Altjahrsabend / Silvester [V/A]
ev. Predigttext | kath. 1. Lesung | kath. 2. Lesung | kath. Evangelium |
Röm 8,31b-39 | 1 Joh 2, 18-21 Hl. Silvester I: Ez 34, 11-16 |
Joh 1, 1-18 Hl. Silv.: Mt 16, 13-19 |
Röm 8, 31b-39
Anmerkungen zum Text
Am Ende des 8. Kapitels, in dem es in verschiedenen Aspekten um den Geist geht, scheint Paulus hier nochmals auf das zuvor Geschriebene zurückzublicken und hebt nun gleichsam zu einem hymnischen Lobpreis auf die Liebe Gottes an. In der Sendung seines Sohnes und dessen Sterben für uns hat diese Liebe für ihn ihren Höhepunkt erreicht. Auf sie dürfen die Christen für immer bauen.
Predigtaspekte zur Nachhaltigkeit
Gott selbst ist Garant und Vorbild für Nachhaltigkeit, das lässt dieser Text ganz deutlich erkennen und daran ließe sich in einer Predigt anknüpfen. Sein unbedingter Wille zur Gerechtigkeit und seine Liebe zu den Menschen sind schier grenzenlos. Durch Leben, Tod und Auferweckung Jesu hat Gott den Menschen nachhaltig sein Treue erwiesen. Für Paulus kann sie durch nichts und niemandem mehr gebrochen werden (V. 38f).
1 Joh 2, 18-21
Anmerkungen zum Text
Der Brief eines anonymen Verfassers richtet sich gegen Ende des ersten Jahrhunderts an eine Gemeinde, die bedrängt ist von Irrlehrern. Diese sind offensichtlich von der Gemeinde abgefallen und vertreten nun abweichende theologische Haltungen. Für ihn sind sie die „Antichristen" und ihr Auftreten ein Zeichen dafür, dass die Wiederkehr Christi unmittelbar bevorsteht und damit die letzte Stunde angebrochen sein muss, wie er es nennt. Der kleine Text ist ein Beispiel dafür, dass die Erwartung einer baldigen Rückkehr des Herrn damals noch sehr lebendig war.
Predigtaspekte zur Nachhaltigkeit
Wenn Glauben etwas mit Beständigkeit zu tun hat, dann könnten jene, die offensichtlich abgefallen sind, ein Beispiel für mangelnde Nachhaltigkeit im Glauben sein. Zu bedenken ist jedoch, dass Nachhaltigkeit in Glaubensdingen nicht heißen darf, nichts zu hinterfragen. Sie kann sich im Gegenteil ja gerade darin äußern, dass ich intensiv um meinen Glauben ringe. Auch mit jenen, die ihn ablehnen, angreifen, in Frage stellen. Das Pochen auf der alleinigen „Wahrheit", die mancher Gläubige zu besitzen meint, macht nicht nur denkfaul, es hat in der Vergangenheit auch viel Leid angerichtet. Nachhaltigkeit im Glauben könnte daher heißen, aus einer tiefen inneren Verbindung mit Gott und seinem Geist den Dialog mit „der Welt" zu führen. Offen, angstfrei und ohne Scheuklappen.
Joh 1, 1-18
Anmerkungen zum Text
Der berühmte Prolog des Evangelisten über das schöpferische Wort (oder den Logos) Gottes, das schon vor aller Zeit da war, alles ins Dasein gerufen und in Jesus aus Nazareth schließlich Menschengestalt angenommen hat. Gottes Wort „ist Fleisch geworden". In der Person Jesu begegnen wir ihm.
Predigtaspekte zur Nachhaltigkeit
Am Anfang von allem steht Gott. Ein Gott, der sich nicht schweigend zurückgezogen und die Welt sich selbst überlassen hat. Gott hat ein nachhaltiges Interesse an der von ihm erschaffenen Welt. Sie ist „sein Eigentum"! Es ist ein Gott, der darum auch in dieser Welt gesucht werden will, in die er nach christlicher Überzeugung sogar in Menschengestalt kam. Wer diese Überzeugung teilt, in Jesus also den Christus, das menschgewordene Wort erkennt, die/der wird „Kind Gottes" sein.
Hier ließe sich herausarbeiten, was es bedeutet, ein „Kind Gottes" in seinem „Eigentum" zu sein. Verlangt das von der Christin/dem Christen nicht zwingend einen nachhaltig-schonenden Umgang mit der Schöpfung? Bedingt es nicht ein unbedingtes Eintreten für Gerechtigkeit und einen wertschätzend-liebenden Umgang mit jedem Menschen, jedem Tier, der gesamten Natur?
Falls der Tag des Heiligen Silvester gefeiert wird: Ez 34, 11-16
Anmerkungen zum Text
Im Ez-Buch spiegelt sich v.a. das theologische Nachdenken über die Verbannung des Volkes Israel ins babylonische Exil (586–537 v.Chr.) wider. Nach zahlreichen Gerichts- und Unheilsworten finden sich in den Kapiteln 33 bis 37 des Ez-Buches schließlich Heilsworte für das gebeutelte Israel. Im Kapitel 34 steht das Bild des Hirten im Mittelpunkt. Dem schlechten, bösen Hirten (V. 1-10) wird nun der gute Hirte (V. 11-22) entgegengesetzt. Es ist Gott selbst. Er führt sein Volk zurück aus dem Exil. In der NT-Verkündigung wird das Hirtenbild später auf Jesus übertragen.
Predigtaspekte zur Nachhaltigkeit
Gott, der gute Hirte, ist an der nachhaltigen Entwicklung seiner Herde interessiert. Darum sorgt er sich um seine Schafe, „führt sie" auf „fette Weiden", damit es ihnen gut ergeht. In einer Predigt ließe sich z.B. diese nachhaltige Sorge Gottes um die von ihm Erwählten thematisieren. Z.B. ein Gott, der aktiv nach dem Verlorenen, Vertriebenen, Verletzten sucht. Der für sein Volk Bedingungen schaffen will, die ihm ein glückliches, sorgenfreies Leben ermöglichen.
Die Bilder der „fetten Weidegründe" sollten m.E. nicht dazu verleiten, einen nachhaltigen Umgang mit der Natur zu sehr in den Mittelpunkt zu rücken. Es handelt sich hier um theologische Bildsprache. Denkbar wäre aber z.B. der Hinweis, dass sich das Volk nur in Gottes Sinn entwickeln wird, wenn das auch in einer intakten, gesunden Schöpfung möglich ist. Dafür trägt aber nicht nur Gott Verantwortung, sondern auch wir.
Mt 16, 13-19
Anmerkungen zum Text
Abgesehen von der Frage an mich als Leser/Hörer des Textes, wer Jesus denn für mich ist, gibt es zwei zentrale Stellen im Text: Das in eine theologische Bekenntnisformel gekleidete Christusbekenntnis des Petrus und seine feierliche Beauftragung durch Jesus zum Hüter der Kirche. Petrus wird hier seliggepriesen, aber nicht aufgrund seiner Taten, sondern weil er von Gott selbst das Christusbekenntnis empfangen habe. Jesus tritt im Folgenden in göttlicher Vollmacht auf! In dieser macht er Petrus zum bevollmächtigten Verwalter der sakramentalen Kirche. Das „Schüssel"-Wort unterstreicht die verliehene Vollmacht symbolisch.
Der ältere Mk-Text (Mk 8,27-30), der Mt als Vorlage gedient haben dürfte, kennt die Beauftragung des Petrus nicht, ebensowenig Lk. Sie findet sich exklusiv nur bei Mt.
Predigtaspekte zur Nachhaltigkeit
Der Text weist über sich hinaus auf die Kirche. V.a. Vers 18 deutet darauf hin, dass Mt eine nachhaltige, die Zeiten überdauernde Entwicklung der christlichen Kirche im Sinn hat. Ein Haus, das auf Felsen (gr.: petra) gegründet wird, statt auf weichem Untergrund, kann auch Unwettern trotzen (vgl. Mt 7,24-27). Jesus selbst, so insinuiert der Text, hat die Kirche so gewollt, indem er sie auf Fels, nämlich dem einigenden Petrusamt gründet. In einer Predigt ließe sich z.B. der offenkundige Widerspruch thematisieren zwischen der feierlichen Sprache dieses Textes und dem realen Zustand der Kirche heute. Was etwa macht den Bestand der Kirche nachhaltig, wenn das Petrusamt im Blick vieler Christ/innen heute eher zu spalten als zu einigen scheint? Wie lässt sich auch der Glaube nachhaltig tradieren, wenn seine Weitergabe von einer Generation an die nächste zunehmend abbricht? Die Gegenwart stellt bedrängende Fragen an die Nachhaltigkeit dieser Kirche. Darüber lohnt sich nachzudenken.
Martin Wolf, Bistum Speyer