9. Sonntag nach Trinitatis / 18. Sonntag im Jahreskreis (02.08.15)

Vorschläge der Perikopenrevision (EKD/VELKD/UEK): 1Kön 3,(1-4)5-
28;
Mt 13,44-46;
Phil 3,(4b-6)7-
14;
Jer 1,4-10; Mt 25,14-30; 1Petr 4,7-11 [www.stichwortp.de]

 

9. Sonntag nach Trinitatis / 18. Sonntag im Jahreskreis

ev. Predigttext kath. 1. Lesung kath. 2. Lesung kath. Evangelium
Mt 25, 14-30 Ex 16, 2-4.12-15 Eph 4, 17.20-24 Joh 6, 24-35

Mt 25, 14-30

Anmerkungen zum Text

Das Gleichnis, das Jesus hier erzählt, handelt vom Himmelreich: „Dann wird es mit dem Himmelreich sein wie ...“ (Mt 25,1). Es findet sich als Letztes einer Reihe von Gleichnissen im Matthäusevangelium. Vorangestellt sind Reden Jesu über die Endzeit und die damit verbundene Mahnung zur Wachsamkeit: „Ihr wisst weder den Tag noch die Stunde“ (Mt 25,13). Diese klingt im Gleichnis deutlich nach. Der Leser oder Hörer soll sich in die Rolle eines Dieners versetzen, dem das „Vermögen“ Jesu nach dessen Weggang aus dieser Welt zur getreuen Verwaltung anvertraut wurde. Es fällt auf, dass die Sprache der Wirtschaft und des Finanzwesens vorherrscht. Die genannten Summen sind gigantisch. Ein Talent entsprach wahrscheinlich 6000 Denaren, also dem 6000-fachen eines Tageslohns. Sie kommen auch nur bei Mt vor, die Parallelstelle bei Lk spricht lediglich von Minen (100 Denare). Wie die beiden gelobten Diener das Vermögen verdoppeln wird nicht gesagt, doch ist Spekulation im Rahmen des damaligen Bankensystems durchaus vorstellbar. Lobt Jesus dies etwa ausdrücklich? Hier könnte ein Ansatz für die Predigt liegen.

Auch wenn die Aktivität und die Mehrung des Vermögens ausdrücklich belobigt, die Passivität hingegen verurteilt werden, so mag der schroffe Umgang mit dem sicherheitsbewussten Diener, sowie der Satz „wer hat, dem wird gegeben …, wer aber nicht hat, dem wird auch noch genommen“ dennoch verstören. Hier lässt sich jedoch herausstellen, dass es dem Evangelisten schließlich um das Erbe Jesu geht, das im Rahmen der eigenen Möglichkeiten aktiv fortzuschreiben und in die jeweiligen Zeitumstände hinein zu verkünden ist. Nur so gelingt Wachstum und Lebendigkeit der christlichen Gemeinde. Wer hingegen alles so lassen will, wie es ist, wird scheitern und untergehen.

Predigtaspekte zur Nachhaltigkeit

Wirtschaftliche Aktivität und Gewinnerzielung werden hier ausdrücklich positiv dargestellt. Ein denkbarer Ansatz wäre jedoch der Aspekt nachhaltigen Wirtschaftens, das auch die ökologischen wie sozialen Folgen wirtschaftlichen Handelns mitbedenkt. Es sollte für Christen selbstverständlich sein. Zu bedenken wäre ferner, was Nachhaltigkeit im Umgang mit dem Erbe Jesu heißt. Übertragen also: Was kann für die christliche Gemeinde der „Gewinn“ eines guten, dem Geiste Jesu verpflichteten Verwalters sein?

Ex 16, 2-4.12-15

Anmerkungen zum Text

Der Text ist ein sehr kleiner Ausschnitt der großen Exoduserzählung. Das Murren des Volkes darf man sich gern auch als handfesten Aufruhr vorstellen. Es macht die Ambivalenz deutlich zwischen Freiheit und Sicherheit. Die Fleischtöpfe Ägyptens sind den hungrigen Menschen im Zweifelsfall eben näher als eine visionäre Freiheit im Land der Verheißung. Oder wie Bertold Brecht es treffend ausdrückte: „Erst kommt das Fressen, dann die Moral.“ Als das „Brot vom Himmel“ sieht man heute das süßliche Sekret der Manna-Tamariske an, das von Schildläusen aus der Pflanze gesogen wird. Die Wachteln sind kleine Hühnervögel, die bei Dunkelheit am Boden relativ leicht gefangen werden können.

Entscheidend ist jedoch die Fürsorge Gottes, der das Murren der Menschen angesichts des drohenden Hungers ernst nimmt. Durch seine Schöpfung sorgt er dafür, dass die Menschen genug zum Leben bekommen. Mose sagt hier über das Manna ganz richtig: „Das ist das Brot, das der Herr euch zu essen gibt.“

Predigtaspekte zur Nachhaltigkeit

Nachhaltiger Umgang mit den Gaben der Schöpfung ist heute ein wichtiges Thema. Die Natur (und durch sie Gott als ihr Schöpfer) kann viele Menschen ernähren, wenn diese sorgsam mit ihr umgehen. Damit verknüpft ist das Thema Gerechtigkeit. Es ist nicht Gottes Schuld, wenn Menschen heute hungern müssen, sondern zumeist die krasse Ungleichverteilung von Reichtum und Lebensmöglichkeiten. Die guten Gaben der Schöpfung schreien geradezu nach einer gerechteren Verteilung, die Frieden und Wohlstand für möglichst Viele erst nachhaltig möglich macht.

Eph 4, 17.20-24

Anmerkungen zum Text

Wer zum Glauben gefunden hat und Christ geworden ist, darf nicht mehr zurückfallen in heidnische Denk- und Handlungsmuster. Der Gedanke des „neuen Menschen“ wird hier von Paulus angeführt, der in der Taufe gleichsam „Christus angezogen“ hat und nun entsprechend leben soll. Die beschwörende Anrede macht deutlich, dass das Christ-Werden kein singulärer Vorgang ist, sondern immer wieder eingeübt werden muss. Die Erneuerung von Geist und Sinn bleibt eine lebenslange Herausforderung.

Predigtaspekte zur Nachhaltigkeit

Hier böte sich ein Blick auf die konkrete Lebensführung an. Was entspräche denn dem Ideal des Evangeliums? Wo wird in unserm Leben deutlich, dass wir als Getaufte „neue Menschen“ geworden sind? Christ zu sein verlangt eine nachhaltige Orientierung am Lebensvorbild Jesu, was freilich, so legt es unser Text nahe, auch immer wieder scheitern kann.

Joh 6, 24-35

Anmerkungen zum Text

Zum Verständnis der Perikope ist das vorausgehende Speisungswunder mit zu bedenken (Joh 6,1-15). Jesus stellt klar, dass es sich dabei nicht um ein wundersames „Tischlein deck dich“ handelte, sondern in dem Geschehen ein Verweis auf Anderes zu sehen ist. Die Hörer sollen also nicht bei der naheliegenden Frage der Ernährungssicherung stehen bleiben, sondern die geistliche Nahrung im Blick haben, die Gott ihnen geben will. Sie ist immer zu bekommen und verdirbt nicht. In Anspielung auf die o.g. Perikope Ex 16 offenbart sich Jesus als das eigentliche „Brot vom Himmel“. Hunger und Durst sind jetzt nicht mehr körperlich zu denken, sondern als die Sehnsucht nach Lebenssinn und –tiefe, die über die rein körperlichen Grundbedürfnisse eines Menschen weit hinausreicht.

Predigtaspekte zur Nachhaltigkeit

Während jede irdische Nahrung schnell verdirbt, ist die geistige Nahrung, die Jesus mitbringt, dauerhaft, nachhaltig. Dennoch sollte nicht vorschnell auf diese Quintessenz des Textes abgehoben werden. Die basalen Grundbedürfnisse jedes Menschen wollen gestillt sein! Nur wer ein Mindestmaß an Lebenssicherheit gefunden hat, kann sich auch den geistig-geistlichen Sinnfragen zuwenden. Insofern lässt sich diese Perikope auch nicht gegen die Perikope Ex 16 ausspielen. Beides gehört unabdingbar zum Menschsein: Die nachhaltige Sicherung des täglichen Lebens, wie auch die Sehnsucht nach dem Spirituellen. Nach etwas also, das unser irdisches Dasein transzendiert. Im Wirken Gottes ist beides zu finden.

Martin Wolf, Kaiserslautern