8. Sonntag nach Trinitatis / 17. Sonntag im Jahreskreis
ev. Predigttext | kath. 1. Lesung | kath. 2. Lesung | kath. Evangelium |
Mt 5, 13-16 | 2 Kön 4, 42-44 | Eph 4, 1-6 | Joh 6, 1-15 |
2 Kön 4, 42-44
Einmal kam ein Mann von Baal-Schalischa und brachte dem Gottesmann Brot von Erstlingsfrüchten, zwanzig Gerstenbrote, und frische Körner in einem Beutel. Elischa befahl seinem Diener: Gib es den Leuten zu essen! Doch dieser sagte: Wie soll ich das hundert Männern vorsetzen? Elischa aber sagte: Gib es den Leuten zu essen! Denn so spricht der Herr: Man wird essen und noch übrig lassen. Nun setzte er es ihnen vor; und sie aßen und ließen noch übrig, wie der Herr gesagt hatte.
Stichworte: Welthunger, Hunger, Überflussgesellschaft
„Wie soll ich das hundert Männern vorsetzen?“, so fragen wir heute und wissen, dass an jedem Tag im Jahr Tausende Menschen an Hunger sterben, dass jeder achte auf diesem Planeten hungert. Und wir wissen auch, dass wir in einer Wegwerfgesellschaft leben. Ein Drittel der Nahrung, so die Schätzungen, landet in der westlichen Welt auf dem Müll. Dennoch wissen wir nicht, wie wir unser Brot mit den anderen teilen sollen.
Naiv, wer glaubt, die überschüssige Nahrung könne einfach auf einen LKW geladen und ein paar Tausend Kilometer weiter an die Hungrigen verteilt werden. Solch ein Transport wäre ein Tropfen auf den heißen Stein, würde die Not nur punktuell bekämpfen und Ungerechtigkeit und Unterdrückung weiter anheizen. Naiv auch, wer an einen einfacher Wandel der politischen Machtverhältnisse in den armen Ländern glaubt. Wie schwierig die politischen Verhältnisse sind, wie unterschiedlich die Wandlungsprozesse und wie gefährlich abrupte Veränderungen sind, das erleben wir gerade in diesen Tagen in weiten Teilen Afrikas und Asiens.
Nein, so einfach lässt sich das Brot nicht verteilen. Und dennoch brauchen wir solche wie den Propheten Elischa, die an eine Lösung für den Hunger und das Elend in der Welt glauben, solche, die uns daran glauben lassen, dass irgendwann genug für alle da ist. Mit Gottes Hilfe und mit unserem Einsatz für Gerechtigkeit in der Welt werden alle satt werden. Und die jetzt Hungernden werden mehr als genug haben.
Eph 4, 1-6;
Ich, der ich um des Herrn willen im Gefängnis bin, ermahne euch, ein Leben zu führen, das des Rufes würdig ist, der an euch erging. Seid demütig, friedfertig und geduldig, ertragt einander in Liebe und bemüht euch, die Einheit des Geistes zu wahren durch den Frieden, der euch zusammenhält. Ein Leib und ein Geist, wie euch durch eure Berufung auch eine gemeinsame Hoffnung gegeben ist; ein Herr, ein Glaube, eine Taufe, ein Gott und Vater aller, der über allem und durch alles und in allem ist.
Stichworte: Religionskriege, Frieden, Völkergemeinschaft
Die Einheit der Menschheit. Paulus träumt diesen großen Traum. „Demütig, friedfertig und geduldig sollen wir sein.“ „Ein Leib und ein Geist.“ Eine großartige Vision für die Menschheit, die überall zerstritten ist und die der Glaube mehr trennt als eint. Wo in Glaubenskriegen ganze Völker gegen einander stehen, wo Menschen andere töten, weil sie den angeblich falschen Gott anbeten, weil der eigene Gott angeblich das Töten will. Dagegen stellt Paulus seinen Traum.
Ein Leben sollen wir führen, das des Rufes würdig ist. Dieser Ruf ist ergangen. Gott hat seinen Sohn auf die Welt gesandt, um den Frieden zu bringen, der alle zusammenhält. Doch wir haben ihn samt seiner Botschaft ans Kreuz genagelt. Wir haben Jesu Botschaft ins Gegenteil verdreht und Kriege geführt in seinem Namen. Wir haben uns eines Rufes unwürdig erwiesen.
Deshalb auch heute die Mahnung an uns: Erweist euch des Rufes Gottes als würdig. Denn Gott ist „über allem und durch alles und in allem“. Was kann uns da trennen? Welcher Glaube kann da falsch sein? Welche Religionsführer können Andersgläubigen den Krieg erklären. Paulus ermahnt alle Völker dieser Erde friedlich zu sein, weil Gott uns gerufen hat.
Joh 6, 1-15
Danach ging Jesus an das andere Ufer des Sees von Galiläa, der auch See von Tiberias heißt. Eine große Menschenmenge folgte ihm, weil sie die Zeichen sahen, die er an den Kranken tat. Jesus stieg auf den Berg und setzte sich dort mit seinen Jüngern nieder. Das Pascha, das Fest der Juden, war nahe. Als Jesus aufblickte und sah, dass so viele Menschen zu ihm kamen, fragte er Philippus: Wo sollen wir Brot kaufen, damit diese Leute zu essen haben? Das sagte er aber nur, um ihn auf die Probe zu stellen; denn er selbst wusste, was er tun wollte. Philippus antwortete ihm: Brot für zweihundert Denare reicht nicht aus, wenn jeder von ihnen auch nur ein kleines Stück bekommen soll. Einer seiner Jünger, Andreas, der Bruder des Simon Petrus, sagte zu ihm: Hier ist ein kleiner Junge, der hat fünf Gerstenbrote und zwei Fische; doch was ist das für so viele! Jesus sagte: Lasst die Leute sich setzen! Es gab dort nämlich viel Gras. Da setzten sie sich; es waren etwa fünftausend Männer. Dann nahm Jesus die Brote, sprach das Dankgebet und teilte an die Leute aus, so viel sie wollten; ebenso machte er es mit den Fischen. Als die Menge satt war, sagte er zu seinen Jüngern: Sammelt die übrig gebliebenen Brotstücke, damit nichts verdirbt. Sie sammelten und füllten zwölf Körbe mit den Stücken, die von den fünf Gerstenbroten nach dem Essen übrig waren. Als die Menschen das Zeichen sahen, das er getan hatte, sagten sie: Das ist wirklich der Prophet, der in die Welt kommen soll. Da erkannte Jesus, dass sie kommen würden, um ihn in ihre Gewalt zu bringen und zum König zu machen. Daher zog er sich wieder auf den Berg zurück, er allein.
Stichworte: Hoffnung und Veränderung, Theologie und Politik
Der Evangelist Johannes ist ein großer Theologe. Wenn er von einem Wunder berichtet, dann geht es nicht um Details: Wie es zu dieser großen Menge Brot kommt und was mit den Fischen passiert, diese Details interessieren nicht. Johannes ist Theologe und ihm geht es nicht wirklichen Wandel bei der Verteilung der Güter. Es geht zu allererst um die Feier der Eucharistie, wie sie sich schon früh in der jungen Kirche etabliert hat. „Dann nahm Jesus die Brote, sprach das Dankgebet und teilte an die Leute aus, so viel sie wollten“, schreibt Johannes und verweist damit auf das Wunder, dass wir auch heute noch an jedem Sonntag feiern: Dass in Brot und Wein mehr steckt, als wir uns je erträumen lassen.
Dass die Menschen um Jesus ihn aufgrund der Brotvermehrung als den Propheten erkennen, der in die Welt kommen soll, damit weist der Theologe Johannes sie als Kenner des Alten Testaments aus. Dort ist es Elischa, der 20 Brote mit 100 Leuten teilt. Jesus teilt fünf Brote (und zwei Fische) mit 5.000 Menschen. Na klar, denken die Gesättigten und auch wir heutigen Leser: Der muss der sein, auf den Israel mit allen Propheten gewartet hat.
Dem Theologen Johannes geht es nicht darum, dass alle satt werden, es geht ihm nicht um Gerechtigkeit in dieser Welt. Er gehört zu jenen Theologen, die den Blick ganz fest auf eine andere Welt gerichtet haben, von der uns Jesus zu seinen Lebzeiten einen kleinen Vorgeschmack gegeben hat. Hier und jetzt können wir nur blitzartig die Fülle erleben. Aber das macht Mut, gibt Hoffnung und stärkt für alle die kleinen und großen Aufgaben, die uns diese Welt stellt. Theologen verändern die Welt nicht, aber sie geben Kraft und Motivation für den großen Wandel, den Jesus mit seinen Worten und Taten begonnen hat.
Eckhard Raabe, Rottenburg a. N.