2. Advent 2015
ev. Predigttext | kath. 1. Lesung | kath. 2. Lesung | kath. Evangelium |
Jak 5, 7-8 | Bar 5, 1-9 | Phil 1, 4-6.8-11 | Lk 3, 1-6 |
Dieses Jahr hat die Besonderheit, dass der 2. Advent, der das Kommen des Erlösers zum Thema hat, auf den Nikolaustag fällt. Eine spannende Idee wäre es, das Leben des Heiligen nachzuerzählen, denn sein Handeln wirkt bis heute fort. So gesehen ist es eine Form von Nachhaltigkeit, dass das eigene solidarische Handeln über die Zeiten andauern und andere motivieren kann, es genauso zu tun, z.B. die Rettung der Menschen in Myra vor dem Verhungern durch das geschickte Verhandeln des Bischof Nikolaus mit den Seefahrern.
Eine starke Randnotiz der Geschichte dürfte die Person des Nikolaus sein, der als der bekannteste integrierte Türke im Bewusstsein der christlichen Welt gilt und durch sein Handeln viele Nachfolger und Nachfolgerinnen hat, auch unter Nichtchristen.
Sein Handeln passt genau zum Thema des 2. Advents: „ Alles wird anders, wenn der Erlöser kommt." Als Handelnde werden sie beschrieben, wie Johannes der Täufer in Lukas 3, 1-6 oder als Adressaten des Gottesspruches im apokryphen Buch Baruch oder die Gemeinde in Philippi als Adressaten des Briefes des Apostel Paulus und die unbekannten Adressaten des Briefeschreibers Jakobus.
Geduld als christliche Tugend ist gefragt (Jak 5, 7-8). Die Art der Vorbereitung auf das Kommen Gottes wird anhand eines Aufgabenkataloges entrollt: Veränderung ist angesagt, in dem gerecht gehandelt und die Bosheit ablegt wird. Sehr schön wird das beschrieben im Buch Baruch in der Ankleideszene der Stadt Jerusalem. In allen Dingen soll vom Ziel her gedacht werden. Das Reich Gottes bricht mit Macht in diese Welt hinein und die Frage ist: „Was kann mein Beitrag dazu sein?"
Abbildung 1 Foto: Privat
Antoine de Saint-Exupéry hat diesen schönen Spruch formuliert:
„Wenn Du ein Schiff bauen willst, dann trommle nicht Männer zusammen um Holz zu beschaffen, Aufgaben zu vergeben und die Arbeit einzuteilen, sondern lehre die Männer die Sehnsucht nach dem weiten, endlosen Meer." [1]
Alle vorgeschlagenen Texte des 2. Advents haben das Kommen Gottes in dieser Welt vor Augen. Wie wäre es, wenn wir dieses Ereignis benennen und beschreiben können? Dazu braucht es Phantasie als Produkt des Heiligen Geistes und es können Fragen helfen, wie: „Angenommen das Reich Gottes kommt, wie sähe das aus? Was muss sich verändern, dass alle, die vom Christsein nichts verstehen, neugierig werden?"
Ganz schnell wird deutlich, dass „Gerechtigkeit" und „Frieden", die untrennbaren Attribute dazu sind und keine leeren Worthülsen darstellen, die nur im Wortschatz von Politikern vorkommen.
Sie gehören schon immer als sichtbare Zeichen des Reiches Gottes in die Verkündigung hinein. Das hat nichts mit Innerlichkeit und Weltabgewandtheit zu tun. Die Predigt des Johannes war immer beides, Umkehr in der Beziehung zu Gott, bedeutete immer Umkehr im sozialen Leben. Keineswegs fordern die Texte einen Rückzug in die Innerlichkeit, sondern Glaube und Leben gehört zusammen. „ Umdenken" [2] oder wie es Luther übersetzt „Buße tun", ist öffentliches Handeln, das an Johannes dem Täufer abgelesen werden kann, den Prototyp aller Aussteiger. Sein Leben und Handeln ist Programm. Dennoch ist er nicht derjenige, der das Ziel erreicht, sondern der Weg ist das Ziel und Gott kommt auf diesem Weg uns entgegen in dem er Mensch wird. Gott bekommt im wahrsten Sinne des Wortes: Hand und Fuß. Die Hände zum Handeln, Jesus wird Menschen mit seinen Händen heilen, segnen, seine Hände werden das Brot brechen und den Wein austeilen.
Mit seinen Füßen geht er den Weg zu den Menschen und den Weg an das Kreuz.
Deshalb bedeuten „ Gerechtigkeit und Frieden, Bewahrung der Schöpfung in unserer Zeit: Partizipation aller Menschen an den Grundbedürfnissen, wie sauberes Wasser, gesunde Umwelt, eine menschenwürdige Wohnung, Schulbildung und eine angemessene Arbeit, die gerecht entlohnt wird. Um sich zu diesem Ziel auf den Weg zu machen, braucht es eine Kardinaltugend, die von uns viel Selbstdisziplin abverlangt: Die Geduld. Davon sprechen besonders die Texte der Briefe des Jakobus und des Paulus an die Philipper. Dahinter steht die Mahnung, niemals das große Ziel aus den Augen zu verlieren, trotz allem was in unseren Tagen diesem Ziel wiederspricht. Dazu kann uns die Gebetspraxis der Christen helfen.
Sie ist seit alters her eine Einübung in dieses Umdenken, Nachdenken und Überdenken des eigenen Handelns und in der Beziehung zu Gott.
Abbildung 2 Foto Privat, Syracuse, Ruinen von San Giovanni,
Paulus soll hier Station gemacht haben auf seiner Reise nach Rom
Elke Wedler-Krüger
[1] Antoine de Saint-Exupéry, Stadt in der Wüste, Citadelle
[2] Metanoia (griech.) bedeutet im Wortsinn: umdenken, nachdenken, überdenken.