Ostermontag
ev. Predigttext | kath. 1. Lesung | kath. 2. Lesung | kath. Evangelium |
Lk 24,36-45 | Apg 2, 14.22-33 | 1 Kor 15, 1-8.11 | Lk 24, 13-35 oder Mt 28, 8-15 |
Aspekt des Umbruchs
Trauer über Verlust von Gewohntem und Weltbildern, die Halt geben
Metánoia: der Wunsch nach Erneuerung
Der Diskurs um Nachhaltigkeit ist immer auch geprägt von dem Ruf nach Veränderung. Ein nachhaltiger Umgang mit der Schöpfung fordert ein (radikales?) Umdenken – der Verzicht auf Gewohntes, das Ablegen von Erwartungen, die Offenheit für Neues.
„Das haben wir schon immer so gemacht“ – damit kommen wir nicht weiter. Das merken auch die Jünger am in der Emmausgeschichte am Ende des Lukasevangeliums (Lk 24,13-35). Sie beschreibt den Vorgang der Umkehr und Erneuerung in besonders anschaulicher Weise. Jesus, für Lukas Höhepunkt der Heilgeschichte, wurde ans Kreuz genagelt und begraben. Für die Jünger der Bewegung Jesu ist nun alles zu Ende und das Kommen des Reiches Gottes in weite Ferne gerückt. In dieser Situation verlassen viele der Jünger Jerusalem, den Ort des Geschehens. Sie gehen zurück zu ihren Familien, dorthin, wo sie herkommen. So auch die Emmausjünger.
Auf dem Weg, am Tiefpunkt, begegnen die beiden Jünger einem Unbekannten – die Begegnung mit ihm verändert die Jünger grundlegend. Die Wegstrecke gleicht einem Trauerprozess, der die inneren Bilder der Jünger wandelt.
Alle gesellschaftlichen Funktionssysteme, auch Religion und damit die Kirchen, stehen dauerhaft vor großen Umbrüchen und tiefgreifenden Veränderungen, die erhebliche Verwerfungen mit sich bringen. Es geht - wie das Neue Testament es ausdrückt – um Metánoia: eine grundlegende Umkehr, einen Systemwechsel, der spannend sein kann, vor allem aber Unsicherheit und Ängste auslöst: Der Aufruf zu einem nachhaltigen Umgang mit unserer Welt impliziert auch immer ein Hinterfragen der existierenden Macht- und Wirtschaftsverhältnisse. Trauer um das, was verloren geht, ist erlaubt.
Im Korintherbrief wird deutlich, welche Früchte ein solches Umdenken möglich macht: „Doch durch Gottes Gnade bin ich, was ich bin, und sein gnädiges Handeln an mir ist nicht ohne Wirkung geblieben. Mehr als sie alle habe ich mich abgemüht - nicht ich, sondern die Gnade Gottes zusammen mit mir. Ob nun ich verkünde oder die anderen: Das ist unsere Botschaft und das ist der Glaube, den ihr angenommen habt.“
In der Apostelgeschichte tritt Petrus am Pfingsttag vor die Apostel und spricht von diesem gewaltigen Umbruch: der Tod, der alte Weg, ist überwunden und neue Wege werden aufgezeigt. Der Heilige Geist wird auf diesen neuen Wegen führen. Die Herausforderung zu wissen, welche Wege die „richtigen“ sind nach dem Umbruch, stehen uns vor Augen. Gerade in Zeiten der Pluralität der Lebensentwürfe kann Neuaufbruch in vielerlei Hinsicht verstanden werden. Ein nachhaltiger Umgang mit der Schöpfung und miteinander muss auch ein ständiges Fragen sein, vor welchem persönlichen und gesellschaftlichen Hintergrund sich dieser Umbruch vollzieht. Die Suche nach der „Einen Wahrheit“ kann in die Irre führen und fundamentalistische und rigoristische Weltanschauungen begünstigen.
Eva Baillie, Mainz