17. Sonntag im Jahreskreis 2017 [III/A]
ev. Predigttext | kath. 1. Lesung | kath. 2. Lesung | kath. Evangelium |
Joh 6, 30-35 | 1 Kön 3, 5.7-12 | Röm 8, 28-30 | Mt 13, 44-52 |
Joh 6, 30-35
Exegetische Anmerkungen
Jesus befindet sich im Gespräch mit der Volksmenge, die er zuvor auf wundersame Weise mit Brot gespeist hatte (V. 6,1-14). Sie bitten Jesus erneut um ein Speisungswunder, indem sie nach einem Zeichen fragen und dabei auf das Mannawunder in der Wüste verweisen. Nach jüdischer Vorstellung sollte der Messias als Prophet wie Moses (6,14; Deut 18,15) erneut das Volk mit Manna nähren (siehe 2 Baruch 29,8). In seiner Antwort kontrastiert Jesus das Manna mit sich selbst als dem „wahren Brot vom Himmel“ (V. 32) und „Gottes Brot“ (V. 33), welches nicht nur dem Volke Israel, sondern der ganzen Welt, Leben spendet. Und dieses Leben ist im Gegensatz zum Manna, welches nur das irdische Dasein verlängern konnte, ewig (vgl. 6,58). Das Manna kann somit nur als ein bildhaftes Zeichen für das Heil in Christus aufgefasst werden. In Vers 35 finden wir das erste der sieben Ich-bin-Worte des Johannesevangeliums: „Ich bin das Brot des Lebens“. In Erfüllung messianischer Verheißungen (Jes 49,10) verspricht Jesus der gläubigen Gemeinde eine vollkommene Stillung von Hunger und Durst.
Bezüge zur Nachhaltigkeit
Die Stillung des Grundbedürfnisses nach Nahrung im Mannawunder und in der Speisung der Fünftausend wird in unserer Perikope zum Bild für das Heil, das Christus als „Brot des Lebens“ den Menschen bringt. So universal das Heil in Christus ist, so umfassend ist auch der Auftrag, der damit an alle Christen gerichtet wird. Darin werden alle Grenzen durchbrochen, sodass sich der Christ dem Leid der Welt nicht verschließen kann. „Das geht mich nichts an!“ - das kann der Christ nicht mehr sagen. Denn Jesus Christus kam, um der Welt das Leben zu geben. So ist auch die Kirche dazu aufgerufen, Leben zu spenden, indem sie sich zum einen der Predigt der Frohen Botschaft widmet und sich zum anderen für die Armen und Notleidenden einsetzt. Der Kampf gegen den Welthunger ist religiöse Pflicht. Denn wenn der Hunger der Hungernden gestillt wird, so ist dies immer auch ein Zeichen für Christus und das Kommen seines Reiches.
1 Kön 3, 5.7-12
Exegetische Anmerkungen
Obwohl König Salomo zu diesem Zeitpunkt bereits ein erwachsener Mann gewesen sein wird, sagt er von sich in Vers 7, dass er noch „sehr jung“ (wörtlich: „ein kleiner Knabe“) sei. Dies ist einerseits ein Zeichen großer Demut, andererseits bringt es die empfundene Überforderung angesichts seiner großen Verantwortung zum Ausdruck. Ohne Gewaltenteilung lag alle Verantwortung in den Händen des Königs. Diese umfasste alle denkbaren Bereiche des gesellschaftlichen Lebens: Politik, Rechtsprechung, Wirtschaft, Kriegsführung, Religion etc. Salomo weiß nicht, wie er sich „als König verhalten soll“ (V. 7). Angesichts der großen Pflichten scheint es ihm sogar so zu sein, als könne niemand dieser Aufgabe gerecht werden: „Wer könnte sonst dieses mächtige Volk regieren?“ (V. 10). Deshalb bittet er um ein „hörendes Herz“, damit er „das Gute vom Bösen zu unterscheiden“ vermag (V.9). Dieser Begriff drückt Gehorsam gegenüber dem Willen Gottes und die Fähigkeit diesen auf alle Situationen anzuwenden (vgl. 3,16-28) aus. Es ist genau diese Bitte, die dem Herrn gefällt, der ihm daraufhin ein „weises und verständiges Herz“ (V. 12) gibt.
Bezüge zur Nachhaltigkeit
Weisheit bedeutet im AT nicht etwa Intelligenz oder Wissen, sondern in allen Lebensbereichen gottgefällig zu handeln, indem in allen Situationen zwischen Gut und Böse unterschieden wird. Weisheit ist somit eine praktische Fähigkeit, die in der heutigen Welt mit ihren komplexen Zusammenhängen für nachhaltiges Handeln unerlässlich ist. Umgekehrt könnte man sagen, dass die Ausbeutung von Mensch und Umwelt durch einen Mangel an Weisheit verursacht wird.
Nachhaltige Wege zu gehen, kann angesichts scheinbar unlösbarer Probleme und Herausforderungen entmutigend sein. Auch die Informationsflut der Massenmedien führt bei vielen Menschen zu Überforderung, die sich schnell zur Resignation entwickeln kann. Anstatt aufzugeben, lädt uns Gott ein, im vertrauensvollen Gebet vor ihn zu treten, wenn wir nicht mehr weiterwissen. Er verspricht keine einfachen Lösungen für schwierige Probleme, sondern Weisheit, die uns befähigen soll, seinen Willen zu erkennen und nachhaltige Strategien zu entwickeln: „Fehlt es aber einem von euch an Weisheit, dann soll er sie von Gott erbitten; Gott wird sie ihm geben, denn er gibt allen gern und macht niemand einen Vorwurf“ (Jak 1,5).
Röm 8, 28-30
Exegetische Anmerkungen
Das gegenwärtige Leid und die Sehnsucht nach Erlösung, welche die gesamte Schöpfung mit einschließt, war bestimmend für den vorausgehenden Abschnitt (V. 18-27). Auch in Versen 28-30 lässt sich dieser Gedanke wiederfinden, jedoch wird hier bereits zum nächsten Abschnitt (V. 31-39) und dessen Hauptthema, die Heilsgewissheit, hingeführt. Paulus versichert der Gemeinde in Rom, dass „Gott bei denen, die ihn lieben, alles zum Guten führt“ (V. 28). Das schließt insbesondere auch die gegenwärtigen Leiden aus V. 18 ein. Selbst Schmerz und erfahrenes Unrecht sind im Leben des Erlösten dazu bestimmt, ihn Christus gleichzugestalten und Wachstum im Glaubensleben zu wirken (Röm 5,3-5). Die Gewissheit dieser Aussage ist in dem Heilshandeln Gottes begründet, wie es in Versen 29 und 30 beschrieben wird: Die Gläubigen sind von Gott „im voraus erkannt“ worden (V. 29). Bei Paulus kommt dieses Wort nur im Römerbrief vor. Es bedeutet aber an dieser Stelle wahrscheinlich nicht „vorherwissen“, sondern „vorher auswählen“ (vgl. Röm 11,2). Des Weiteren sind die Erlösten „im voraus dazu bestimmt, an Wesen und Gestalt seines Sohnes teilzuhaben“. Dabei wird Paulus sowohl an das Leiden Christi am Kreuz als auch an seine Herrlichkeit in der Auferstehung gedacht haben (vgl. 8,17). Beides - Leid und Herrlichkeit - erwartet also auch den Christen. Die Verherrlichung des Gläubigen liegt eigentlich in der Zukunft (vgl. Röm 5,2; 8,18), wird hier jedoch als abgeschlossenes Ereignis in der Vergangenheitsform beschrieben, um so die absolute Gewissheit des Heils zum Ausdruck zu bringen. Es gibt nichts, was den Gläubigen, der ausersehen, vorherbestimmt, berufen und gerechtfertigt worden ist, von seiner Verherrlichung trennen könnte (vgl. V. 38-39).
Bezüge zur Nachhaltigkeit
Die Gläubigen sind laut Paulus die, „die Gott lieben“. Die Annahme des Heils in Christus bewirkt im Menschen somit eine Umkehr von Selbstliebe hin zur Gottesliebe und damit auch zur Nächstenliebe (1 Jn 4,20). Diese Liebe äußert sich konkret im Streben nach der Umsetzung des Willen Gottes und im Einsatz für Gerechtigkeit in allen Lebensbereichen. Aber ist nicht das Engagement für Nachhaltigkeit oftmals erfolglos? Ist es nicht so, dass es „Weltverbesserern“ kaum gelingt, Probleme zu lösen? Sollte man sich nicht viel besser einfach dem Hedonismus der Konsumgesellschaft ergeben? Von Zweifeln dieser Art soll sich der Christ nicht irritieren lassen, denn er ist es, der Gott liebt! Das ist seine neue Identität! Sein Streben nach Gerechtigkeit gehört nun schlicht und ergreifend zu seinem Wesen. Dabei sollen Rückschläge und Widerstände den Erlösten nicht entmutigen, denn auch diese sind in Gottes Vorsehung zu seinem Besten vorgesehen. Er lebt aus der Gewissheit, dass eines Tages sowohl er als auch die ganze Schöpfung verherrlicht und von aller Vergänglichkeit befreit werden wird.
Mt 13,44-52
Exegetische Anmerkungen
Unsere Perikope enthält vier kurze Gleichnisse, die sich nur im Matthäusevangelium finden lassen: vom Schatz im Acker, von der kostbaren Perle, vom Fischnetz und vom Schriftgelehrten. Dabei ähneln sich die ersten beiden Gleichnisse, da beide den unermesslichen Wert des Himmelreichs verdeutlichen, für das es sich lohnt, alles aufzugeben. Der Hauptunterschied liegt darin, dass im ersten Gleichnis das Reich anscheinend zufällig gefunden wird, während im zweiten Gleichnis mit großer Mühe danach gesucht wird. Das Gleichnis vom Fischnetz soll zeigen, dass so wie bei der Schleppnetzfischerei ungewollter Beifang unweigerlich im Netz landet, auch bei der Ausbreitung des Evangeliums nicht nur Heilige, sondern auch böse Menschen zunächst ihren Weg ins Himmelreich finden werden. Daher muss am Ende aussortiert werden: die Bösen werden von den Gerechten getrennt. Zu Recht sah Augustinus in diesem Gleichnis eine Bestätigung für seine Lehre von der Kirche als ein corpus permixtum, einen gemischten Körper, bestehend sowohl aus Heiligen als auch aus Sündern (De civ. Dei 18.49). Nachdem die Jünger beteuern, diese Gleichnisse verstanden zu haben, lässt Jesus das Gleichnis vom Schriftgelehrten folgen, da sie durch ihr neues Verständnis selbst zu Schriftgelehrten des Himmelreichs geworden sind und nun bereit sein sollen, auch andere zu lehren. Er vergleicht den Schriftgelehrten des Reiches mit einem Hausvater, der als Gastgeber aus seinem „reichen Vorrat“ alte und neue Dinge hervorholt. Genauso werden die Jünger fortan den Willen Gottes lehren und dabei sowohl aus der Wahrheit des alttestamentlichen Gesetzes als auch aus der Lehre Jesu schöpfen.
Bezüge zur Nachhaltigkeit
Die Gleichnisse vom Schatz im Acker und der kostbaren Perle erinnern uns daran, dass es nötig ist, für das Himmelreich große Opfer zu bringen und ihm sein ganzes Leben zu widmen. Das schließt auch den Kampf für Gerechtigkeit in allen Lebensbereichen mit ein. Gleichzeitig werden wir ermutigt, denn für das Himmelreich lohnt es sich, alles aufzugeben.
Das Gleichnis vom Fischnetz warnt uns vor allzu utopischen und optimistischen Vorstellungen. Weder in der Kirche noch in der Welt, wird es uns gelingen das Böse vollkommen zu überwinden. Aber gerade diese Warnung bewahrt uns davor, aufgrund von unrealistischen Erwartungen frustriert aufzugeben.
Das Gleichnis vom Schriftgelehrten ermahnt uns, die gesamte Wahrheit der Heiligen Schrift zu studieren und zu verkündigen. Es waren gerade Einseitigkeiten, die in der Vergangenheit dazu geführt haben, Lehren und Prinzipien bezüglich der Bewahrung der Schöpfung einfach zu ignorieren.
Bei einem oberflächlichen Lesen dieser Gleichnisse könnte man irrtümlicherweise zu dem Schluss gelangen, dass diese dem Gedanken von Nachhaltigkeit und Gerechtigkeit widersprächen: Der Mann, der den Schatz im Acker findet, handelt betrügerisch, indem er den Schatz versteckt und den Acker kauft, ohne den Besitzer darauf aufmerksam zu machen. Im Gleichnis vom Fischnetz könnte man eine Billigung von einer verschwenderischen und Ökosystem schädigenden Schleppnetzfischerei erkennen. Es ist jedoch zu berücksichtigen, dass in den Gleichnissen Sachverhalte der damaligen Zeit zur Veranschaulichung als Tatsachen aufgegriffen werden, ohne diese ethisch hinterfragen zu wollen (siehe z.B. das Gleichnis vom unehrlichen Verwalter in Lk 16).
Marc Jankowski, Mönchengladbach