1. Sonntag nach Trinitatis/ 9. Sonntag im Jahreskreis
ev. Predigttext | kath. 1. Lesung | kath. 2. Lesung | kath. Evangelium |
Mt 9, 35-38; 10, 1(2-4)5-7 | 1 Kön 8, 41-43 | Gal 1, 1-2.6-10 | Lk 7, 1-10 |
Die Lesungstexte dieses Sonntags kreisen um zwei Themen: Die Mission und ihre Herausforderungen und Außenstehende, die zum Glauben kommen.
Dies entspricht dem Proprium dieses Sonntags nach dem evangelischen Kirchenjahr: die Sendung der Apostel.
Mission heute
Sowohl in den evangelischen Kirchen als auch in der römisch-katholischen Kirche wird seit einiger Zeit wieder neu und intensiv über die Bedeutung von Mission diskutiert: Was bedeutet Mission heute, welche zeitgemäße Formen von Mission gibt es, wo sind in einer pluralen und interkulturellen Gesellschaft Grenzen von Mission?
Mitgliedschaftsstudien und andere Umfragen belegen dabei, dass es gerade das gesellschaftliche Engagement der Kirchen ist, durch das diese für viele Menschen heute glaubwürdig und attraktiv sind. Caritative und diakonische Arbeit gehören hier genauso dazu wie kirchliche Schulen und kirchliche Umwelt- und Klimaarbeit.
Gerade in diesem letzten Arbeitsfeld stelle ich immer wieder fest, welche missionarische Kraft in einem glaubwürdigen Engagement für die Bewahrung der Schöpfung liegt. In den Umweltteams unserer Gemeinden arbeiten häufig Menschen mit, die vorher nur einen losen Kontakt zur Kirche gehabt haben. Im Dorf, im Ort oder im Stadtviertel wird das Umweltengagement der Gemeinde deutlich wahrgenommen und in der Regel als sehr glaubwürdiger Ausdruck zeitgemäßer Frömmigkeit verstanden.
Die Herausforderungen der Mission gestern und heute – Mt 9, 35-38; 10, 1(2-4)5-7 (Evangelische Reihe V) und Gal 1, 1-2.6-10 (römisch-katholische Reihe C, 2. Lesung)
Vor seiner Aussendungsrede an die Jünger stellt Jesus fest, wie bedürftig die Menschen sind und wie dringend sie der Orientierung bedürfen. Dem gegenüber steht die geringe Zahl der Jünger, die mit dieser großen Aufgabe schnell überfordert sein können. „Die Ente ist groß, aber wenige sind der Arbeiter." (v.37)
Seit durch die Katastrophe von Fukushima und die verschiedenen Lebensmittelskandale der letzten Jahre die Notwendigkeit des Wandels wieder einer breiten Bevölkerung bewusst geworden ist, können sich die Fachleute für Umwelt- und Klimafragen kaum mehr vor Anfragen retten. Jeder weiß zwar, dass wir aus der Atomenergie aussteigen wollen und fossile Energien endlich sind, aber wie die Energiewende gestaltet werden kann, darüber herrscht zum Beispiel immer noch große Orientierungslosigkeit. Wer im persönlichen Bereich etwas dazu beitragen will und zum Beispiel nach effizienten Leuchtmitteln sucht, steht im Baumarkt vor einer großen Palette von Möglichkeiten – und in der Regel schlecht informierten Verkäufern. Kirchliche Umweltberaterinnen und –berater, Umweltteams, die Kirchengemeinden begleiten, Menschen, die Bescheid wissen – sie alle sind viel gesuchte und benötigte RatgeberInnen.
Der Apostel Paulus macht in seinen Worten an die Galater freilich deutlich, dass solcher Rat auch unbequem sein kann: Es gibt ja auch die anderen Stimmen, die anderes lehren, es gibt Strategien, die weniger Umdenken verlangen, es gibt diejenigen, die mit schönen Vergünstigungen werben, wenn alles beim Alten bleibt. Wer sich auf den Weg der Umkehr begibt, muss immer wieder Rechenschaft darüber ablegen, was er oder sie tut. Wer Neues lehrt, muss sich seiner Sache schon sicher sein, wenn andere auf ihrer Position beharren.
Einer der ältesten Biowinzer in Franken hat mir vor Kurzem erzählt, wie er in den 80er Jahren des letzten Jahrhunderts von Kollegen und Agrarwissenschaftlern immer wieder vorgeworfen bekommen habe, dass er ja in der Nacht heimlich spritzen müsse, um solche Erträge zu erhalten. Manche brauchen etwas länger, bis sie an den Erfolg der neuen Wege glauben – da ist es gut, sich der eigenen Mission bewusst und gewiss zu sein. Ganz nebenbei bemerkt: der Winzer ist ein ganz unaufdringlicher, keineswegs verbissener Mann...
In die Umwelt hinein wirken - 1. Kön 8, 41-43 (römisch-katholische Reihe C, 1. Lesung) und Lk 7, 1-10 (römisch-katholische Reihe C, Evangelium)
Umweltengagement ist ein glaubwürdiger Ausdruck des christlichen Bekenntnisses zu Gott, dem Schöpfer. Es strahlt daher aus, ist missionarisch im unaufdringlichen Sinn. Salomon weiß in seinem Tempelweihgebet von solcher unaufdringlichen Mission. Auch der Glaube an den Gott Israels strahlt aus, weil dieser Gott sein Volk mit machtvollen Taten aus der Gefangenschaft geführt und in schwierigen Zeiten bewahrt hat.
Salomon bittet darum Gott, dass er den Fremdling, der in den Tempel kommt, um zu beten, wohlwollend empfängt. Wir gehen wohl nicht zu weit, wenn wir unterstellen, dass für die Verfasser der Königsbücher dabei auch die Aufforderung an die Priester im Tempel und an die jüdische Gemeinde mitschwingt, diese Fremdlinge genauso wohlwollend aufzunehmen wie Gott.
Wo gesellschaftliches Engagement der Kirchen so ausstrahlt und missionarisch wirkt, dass neue Menschen für den christlichen Glauben begeistert werden, da kann es in den Gemeinden auch zu Konflikten kommen: Die „Neuen" sind mit den Traditionen nicht so vertraut, hinterfragen alt hergebrachte Rituale, bringen neue Ideen für den Gottesdienst und das Gemeindeleben ein.
Salomons Tempelweihgebet erinnert uns daran, dass diese Irritationen „nur" ein Zeichen dafür sind, dass unsere Mission erfolgreich war – und wir mit ihnen genauso wohlwollend umgehen sollten wie Gott mit den Fremden in Tempel.
Das Evangelium vom Hauptmann in Kapernaum schließlich ermutigt dazu, auch heute als christliche Gemeinde mutig auf Außenstehende zu zu gehen, die von unserem christlichen Engagement begeistert sind. Jesus kennt hier keine Berührungsängste, ja er macht sogar deutlich, dass bei diesem Hauptmann mehr Glauben ist als bei manchem aus dem „inner circle".
Gerade mit Blick auf die verschiedenen Formen und Gruppen zivilgesellschaftlichen Engagements ist dieser Text ein Hinweis darauf, dass kirchliche Gruppen sich aktiv in die Zivilgesellschaft einbringen sollten.
Wolfgang Schürger