9. Sonntag nach Trinitatis / 18. Sonntag im Jahreskreis (06.08.23)

9. Sonntag nach Trinitatis / 18. Sonntag im Jahreskreis

ev. Predigttext kath. 1. Lesung kath. 2. Lesung kath. Evangelium
1 Kön 3,5-15(16-28) Jes 55, 1-3 Röm 8, 35.37-39 Mt 14, 13-21

Liebe Schwestern und Brüder,

was die Lesungen des heutigen Sonntags verbindet, ist das Vertrauen auf Gott und eine Einladung an uns, Gott als Orientierung für unsere Verhalten und Leben zu erwählen. Das Wort Gottes, das uns das Geheimnis und auch die Unergründlichkeit Gottes erahnen lässt, enthüllt uns aber gleichzeitig, was Gott von seinen Jüngern und Jüngerinnen heute wünscht: das Wort und den Willen Gottes durch unser Leben in der Welt sichtbar und verständlich zu machen, durch unsere Haltung und unser Handeln in den verschieden persönlichen aber auch sozialen Umfeldern, in denen wir uns bewegen. Das Wort ist Fleisch geworden in Jesus Christus (vgl. Röm 8,3), und durch uns und die Kirchen will es heute in der Nachfolge gelebt werden, sicher oft nur ansatzweise, aber als Suchende und nicht schon als Kenner der Wahrheit. Vielleicht liegt in diesem Verständnis auch die Falle, in die wir als Christen, aber auch als kirchliche Gemeinschaft tappen können: Kenner der absoluten Wahrheit sein zu wollen. Hier kann sich dann Selbstgerechtigkeit breitmachen, die die Kommunikation mit den Suchenden in und außerhalb der Kirche erschwert oder vielleicht unmöglich macht.

Sehen wir uns den Kontext des heutigen kath. Evangeliums an: Jesus und die Jünger befinden sich in einer schwierigen Situation vielleicht des Zweifels, der Enttäuschung und des Erschrockenseins. Denn Jesus ist zuvor in seiner Heimat von seinen Verwandten und Bekannten abgelehnt worden. Sie erwarteten Wunder und nicht die Forderung nach Umkehr zu den Werten des Gottesreiches, das er verkündete (vgl. Mt 13; besonders 13,54-58). Eine weitere Schreckensnachricht erreicht sie: Johannes ist von Herodes getötet worden, aus Rache, aus Schwäche, für ihn einzutreten, obwohl Herodes sich für ihn interessierte und ihn bewunderte (vgl. Mk 6,20). Vor diesem Hintergrund will Jesus allein sein und steigt in ein Boot. Aber die Menschen lassen nicht ab von ihm, sie folgen ihm zu Fuß. Wenn Jesus mit dem Boot die Einsamkeit suchte, können wir die Mühe erahnen, mit der die Menschen ihm zu Fuß folgten. Sie vertrauen ihm, sie machen in ihm eine neue Erfahrung des Angenommenseins.

Als er aus dem Boot ausstieg, war die Menschenmenge schon da. Sie erwartete ihn. Das Evangelium zeigt uns nun zwei Verhaltensweisen, die von Jesus und die von seinen Jüngern. Jesus sieht die Menge und hatte Mitleid und heilte (die Kranken). Das Heilen zeigt uns, dass das Mitleid Jesu seine Existenz im Inneren seines Herzens getroffen hat. Er leidet mit ihnen, er versteht ihr Leiden und deshalb heilt er. Er will das Leben der Menschen. Die Jünger haben eine andere Annäherung an die Situation. Sie drängen Jesus, die Leute wegzuschicken. In ihrem Mitleid wollen sie die Menschen in die Dörfer schicken, dass sie sich dort selbst versorgen. Sie haben Jesus und seine Botschaft noch nicht verstanden. Jesus antwortet ihnen, dass die Menschen nicht weggehen müssen, sondern dass die Jünger sie speisen sollten und bittet die Leute, sich ins Gras zu setzen. Wie soll das mit nur fünf Broten und zwei Fischen gehen, für die Jünger unmöglich. Jesus nimmt das Brot und die Fische blickt zum Himmel und spricht den Lobpreis, bricht die Brote und bittet die Jünger, sie an die Leute zu verteilen. Alle essen und sind satt geworden, und es verbleiben noch zwölf Körbe, obwohl fünftausend Männer und noch Frauen und Kinder ernährt worden sind.

Hier haben wir schon die Präsenz der ersten christlichen Gemeinden mit ihrer Eucharistiefeier, die auch immer eine Mahlgemeinschaft war, wo alle Teilnehmer auch zu essen bekamen (vgl. 1 Kor 11,21.33). Was bedeutet das für uns heute als Christinnen und Christen? Die eucharistische Mahlgemeinschaft ist eine Einladung an die Gemeinden heute aus dem Geheimnis der Hingabe Jesu bis zum Tod am Kreuz und seiner Auferstehung, die Kraft zu schöpfen, in unserer heutigen Welt für die Werte des Gottesreiches einzustehen: Nächstenliebe, Solidarität, Einsatz für eine gerechtere Welt vor allem im Kampf gegen Armut, Hunger, Zerstörung der Natur und Zerstörung der menschlichen Beziehungen und der Völker durch Diskriminierung, Hass, Gewalt und Kriege.

Das 1. Buch der Könige erinnert uns, dass wir als Christinnen und Christen und als Menschen guten Willens das erbitten sollen, was Salamon geträumt hat, aber für uns Christinnen und Christen zur Wirklichkeit gehören sollte: Gott, um die Gnade und die Gabe zu bitten durch ein hörendes Herz, das Gute vom Bösen unterscheiden zu können oder mit anderen Worten in dieser Welt für Gerechtigkeit und Frieden für alle Menschen zu arbeiten und sich zu engagieren. Die Wirklichkeit, in der wir heute leben, erfordert dieses Mitleid Jesu von uns selbst, sich in das Leben des anderen Menschen versetzen zu können und zu wollen, sein Leiden auch in sich zu spüren aber auch seine Hoffnung, die die Kraft freisetzt, das Leben in unserer Welt als Schwestern und Brüder zu gestalten. Das will Paulus in dem Brief an die Römer ausdrücken: was kann uns scheiden von der Liebe Christi: weder Bedrängnis, noch Not, Verfolgung, Hunger, Gewalt, Kriege, Höhen und Tiefen im Leben. Wie Jesus die Menschen aufforderte, sich in Gras zu setzen und zu essen, so lädt er auch uns ein, uns auf die Werte des Reiches Gottes zu besinnen, sodass wir den Bund erneuern, den Gott mit dem Volk Israels geschlossen hat, wie der Prophet Jesaja sagt, damit wir Zeugen für die Völker werden, Zeugen des Lebens, dass niemand mehr hungern oder Gewalt und Ablehnung erleiden muss, und dass das menschliche Leiden, in Lebenssituationen wo es unverständlich ist, als Teil des Geheimnisses des Lebens für alle erträglicher wird.

Das Konzilsdokument Gaudium et Spes 1 drückt diesen Sendungsauftrag der Kirche und aller Christinnen und Christen in der schönen Einleitung so aus:

»Freude und Hoffnung, Trauer und Angst der Menschen von heute, besonders der Armen und Bedrängten aller Art, sind auch Freude und Hoffnung, Trauer und Angst der Jünger Christi. Und es gibt nichts wahrhaft Menschliches, das nicht in ihren Herzen seinen Widerhall fände.

Ist doch ihre eigene Gemeinschaft aus Menschen gebildet, die, in Christus geeint, vom Heiligen Geist auf ihrer Pilgerschaft zum Reich des Vaters geleitet werden und eine Heilsbotschaft empfangen haben, die allen auszurichten ist.

Darum erfährt diese Gemeinschaft sich mit der Menschheit und ihrer Geschichte wirklich engstens verbunden.«

Bitten wir diesen Glauben, diese Hoffnung und diese Liebe (vgl. 1 Kor 13,13) für uns alle heute. Amen

Fr. W. Schreiber OFM, Mainz