Neujahrstag / Hochfest der Gottesmutter Maria (01.01.20)

Neujahrstag / Hochfest der Gottesmutter Maria


ev. Predigttext kath. 1. Lesung kath. 2. Lesung kath. Evangelium
Joh 14,1-6 Num 6, 22-27 Gal 4, 4-7 Lk 2, 16-21

Grundtenor: Als gesegnete Menschen dürfen wir ins neue Jahr starten! 

Als befreite und freie Menschen dürfen wir ins neue Jahr starten!

Als liebevolle, barmherzige und friedensbewegte Menschen dürfen wir ins neue Jahr starten!

Als christliche Menschen, die Jesus an ihrer Seite wissen, dürfen wir ins neue Jahr starten!

Der 1. Januar wird katholischerseits als Hochfest Mariens begangen. Im Bewusstsein der Kirchgänger/innen dürfte dies nur eine untergeordnete Rolle spielen. Gefühlsmäßig ist es eher ein Schwellentag. Mit Silvester und dem Rückblick wurde das vergangene Jahr abgeschlossen, mit Neujahr und dem Ausblick folgt die Ausrichtung auf das Zukünftige. Während das Vergangene bekannt ist und entsprechend mit Dank oder auch Klage gewürdigt werden kann, bleibt das Zukünftige unbekannt und somit offen. Für ein Schwellen- und Übergangsritual ist ein Segen eine glückliche Wahl. Der aaronitische Segen aus dem Buch Numeri bildet eine hilfreiche Zusage, in allen Herausforderungen des Neuen auf Gott zu vertrauen und das neue Jahr mit seinem Segen zu beginnen. Im Namen Gottes bekommen wir Gutes zugesprochen (Segen = benedicere = Gutes sagen). Wenn Gott sein Angesicht über uns leuchten lässt, dann können wir in seiner Gegenwart geschützt leben und vertrauensvoll Schritte ins Unbekannte wagen. Dann lässt sich das Abenteuer eines neuen Jahres bestehen. „Voll Vertrauen gehe ich den Weg mit dir mein Gott, getragen von dem Traum, der Leben heißt. Am Ende dieses Weges bist du selber dann das Ziel, du, der du das Leben bist.“ So drückt es ein neues Lied von Hans Waltersdorfer aus. Segen hat immer etwas Nachhaltiges, weil er nicht nur für den Augenblick gilt, sondern über den Moment hinausweist. „Wenn du Vater mit mir gehst, kann der Weg nicht sinnlos sein. Wenn du an der Hand mich nimmst, weiß ich, ich bin nie allein. Denn ich kann dir, o Gott, mein Leben anvertraun. Ich kann mit dir, o Gott, mein Leben wagen.“ Als gesegnete Menschen dürfen wir ins neue Jahr starten!

Neujahr greift als Oktavtag (achter Tag) das Weihnachtsgeschehen auf. Wenn man so will, ist die Menschwerdung Gottes das Nachhaltigkeitsereignis schlechthin. Es wirkt durch die Zeiten, auch wenn es in Deutschland für viele an Faszination verliert. Paulus spricht im Brief an die Gemeinde von Galatien vom Kairos, von jenem historischen Punkt, als die Zeit erfüllt war und Gott seinen Sohn sandte. Seine Wirkung ist epochal und fundamental: Es geht um den Freikauf vom Gesetz und um die Sohnschaft. Mit dieser Sohnschaft erhalten wir eine neue Freiheit, sind nicht mehr Sklave, sondern Sohn (bzw. Tochter). Ja mehr noch, mit der Sohnschaft sind wir zugleich Erben. Der Geist Gottes schenkt uns das neue Gesetz des Lebens und wirkt in uns fort. Als befreite und freie Menschen dürfen wir ins neue Jahr starten!

Das Lukasevangelium erinnert an die Beschneidung Jesu, die mit der Namensgebung verbunden ist. Der Name Jesus bedeutet: Gott rettet (Jeschua = Jahwe rettet). Lukas verkündet daher durch die Engel und durch den Mund der Hirten Jesus als den Retter und Heiland der Welt. Nicht der Kaiser – in dem Fall Augustus -, sondern dieses kleine Kind von Betlehem ist der wahre Retter und Heiland. Das ist die eminent politische Botschaft des Christentums. Eine nachhaltige Wirkung im Sinne einer dauerhaften Friedensordnung geht letztlich nicht von der pax romana aus, sondern von der pax christiana. Daher wird der 1. Januar auch als Weltfriedenstag begangen, bei dem aus der jeweiligen Botschaft des Papstes zitiert werden kann.

Die Ehrentitel „soter“ und „kyrios“, die dem römischen Kaiser vorbehalten waren als Titel seiner Vergöttlichung, sie werden durch Lukas nun dem neugeborenen Gotteskind verliehen. Statt um Gewalt, Herrschaft und Besitz geht es bei Jesus um Liebe, Verkündigung des Wirkens Gottes und um Dienst. Seine Reich-Gottes-Verkündigung setzt Gerechtigkeit, Liebe und Barmherzigkeit voraus. Der Gewaltherrschaft und Unterdrückung der Mächtigen begegnet Jesus mit dem Konzept der Feindesliebe. Sein Friede beruht auf dem Verzicht von Herrschaftsstrukturen. „Die Könige herrschen über ihre Völker und ihre Gewalthaber werden ihre Wohltäter genannt. Bei euch aber soll es nicht so sein“ (Lk 22,25). Es sind Hirten, die dies verkünden, also Menschen, die für römische Ohren untrennbar mit der Erwartung des Goldenen Zeitalters verbunden waren.

Das Weihnachtsfest hat einen anderen „soter“ und „kyrios“, einen anderen Retter und Herrn in die Welt gebracht. Dadurch wird es zur Bedrohung der Mächtigen, weil wir uns als Christen nicht mehr an den Machthabern dieser Welt ausrichten. Unser Gott ist nicht ein außerhalb unserer Welt thronender Herrscher, sondern ein eingefleischter Gott der Liebe, der Barmherzigkeit und des Friedens. Unser Vorbild ist nicht ein machtvoller Kaiser, unser Vorbild ist ein ohnmächtiges Kind. Daran werden wir an Neujahr noch einmal erinnert. Die spannende Frage ist, ob wir es schaffen, die göttlichen Maßstäbe zu verinnerlichen, so dass sie unser Leben als Christen tatsächlich tiefgreifend prägen; nicht nur am Weihnachtstag, sondern alltäglich das ganze Jahr über. Als liebevolle, barmherzige und friedensbewegte Menschen dürfen wir ins neue Jahr starten!

Die Perikope, die im evangelischen Gottesdienst vorgetragen wird, bietet ebenfalls ein gutes Einfallstor in das neue Jahr. Sie ist ein Aufruf zum Glauben und somit ebenfalls ein Verweis auf das Vertrauen. Jesus wird als Weg, Wahrheit und Leben vorgestellt. Er begleitet immer mit Blickrichtung zum Vater durch das neue Jahr, er bietet angesichts zunehmender Fakenews und alternativer Fakten Orientierung und Halt und er steht gleichzeitig für Dynamik und Lebendigkeit. Als christliche Menschen, die Jesus an ihrer Seite wissen, dürfen.

Stefan Federbusch, Limburg

Literatur

Das Lied „Voll Vertrauen gehe ich“ findet sich unter der Nummer 447 in dem Liederbuch „du mit uns. Neue Lieder für Jugend und Gemeinde“. Herausgeber: Haus der Stille, A-8081 Heiligenkreuz a.W., 3. Auflage 2008. Die Rechte liegen beim Urheber Hans Waltersdorfer; www.werkstatt-waltersdorfer.at