10. Sonntag nach Trinitatis / 19. Sonntag im Jahreskreis (08.08.21)

10. Sonntag nach Trinitatis / 19. Sonntag im Jahreskreis

ev. Predigttext kath. 1. Lesung kath. 2. Lesung kath. Evangelium
2. Mose 19,1-6 1 Kön 19, 4-8 Eph 4, 30 - 5, 2 Joh 6, 41-51


Ex 19, 1-6

Wem gehört die Erde?

Wem gehört die Erde? Auf Anhieb würde man antworten: Denen, die den Grund besitzen. Das ist jeder Einzelne mit seinem Garten, dem Haus, den Ländereien oder Wäldern. Das ist ein ganzes Volk, das in einem geografisch festgelegten Land lebt. Uns Deutschen – wie immer man auch das Deutschsein weit oder eng fasst - gehört das Gebiet der Bundesrepublik. Den Schweden Schweden usw.

Mose aber fordert Gott auf, seinem Volk Israel zu verkünden, dass die Erde nicht ihnen gehöre, sondern Gott. Auch das Volk der Israeliten gehöre nicht sich selbst, sondern ebenfalls Gott. Es solle ihm als ein Königreich von Priestern und als ein heiliges Volk gehören. Aber Gott ist Gott über allem, über der Erde und über den Menschen.

Heute ist dieses Wissen verloren gegangen. Wir meinen uns selbst zu hören, glauben an unsere eigene Stärke und Selbstoptimierung. Wir meinen, die Erde dafür ausbeuten zu können und glauben an den globalen Fortschritt. Dass dabei ein großer Teil der Weltbevölkerung auf der Strecke bleibt und die Erde immer mehr zu einer Bedrohung für uns Menschen wird, das blenden wir aus.

„Gott gehört die Erde.“ Diesen Satz wieder ins kollektive Gedächtnis der Menschheit zurückzutragen, das ist die Aufgabe der Christinnen und Christen heute. Christsein bedeutet die Anerkennung Gottes als den Schöpfer der Welt und die Anerkennung unserer Rolle als Bewahrer der Schöpfung. Erst, wenn wir uns als Gäste auf dieser Erde sehen, die uns von Gott anvertraut wurde und mit der wir sorgsam umgehen müssen, weil sie uns nicht gehört, haben wir Menschen eine Chance zu überleben. Erst dann werden wir in Harmonie mit der Schöpfung leben und überleben.

1 Kön 19, 4-8

Die Engel des Herrn

„Ich bin nicht besser als meine Väter.“ Ich stelle mir den Jugendlichen vor, der erschöpft und desillusioniert von der Fridays for Future-Demo in das heimische Sofa sinkt und diesen Satz sagt: „Ich bin nicht besser als meine Väter.“ Es ist das Eingeständnis der Machtlosigkeit. Der Klimawandel geht rasant weiter, während die Politiker nur hier und da kleine Trippelschritte auf eine ökologische Wende hin wagen.

Die Väter haben mir ihrem industriellen Fortschrittsglauben den Klimawandel in Gang gesetzt und nun ist es die Aufgabe der Jugendlichen, die Alten bei der Fortführung einer verfehlten Klimapolitik zu stoppen. Manche der Jugendlichen sind dieser Anstrengung tatsächlich so überdrüssig wie Elia, der sich unter einen Busch legt und einschläft. Manche wollen mit Gewalt die Verhältnisse ändern. Manche wollen die Augen verschließen vor ihrer übergroßen Aufgabe.

Da ist es Gott, der die Stärkung bringt, Gott, der sagt: „Steh auf und iss! Sonst ist der Weg zu weit für dich.“ Und tatsächlich: Wenn wir jetzt nicht aufstehen, dann ist der Weg zur ökologischen Wege zu weit. Mit jedem Tag, der ohne Wandel verstreicht, werden die Anstrengungen der nächsten Generationen größer sein, wird es mehr Ungerechtigkeit und Krieg aufgrund der verwüsteten Umwelt geben. Damals rührte der Engel des Herrn Elia an. Vielleicht sind heute die Jugendlichen, die am Freitag auf die Straße gegangen sind, die Boten Gottes, wer weiß.

Eph 4, 30 – 5, 2

Streiten, aber richtig

Von wegen ein Herz und eine Seele! In der Urgemeinde gab es richtig Zoff, schon ganz zu Anfang. Denn wenn Paulus der Gemeinde schreibt, sie sollten gütig und barmherzig sein, dann können wir davon ausgehen, dass es tatsächlich Streit gab. Bitterkeit, Wut, Zorn, Geschrei und Lästerung waren den Urchristen also gar nicht fremd, im Gegenteil.

Es hat Streit gegeben, kein Wunder. Der Auftritt des Sohnes Gottes in dieser Welt war alles andere als eindeutig. Seine Botschaft, sein Tod und die Auferstehung konnte man so oder so deuten. Jesus selbst hat sich mit eindeutigen Interpretationen eher zurückgehalten und so war es die Aufgabe der ersten Christen, das Geschehen um Jesus zu deuten.

Paulus wendet sich nicht dagegen zu streiten. Er wendet sich nur gegen die Art und Weise, wie die Epheser gestritten haben. Mit Bitterkeit, Wurt, Zorn, Geschrei und Lästerung ist wirklich kein Streit zu lösen, schreibt er. Allein die Güte und Barmherzigkeit bringt die Kontrahenten im Streit voran.

Auch in den großen Fragen unseres Lebens, den Fragen von Gerechtigkeit, Frieden und Bewahrung der Schöpfung sind es die Güte und Barmherzigkeit, die uns voranbringen und den anderen als Gesprächspartner erscheinen lassen. Nur mit Güte und Barmherzigkeit können wir die kleinen Probleme unseres Alltags und die großen Probleme der Welt lösen

Joh 6, 41-51

Mein Fleisch für das Leben der Welt

Johannes weitet den Horizont. Da geht es nicht mehr allein darum, dass Gott die Stärkung für das Leben bringt. Es geht um die Stärkung über das Leben hinaus. Es geht um das ewige Leben. Wenn Elia müde ist und Gott ihm Brot und Wasser schickt in seiner Wüstenwanderung, setzt Johannes noch eins drauf: Er macht Jesus Christus zur endgültigen Stärkung. „Mein Fleisch für das Leben der Welt.“

Es geht um das Leben der Welt, nicht allein mein kleines Leben und seine Zukunft nach dem Tod. Es geht um das Leben aller und der ganzen Schöpfung. Für sie hat Jesus gelebt, für sie ist er gestorben.

Wer sich also heute für die Welt einsetzt, wer gegen Klimawandel eintritt und die Welt für die nächsten Generationen bewahren will, der arbeitet an einem riesigen Projekt mit. Es ist das Reich Gottes, das Jesus uns verkündet hat und dessen Anfänge wir hier auf Erden in jedem geglückten Moment erleben dürfen, dessen Vollendung aber Gott herbeiführt am Ende der Tag.

Stärkung auf dem langen Weg ist Jesus Christus selbst, wie er in den Schriften überliefert ist und sich uns in der Eucharistie schenkt. Sein Fleisch für das Leben der Welt, das ist die Zuspitzung der Erlösungsbotschaft für die ganze Welt.

Eckhard Raabe, Rottenburg