Judika / 5. Fastensonntag
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Hebr 13, 12-14 | Ez 37, 12b-14 | Röm 8, 8-11 | Joh 11, 1-45 |
Hebr 13,12-14
Dass wir hier keine bleibende Stadt haben, könnte zu dem Gedanken verleiten, dass das Hiesige, das Jetzige, „die Stadt“ nicht wichtig sei.
Dann kann man auch die letzten Ressourcen der Erde aus dem Boden holen und koste, was es wolle, weiteres CO2 und andere klimaschädigenden Gase in die Umwelt entlassen. Dann lebt man auf Kosten der Erde, als „hätte man eine zweite im Kofferraum“, wie es in den 80er Jahren schon so prägnant gedeutet wurde.
Aber so ist der Text nicht gemeint! Man soll an dem Heisigen nicht hängen, als sei es das einzige, was uns möglich ist. Der Blick auf das „nur hier“ soll geöffnet werden auf das, was kommt. Deshalb auch die Erwähnung von Jesu Leiden draußen vor dem Tor.
Es ist eine fragile Welt, es ist ein gefährdetes Lebens, das wir haben. Die ersehnte und gewünschte Stabilität und Sicherheit gibt es nicht. Das erfahren wir oft genug und wollen es doch nicht glauben.
Die gehetzten, mobilen Menschen von heute, die zwischen Südafrika und Berlin, zwischen Darmstadt und Moskau unterwegs sind, brauchen das „bleiben“. Die brauchen – wie alle - Beheimatung und Beständiges. Das ist wichtig. Wir haben nur dieses eine irdische Leben – und das ist wertvoll. Es ist auch wertvoll zu halten für die, die mit uns auf dieser Erde leben und für die, die nach uns kommen.
Im Grunde ist die Ambivalenz des Textes zwischen dem „Hier“ und dem „Dann“ das reizvolle. Der Rest des Predigttextes kann dann auch fremd bleiben.
Ezechiel 37, 12b-14
Befreiung aus dem Grab, aus dem Tod ist das große Thema dieses Textes. Befreiung aus Angst, Not, Tod ist das große Thema des christlichen Glaubens.
Doch dann kommt noch die „Beseelung“ dazu. Im Hebräischen gibt es zwei verschiedene Begriffe, die diesbezüglich verwendet werden.
An diesem Text reizt mich nun besonders der „Odem“: Denn er verbindet alles Geschaffene miteinander. Am Anfang ist es nur der Mensch, der den Odem Gottes bekommt, später sind es die Tiere und im 19. Jahrhundert war Gott direkt in der Natur zu spüren und zu finden.
Abgesehen davon, dass Naturwissenschaftler heute eine erstaundliche Verbundenheit zwischen allem, was lebt, auf zellulärer Ebene feststellen, wird langsam deutlich, dass wir durch unsere – rein auf nördlichwestlichen Profit eingestellte – Lebensart unsere eigene Zukunft gefährden. Der Odem Gottes (Prediger 3) ist in Menschen wie in Tieren. Nicht haben wir ihnen voraus, außer der Macht und der Fähigkeit sie zu unterdrücken, auszurotten und unserem Belieben auszusetzen. Würde die Befreiung, die Gott schenkt, uns dazu bringen, IHN zu erkennen und anders mit der Erde und unserer Mitwelt umzugehen? Wir Menschen verstehen vieles, was an physikalischen Prozessen in und mit der Erde geschieht, bis heute nicht.
Im Zusammenhang mit dem Extremhochwasser an mehreren großen und kleinen Flüssen vom Juni 2013 hat das Potsdamer Institut für Klimafolgenforschung vom Jetstream in oberen Luftschichten geschrieben, die Einfluss auf die Wetterlagen haben können. Man steht ganz am Anfang von neuen Erkenntnissen!
Manche sagen, dass der Welt nur der Glaube fehlt. Wenn alle glauben würden, dass sie Gott (wie immer man ihn nennen mag) verantwortlich sind, dann wäre der Uzmgang miteinander und mit der Mitwelt anders. Meinen Sie das auch?
Glauben gibt es rund um die Erde. Ob es ein kirchlich verfasster oder Jahrhunderte alter oder schräger Sonderglaube ist – wo ist ein Land, in dem auf „bessere“ Weise gelebt und gehandelt wird? Ich bezweifle nicht, dass es weit aus achtsamere Menschen und Kulturen gibt, als unsere
westeuropäische. Aber sind vielleicht so kleine Länder wie der Staat Bhutan Hoffnungsträger für unsere Zukunft?
Kann es uns theologisch eine Hilfe sein, uns Menschen in die Riege des Geschaffenen einzufinden, statt uns als Krone (mit allen denkbaren „Rechten“) zu sehen? Hilft es uns zu wissen, dass wir mit der Erde und allen Prozessen, die darauf stattfinden in Verbindung stehen oder ist unsere Entfremung von natürlichen Prozessen inzwischen in unserem Land zu groß? Der Odem Gottes ist in uns – das kann eine neu verbindende Zusage sein, um auf einer religiösen Grundlage mit anderen Menschen und der Mitwelt zu interagieren.
Das wäre mindestens eine Hoffnung.
Römer 8, 8-11
Ach ja, Paulus, möchte man sagen. Der paulinische Dualismus, schwarz-weiß, fleischlich-geistlich, gut – schlecht. So einfach ist das Leben nicht. Vielleicht könnte die Predigt über diesen Text einfach die Komplexität des Lebens neben aller Sehnsucht nach schwarz – weiß und Einfachheit darstellen.
Die Äußerlichkeiten, die wir sehen, sind nicht alles. Wir müssen mehr sehen, als nur das, was unmittelbar vor Augen ist. Einen konkreteren Bezug zu Nachhaltigkeit sehe ich nicht.
Kerstin Höpner-Miech