20. Sonntag nach Trinitatis / 31. Sonntag im Jahreskreis
ev. Predigttext | kath. 1. Lesung | kath. 2. Lesung | kath. Evangelium |
2 Kor 3, 3-9 | Mal 1, 14b - 2, 2b.8-10 | 1 Thess 2, 7b-9.13 | Mt 23, 1-12 |
Die Frage nach der Rolle und der Glaubwürdigkeit (religiöser) Führungskräfte zieht sich durch alle vier Texte dieses Sonntags. Wenn es um ein nachhaltiges Miteinander weltweit geht, dann spielt die Frage nach der Glaubwürdigkeit derjenigen, die dieses Miteinander gestalten, eine wichtige Rolle.
2.Kor 3,3-9
Der Apostel Paulus vergleicht sein Amt, das Evangelium allen Völkern zu verkünden, mit dem Amt des Mose. Harrsche Kritik an der jüdischen Tradition wird deutlich (v.9), die der Apostel in seinem Spätwerk so nicht wiederholt (Röm 9-11). Bei dem judenchristlichen Teil der Gemeinde in Korinth, an den sich die Worte vermutlich wenden, war Mose allerdings viel höher angesehen als Paulus mit seinen „neuen“ Lehren. Auch scheint sich der Apostel immer wieder dem Vorwurf ausgesetzt gesehen zu haben, dass sein Auftreten nicht allzu rhetorisch geschickt, wenig öffentlichkeitswirksam also, ist (2.Kor 11,6).
Wer sich Basis- und Widerstandsbewegungen in aller Welt ansieht, der oder die bemerkt immer wieder, dass es nicht immer die lauten Wortführer sind, welche die weiterführenden Ideen entwickeln, sondern oft zurückhaltende, bescheidene Menschen. Brilliante Rhetorik und gutes Auftreten können manchmal nur Ablenkung sein…
Mal 1,14b-2,2b
Maleachi ist nicht gut zu sprechen auf die Priester seiner Zeit: Zu oft verkünden sie, was nach seiner Auffassung nicht Gottes Wort und Wille ist. Gott selber, so verheißt er ihnen daher, wird ihren Segen zu Fluch verkehren.
Falsche Segensverheißungen hat die Menschheit zu allen Zeiten erlebt – im industrialisierten Zeitalter allerdings zunehmend weniger durch Priester und andere religiöse Führer. Die großen Segensverheißungen der Gegenwart werden mit den Mitteln der Werbung unter das Volk gebracht – und nur allzu oft erweisen auch sie sich als falsch.
Eine an Fragen der Nachhaltigkeit orientierte Predigt kann zum Beispiel kritisch die Segensverheißungen der „Grünen Gentechnik“ hinterfragen: angetreten, den Welthunger zu bekämpfen, kann sie in diesem Bereich kaum Erfolge vorweisen. Der Weltagrarbericht betont demgegenüber die Bedeutung regional angepasster Saatgutvielfalt und kleinbäuerlicher Landwirtschaft.
1.Thess 2, 7b-9.11-12
Wodurch wird eine gute Beziehung zwischen Führungspersonal und „Geführten“ deutlich? Der Apostel Paulus betont, dass dies nicht dadurch geschieht, dass sich Führungspersonen bei anderen einschmeicheln (v.5) oder sich von denen, die ihnen anvertraut sind, finanziell unterstützen lassen. Im Gegensatz zu anderen Missionaren seiner Zeit legt er Wert darauf, seinen Lebensunterhalt selbst zu erwirtschaften – auch wenn in den Worten des v.9 eine gewisse Selbstausbeutung nicht zu überhören ist.
Unabhängigkeit gegenüber denen, die ich zu führen oder zu beraten habe. Diese Forderung ist heute aktueller denn je – und findet ihren Niederschlag nicht zuletzt in Überlegungen zur Global Governance.
Mt 23,1-12
Reden und Tun einer Führungskraft müssen überein stimmen – so ließe sich Jesu Kritik an Schriftgelehrten und Pharisäern zusammen fassen. Für weltweite Gerechtigkeit eintreten und Entwicklungshilfe kürzen – oder danach zu bemessen, ob sie Unternehmen des eigenen Landes nutzt, das passt dann genauso wenig zusammen wie „Bewahrung der Schöpfung“ predigen und gedankenlos mit Auto und Flugzeug innerdeutsch unterwegs zu sein. – Gerade, wer einen nachhaltigen Lebensstil propagiert, wird sehr schnell am eigenen Handeln gemessen.
Im weltweiten Miteinander sind diese Fragen in den Diskussionen über Global Governance Codices gegenwärtig sehr aktuell.
Wolfgang Schürger