4. Adventsonntag (20.12.2015)

4. Advent 2015

ev. Predigttext kath. 1. Lesung kath. 2. Lesung kath. Evangelium
Phil 4, 4-7 (8-9) Mi 5, 1-4a Hebr 10, 5-10 Lk 1, 39-45

Phil 4,4-7(8-9): Der der Friede Gottes und der Gott des Friedens

Zum Text

Paulus schreibt den Philipperbrief, als er selbst gefangen ist (Phil 1,7.13f) und noch nicht weiß, ob ein Todesurteil oder ein Freispruch ihn erwartet (1,20-24). Aus der Gefangenschaft heraus fordert er die Philipper zur Freude auf (1,4), einer Freude, die er trotz seiner Situation der BedrĂ€ngnis auch selbst empfindet (Phil 1,18), und die im doppelten Sinne mit der NĂ€he Jesu Christi zusammenhĂ€ngt – damit, dass er wiederkommen wird und in diesem Sinne nahe ist (vgl. 1,6), aber auch damit, dass er immer nur einen Herzschlag weit entfernt ist und der Glaubende zu jeder Zeit „in ihm“ sein kann (vgl. 1,1; 4,7). FĂŒr dieses „in Christus Sein“ bzw. die Bewahrung unseres Herzens und unserer Sinne „in ihm“ spielt der Friede Gottes eine wichtige Rolle, denn er ist es, der sie zu bewahren vermag. Die Formulierung „der Friede Gottes“ in V. 7 verweist auf „der Gott des Friedens“ in V. 9, so dass mir sinnvoll erscheint, VV. 4-9 zusammen auszulegen. Geht es im ersten Abschnitt um Freude, GĂŒte und Gebet, wobei uns der Friede Gottes bewahrt, so im zweiten um unser Tun, bei dem der Gott des Friedens uns nahe ist. In den VV. 4-7 legt Paulus den Philippern eine Haltung nahe, die sie an ihm, dem Gefangenen um Jesu Christi willen, beobachten können: er sorgt sich nicht, ob er lebt oder stirbt (1,20f), er freut sich, er betet und dankt Gott (1,3f). In den darauffolgenden VV. 8-9 wird aber deutlich, dass es „weiter“ auch darum geht, das von Paulus Gelernte zu tun: was wahrhaftig, ehrbar, gerecht, rein, liebenswert ist. Dies kann man dann wiederum auf V. 5 zurĂŒckbeziehen: „Eure GĂŒte lasst kund sein allen Menschen!“ und „Der Herr ist nahe!“ Die NĂ€he des Herrn ist Grundlage allen guten menschlichen Tuns, sie kann in solchem Tun aber zugleich auch fĂŒr andere sichtbar werden.

Predigtimpulse

  • Der Friede, der uns Weihnachten in Jesus nahe kommt, ist Gottes Friede. Er bewahrt unsere Herzen und Sinne. Damit verbindet sich aber „weiter“ auch eine Aufforderung zum Tun des Wahrhaftigen, Ehrbaren, Gerechten, Reinen, Liebenswerten
was könnte das in meinem Leben/meinem Alltag sein? Wie werde ich ein adventlicher Mensch? Wie handle ich adventlich?
  • Die NĂ€he „des Gottes des Friedens“ gewĂ€hrt uns in der AktivitĂ€t jene Sorglosigkeit, die die JĂŒnger Jesu auszeichnen soll (Mt 6,25-34). Gott ist nur einen Herzschlag weit entfernt und wird unser Tun begleiten und vollenden, wir brauchen nicht hektisch sein, denn Hektik hat mit der Angst zu tun, „es nicht zu schaffen“.

 

Hebr 10,5-10: Menschwerdung als Angelpunkt der Gerechtigkeit

Zum Text

Im Mittelpunkt der 2. Lesung aus dem HebrĂ€erbrief steht ein Zitat aus Ps 40,7-9, das der Verfasser des Briefes dem in die Welt eintretenden, d.h. als Mensch geboren werdenden Jesus Christus in den Mund legt (VV. 5-7). Im weiteren Text legt er die Bedeutung dieser Worte aus. Dabei greift er in seinem Zitat eine prominente Lesart des griechischen AT (LXX) auf: „einen Leib hast du mir geschaffen“ (vgl. den hebrĂ€ischen Text: „Ohren hast du mir gegraben“). Dadurch stellt er das Tun des Willens Gottes in einen neuen Kontext: nicht mehr die Ohren sind Angelpunkt des Gehorsams und damit jedes gerechten Handelns, sondern der ganze Leib, bzw. das ganze Leben im Leib. Zugleich tritt die Hingabe des ganzen Lebens (Jesu Christi und von ihm her auch der GlĂ€ubigen) an die Stelle der kultischen Opfer und löst sie ab.

Predigtimpulse

  • Jesus Christus tut gemĂ€ĂŸ Hebr 10,5-7 Gottes Willen, indem er Mensch wird und als Mensch nach Gottes Willen lebt. Er kann im Leib mitfĂŒhlen mit unserer SchwĂ€che und uns daher mit Erbarmen begegnen (Hebr 4,15f).
  • Aber auch uns befĂ€higt unsere Leiblichkeit zum Mitleid und zum gerechten Handeln, wie der Hebr in Kap 13 ausfĂŒhrt: „Denkt an die Gefangenen, als wĂ€ret ihr mitgefangen; denkt an die Misshandelten, denn auch ihr lebt noch in eurem irdischen Leib“ (Hebr13,3). Als leiblich verfasste Wesen sind wir mit allen anderen Menschen verbunden, und es ist unsere Aufgabe, ihnen beizustehen.

Gottesdienst vollzieht sich im leiblich erfahrenen Alltag der Welt (Hebr 10,8-10; vgl. auch Röm 12,1f). Unsere Lebenshingabe an Gott konkretisiert sich im Gebet (Hebr 13,15), in der Gemeinschaft und in der WohltÀtigkeit (Hebr 13,16).

Sr. Igna Kramp CJ